Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
hätte alles, was ich besaß, darauf gewettet, dass es so sein würde – Eis mit heißen Himbeeren. Himbeeren »mit Schuss«, versteht sich.
Die Konversation bei Tisch fand weiterhin ohne mich statt. Nach dem Dessert gab es für die Herren einen Cognac, für die Damen Likör.
Da ich dem Tischwein schon reichlich zugesprochen hatte, war ich allmählich leicht angeheitert und gab mir keine Mühe mehr, besonders höflich zu Sven zu sein, der noch ein paar Vorstöße unternahm, ein Gespräch mit mir anzufangen. Was sollte ich auch machen? Ich interessierte mich leider weder für Fußball oder Eishockey noch für die neueste Mähdrescher-Generation. Da ich umgekehrt zu seinem offenkundigen Bedauern bisher keins der Models für die Modeaufnahmen persönlich kannte, hatten wir uns bald nichts mehr zu sagen.
Ich atmete erleichtert durch, als die Tafel endlich aufgehoben wurde. Auffällig unauffällig gähnte ich und wies auf meinen langen, anstrengenden Tag hin und meinen morgigen, überaus wichtigen geschäftlichen Termin, für den ich unbedingt ausgeschlafen sein musste. Das nahmen die Janssens zum Anlass, sich ebenfalls zu verabschieden.
»Ihr wollt schon gehen?«, klagte meine Mutter rituell, ohne es wirklich zu meinen. Ich sah ihr an, dass sie erleichtert war und dass der Abend keineswegs nach ihren Vorstellungen verlaufen war.
Lutz lud Paps noch auf einen Absacker in die Dorfkneipe ein, und die beiden gingen, nach lautstarken gegenseitigen Versicherungen, diesen wunderbaren Abend recht bald bei den Janssens wiederholen zu wollen, gemeinsam mit den Gästen hinaus.
Meine Mutter verkündete, Susanne beim Spülen und Aufräumen zu helfen. Keine der beiden reagierte, als ich den Kopf noch einmal zur Küchentür hineinsteckte und mich verabschiedete, was mir nur recht war.
Nach Vorwürfen, mein unpassendes, beschämendes Outfit betreffend, stand mir wahrlich nicht der Sinn, nachdem ich in dieses durchsichtige Verkupplungsmanöver gelockt worden war.
Der todsicher anstehende Streit deswegen konnte ruhig noch zwei Tage warten.
Als ich beschwingt nach Hause radelte, waren meine Gedanken beim morgigen Treffen mit Patrick Foerster – und bei der Flasche Wein, die gemeinsam mit Marie zu Hause auf mich wartete.
KAPITEL 25
Als ich am nächsten Vormittag mühsam meine Augenlider öffnete, erwartete ich beinahe, dabei ein Quietschen wie von verrosteten Türangeln zu hören.
Am vorangegangenen Abend hatten Marie und ich uns bei meiner Schilderung des Essens bei Susanne in absolute Hysterie gesteigert; vor allem als ich von Sven »Doppel-Dick und Doppel-Doof« erzählt hatte. Natürlich war es nicht bei einer Flasche Wein geblieben, und prompt hatte ich jetzt einen dröhnenden Kopf.
Es war schon nach elf Uhr, und Patrick würde in knapp zwei Stunden vor der Tür stehen.
Aus dem Badezimmerspiegel sah mich ein Gesicht an, das ich auf den ersten Blick nicht mit meiner Person in Zusammenhang bringen konnte … äh … wollte. Wer will das schon? Geschwollene Lider, alles war aufgedunsen, knallrote Augen. Ich schleppte mich unter die Dusche und ließ mir zuerst heißes, dann tatsächlich kaltes Wasser auf den Kopf prasseln. Ich biss die Zähne zusammen, um nicht laut zu schreien, aber der Schock der Kälte sorgte dafür, dass ich schlagartig hellwach war.
Als ich danach trotzdem orientierungslos in der Küche herumschlurfte, wurde mir klar, dass mein Gehirn meinem Körper noch ziemlich hinterherhinkte. Ich verschüttete Kaffeepulver, stieß mir den Kopf an einer Schranktür, die ich wieder zu schließen vergessen hatte.
»Aua!«, quengelte ich lautstark und rieb mir die schmerzende Stelle an meiner Stirn.
»Soll ich einen Notarzt rufen?« Marie, eine Sonnenbrille auf der Nase, war in der Küche aufgetaucht und musterte mich und meine »Ich-bin-schwer-verletzt«-Pantomime mit vor der Brust verschränkten Armen.
»Nichts passiert, aber ich brauche einen Kaffee.«
»Ich auch.« Marie schob die Sonnenbrille ins Haar. Ihre Augen waren mindestens so rot wie meine. Sie blinzelte gegen das Sonnenlicht, stöhnte und zog die Brille wieder herunter. »Nie wieder trinke ich Alkohol. Du kannst mich beim Wort nehmen. Was haben wir uns gestern eigentlich dabei gedacht?«
Sie tastete sich zur Kaffeemaschine vor und goss sich eine Tasse halb voll. Dann kramte sie sich durch den Kühlschrank, tauchte mit einer Packung Vollmilch wieder auf und verlängerte damit ihren Kaffee. Sie nahm einen großen
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