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Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Conrad
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Pommes in den Mund.
    »Und wenn du weiter so frech bist, werfe ich dich den Raubvögeln zum Fraß vor«, flachste er zurück und deutete auf die Möwen, die uns gierig anstarrten und immer näher zu kommen schienen.
    Offensichtlich waren wir plötzlich per Du. Sollte mir recht sein. Ich mampfte meinen knusprigen Fisch und versuchte, keine meiner Haarsträhnen mitzuessen, die sich bei dem Wind eine nach der anderen aus dem Zopfgummi gelöst hatten. Vermutlich sah ich aus wie Medusa mit ihrem Haar aus echten Schlangen. Mir gefiel der Gedanke, dass jeder, der mich ansah, zu Stein erstarren würde.
    Patrick und Marie alberten herum und klauten sich gegenseitig die Pommes vom Teller.
    »Also ehrlich, wie bei Hitchcock«, sagte Patrick plötzlich und zog seine Kamera aus der Tasche, um die Monstermöwen zu knipsen. Ich sah ihm zu und achtete nicht darauf, dass mein Pappteller nicht nur immer leerer, sondern auch gleichzeitig immer leichter wurde. Eine Windböe fegte über die Tische, mein Pommesteller hob ab, segelte ein Stück durch die Luft und klatschte drei Meter weiter auf den Asphalt. Patrick riss die Kamera herum und knipste mein verblüfftes Gesicht, bevor er das Objektiv wieder auf die Möwen richtete, die jetzt kreischend und flügelschlagend um die Beute zankten.
    Marie lachte sich halbtot und hielt mit beiden Händen ihren Teller fest. »Meins kriegt ihr nicht, ihr verdammten Geier«, rief sie, »nur über meine Leiche!«
    Patrick schien nicht zu wissen, wen oder was er zuerst fotografieren sollte. Sein Objektiv wanderte hin und her, von Maries Gesicht zu meinem, zurück zu den Möwen, auf unsere Teller, wieder zu meinem Gesicht, blieb auf meinem Gesicht …
    »Lass das«, wehrte ich schließlich verlegen ab.
    Er ließ die Kamera sinken. »Warum?«
    In einem letzten Versuch, meine Haare zu bändigen, strich ich die flatternden Strähnen hinter die Ohren. »Ich bin nicht fotogen.«
    »So’n Quatsch. Wer sagt das denn?«
    »Ich sage das. Ich sehe immer scheiße auf Fotos aus.«
    Er sah Marie an, und sie verdrehte die Augen und wischte sich in einer – wie ich fand – reichlich respektlosen »Diespinnt«-Geste mit der Hand vor dem Gesicht hin und her.
    Patrick lächelte. »Ich wette mit dir, dass hier mindestens drei fantastische Porträts von dir drauf sind.«
    »Drei von zwanzig, die du geknipst hast. Tolle Ausbeute. Da bist du bestimmt von deinen Models einen anderen Schnitt gewöhnt.«
    Er kicherte und wurde wieder ernst. »Entschuldige bitte, aber so kann nur ein Laie denken. Weißt du, wie viele Menschen daran beteiligt sind, dass Models zu diesen Traumgeschöpfen werden, die du später auf dem Zeitungsfoto siehst? Und wie viele Bilder ich machen muss, um hinterher vielleicht acht bis zehn gute Aufnahmen zu haben?«
    »Keine Ahnung.«
    Was sollte das jetzt? Ich kam mir vor wie in der Schule, vorne an der Tafel, und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
    »Hunderte von Aufnahmen, Helene, Hunderte. Für ein perfektes Bild. Vorher hat ein ganzer Stab von Leuten ein mageres, blasses Mädchen in ein sogenanntes Topmodel verwandelt. Und nicht nur das: Seit es Computer, Digitalfotografie und Bildbearbeitungsprogramme gibt, kann ich Beine verlängern, Busen vergrößern und Fältchen verschwinden lassen. Du glaubst doch nicht wirklich, dass diese Frauen immer so aussehen.«
    Er lehnte sich zurück und musterte mich aufmerksam. »Aber es gibt auch Frauen wie dich. Frauen, die keine Schminke brauchen, die Ausstrahlung haben, Charisma. Du wirst es sehen, Helene.«
    »Ähem.« Marie räusperte sich vernehmlich und sah Patrick auffordernd an.
    Der zuckte schuldbewusst zusammen und sagte grinsend: »Und Frauen wie Marie nicht zu vergessen, die natürlich ebenfalls ganz viel Charisma haben.«
    »Brav.« Marie nickte zufrieden. »Gerade noch die Kurve gekriegt, Schneiderlein.«
    Patrick gab vor, sich Angstschweiß von der Stirn zu wischen. »Schwein gehabt.« Er stand auf. »Ihr habt doch einen Computer?«
    Marie nickte. »Sogar mit Photoshop.«
    Patrick hob anerkennend die Augenbrauen. »Perfekt, dann kann ich die Bilder ja direkt bearbeiten.«
     
    Zu Hause fuhr Marie den Computer im Wohnzimmer hoch, und Patrick spielte die Bilder von seiner Kamera auf den Rechner. Ich war verblüfft. Er hatte in der kurzen Zeit mindestens hundert Fotos geschossen. Wir sahen dabei zu, wie er rasch einige Aufnahmen löschte, während er Dinge wie »zu unscharf« oder »falscher Bildausschnitt« murmelte. Dann sortierte er die

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