Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
hatte.
»Langschläfer, ich grüße dich!« Carlo hob die Espressotasse und hielt sie Robert entgegen, um noch einmal eindrucksvoll zu beweisen, dass ein Italiener – im Gegensatz zu seinen europäischen Nachbarn – nicht frühstückt, weil er die Zeit vor der Arbeit für andere Dinge nutzt.
Kurz vor dem Einsetzen einer Diskussion um das Für und Wider dieser Art zu frühstücken, die er in diesem Lande bereits mehrfach geführt hatte, wurde ihm die neue Zusammenstellung seiner Argumentationskette durch die Tatsache abgenommen, dass das Telefon klingelte.
»Robert«, sagte eine atemlos wirkende weibliche Stimme, »erinnerst du dich noch an mich?«
Alle Müdigkeit, alle Verwirrtheit fielen von Robert ab. Seine Pupillen weiteten sich. »Eva?«, fragte er. »Eva, bist du das?«
Ihre Stimme klang nicht sanft, sie klang brüchig und gehetzt. »Robert! Robert, pass auf! Ich bin in London und habe hier einen zuverlässigen Informanten getroffen, wie ich es dir gesagt habe. Es kommt zum Showdown. Sie treffen sich in den nächsten Tagen in Florenz. Die Deutschen kommen auch. Der Große Rat soll einberufen werden.«
»Eva, was weißt du noch?«
Für einen Augenblick war es still in der Leitung. »Ich hatte dir den Namen Celli genannt. Der gehört zur Spitze und hat auch alle Pläne für einen Umsturz. Die Pläne wollen sie mit den Deutschen koordinieren. Celli hat eine Liste mit den Namen aller, die zu dem Geheimbund gehören. Und auch die Liste mit denen, die liquidiert werden sollen. Celli ist aber nicht der Chef. Der heißt …«
Es hörte sich an, als habe jemand seine Hand über den Hörer gehalten.
Roberts Schläfenmuskeln spannten sich. »Eva?!«
Er hörte einen erstickten Schrei, ein Röcheln. Dann wurde die Verbindung unterbrochen.
»Eva? Verdammt, Eva! Eva, hörst du mich?«, schrie er in den Hörer.
Carlo und Susan kamen neugierig näher. »Was ist los? Warum schreist du so?«
Robert schaute sie verwirrt an. Sein Gesicht war aschfahl. »Mein Gott, ich glaube, ich habe eben mit angehört, wie ein Mensch ermordet wurde.«
Carlo hatte sich hingesetzt, war dann wieder aufgestanden und ging nun ruhelos hin und her. Susan starrte ins Nichts. Minutenlang war Stille im Raum. Nur das Zirpen der Zikaden war zu hören.
Susan strich sich durch ihr Haar. »Robert, lass mich eins sagen: Ich bin dir großen Dank schuldig. Niemals werde ich das gutmachen können, was du für mich getan hast. Aber ich weiß jetzt, warum ich in diese Situation geraten bin, warum Kurt sterben musste, und ich weiß auch, dass das alles völlig unsinnig war. Ich möchte, dass das jetzt ein Ende hat. Ich werde zurückgehen, in die Staaten. Dort gehöre ich hin. Alles, was jetzt passiert, hat nichts mehr mit mir zu tun. Vielleicht klingt das feige, aber ich gestehe, dass mein Bedarf an Abenteuern mehr als gedeckt ist. Sei mir bitte nicht böse, aber ich steige aus.«
Robert hatte ihr zugehört, ohne sie anzusehen. Sein Blick ging ins Unendliche, und er nickte. »Okay, Susan, deine Entscheidung. Carlo, was sagst du?«
Carlo, der den Weg zwischen Kamin und Eingangstür bereits zwölf Mal zurückgelegt hatte, blieb stehen. »Roberto, mein Freund. Du weißt, was ich dir damals gesagt habe. Ich habe ein Versprechen gegeben, du hast ein Versprechen gegeben. Ich habe Giuseppe gerächt, du hast Susan beschützt. Unsere Rechnung ist beglichen. Alles, was jetzt kommt, geht uns nichts mehr an.«
Für ein paar Sekunden herrschte absolute Stille in dem großen Raum.
»Es geht uns nichts an?« Das Volumen der Stimme Robert Darlings hätte jedem Feldwebel auf dem Kasernenhof Ehre gemacht. Er brüllte so laut, dass sich seine Stimme überschlug. »Es geht uns nichts an?« Sein Blick zuckte durch den Raum. »Wisst ihr, warum ihr bisher so leben konntet? Frei und selbstbestimmt? Carlo, hast du vergessen, was der alte Giuseppe erzählt hat? Wie er und seine Freunde für die Freiheit gekämpft haben? Ich komme aus einem freien Land, genau wie du, Susan. Und ich bin nach Italien gekommen, weil ich es schätze, wie man hier lebt. Weil hier jeder der sein kann, der er sein will, und ihn niemand daran hindert. Und jetzt sind wir auf die Spur von Wahnsinnigen gekommen, die das Rad der Geschichte wieder zurückdrehen wollen. Die uns die Freiheit nehmen wollen. Und da sollen wir uns abwenden und sagen, das … das geht uns nichts an?« Selbst erschrocken über seinen plötzlichen Ausbruch ging er einen Schritt rückwärts, ließ sich in den Sessel am Kamin
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