Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
mitbringen?«
Minuten später saßen sie wieder gemeinsam am Tisch.
Robert fuhr fort. »Der Schlüssel, von dem ich sprach, kann eine Zahl oder ein Wort sein, die oder das nur die Eingeweihten kennen. Ich werde euch ein Beispiel geben.«
Er schrieb Carlo Sebaldo auf das Papier.
»Jetzt brauche ich eine Zahl. Nehmen wir deine Telefonnummer: 36 12 24. Diese Zahlen brauche ich, damit ich weiß, welche Reihe hier im Quadrat gemeint ist. Sechsunddreißig geht nicht, weil sie größer ist als sechsundzwanzig. Also nehmen wir die Einzelziffern. Dann wissen wir, wir benutzen in Folge die Buchstabenreihen drei, sechs, zwölf und vierundzwanzig. Das heißt, dein Vorname wird nach der dritten Reihe chiffriert, dein Nachname nach der sechsten. Würden wir jetzt daraus noch einen Satz machen, zum Beispiel ist mutig , würde das ist nach der zwölften und das mutig nach der vierundzwanzigsten Reihe chiffriert. Bei weiteren Worten geht die Reihe wieder von vorn los.«
Robert nahm einen Bleistift und schrieb in ungeheurer Schnelligkeit Buchstabenkolonnen untereinander.
Als er fertig war, schaute er Carlo an. »Nach dieser Methode würde dein Name ECTNQ XJGFQIT geschrieben werden. Noch komplizierter wird es, wenn wir jeden Buchstaben einer anderen Reihe zuordnen. Moment!«
Wieder schrieb er große Mengen Buchstaben auf das Papier.
»In diesem Fall würde aus Carlo dann EFCIQ .«
Susan war um den Tisch herumgegangen und schaute Robert über die Schulter. »Aber das ist doch alles ganz einfach!«
»Eben nicht. Denn nur die Eingeweihten kennen die Zahlenfolge. Man kann übrigens auch ein Wort als Schlüssel vereinbaren, sagen wir mal Vogel . Dann weiß man: Das erste Wort, oder der erste Buchstabe wird mit der Reihe chiffriert, die mit dem V anfängt. Die zweite ist die mit dem O , die dritte mit dem G , die vierte mit dem E und die fünfte mit dem L . Und dann geht es wieder von vorne los. Man kann auch einen Satz nehmen. Carlo Sebaldo ist mutig. Dann steht jeder Buchstabe für eine Reihe.«
Susan begriff. »Oh! Mir wird ganz schwindelig. Wie willst du denn das herausbekommen?«
»Es gibt einen Umstand, der uns entgegenkommt«, sagte Robert mit einem hintergründigen Lächeln. »Obwohl die Auswahl riesig ist, ist es offenbar ein menschliches Anliegen, Zahlen, Worte oder Sätze in seinem eigenen Umfeld zu suchen. Bei Passwörtern für das Internet – die ja eigentlich schützen sollen – werden zum Beispiel überwiegend Begriffe und Zahlen gewählt, die aus dem persönlichen Bereich der Nutzer kommen. Ganz beliebt sind Namen von Kindern, vom Hund oder der Ehefrau.«
»Ach«, bemerkte Susan spitz, »in dieser Reihenfolge? Wie geschmackvoll!«
»Sollte ein kleiner Scherz sein, kam aber offenbar nicht so gut an. Aber im Ernst, Freunde, das erste, was Hacker machen, wenn sie ein fremdes Passwort suchen, ist, nach dieser Erkenntnis vorzugehen. Aber es stehen uns nicht nur Mutmaßungen zur Verfügung, sondern auch Dechiffriermethoden, die reine Mathematik sind. Morgen früh fange ich sofort damit an. Wenn ich erst einmal den Schlüssel herausbekommen habe, kann der Computer den Rest machen.«
Susan runzelte die Stirn. »Welcher Computer? Wenn ich das richtig verstanden habe, dann gibt es doch Zigmillionen Möglichkeiten. Dazu brauchst du doch ein riesiges System.«
»Das stimmt. Ich habe so etwas zwar nicht, aber ich weiß, wer es hat.«
*
Es war noch kühl an diesem Morgen, als Carlo kurz vor sieben Uhr mit seiner Werkzeugtasche in der Hand über die Piazza San Lorenzo ging. Rund um die schöne alte Markthalle, dem Mercato Centrale, der jeden Morgen um sieben öffnete, war schon geschäftiges Treiben. Angenehme Gerüche von frischem Fleisch, Gemüse und Obst vermischten sich und aktivierten sogar bei einem dem Frühstück entsagenden italienischen Handwerksmeister normalerweise ein angenehmes Hungergefühl. An diesem Morgen ignorierte Carlo die appetitanregenden Düfte jedoch. Andere Gedanken beschäftigten ihn. Er dachte an seine Familie, die er bewusst aus dem ganzen Schlamassel herausgehalten hatte und die er Roberto noch nicht einmal vorgestellt hatte. Und er dachte an seine Arbeit, die er in der letzten Zeit extrem vernachlässigt hatte. Carlo hoffte, dass das alles bald ein Ende haben würde.
Wenige Minuten später stand er vor dem dreistöckigen Haus, in dem Celli sein Büro eingerichtet hatte. Er fasste in die Tasche, zog das Schlüsselbund heraus und öffnete mühelos die Tür. Er stieg die fünf weißen
Weitere Kostenlose Bücher