Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
stutzte. Das kann doch nicht dieselbe Francesca sein, die Männer so gern mit Hohn und Spott überhäuft?
Sie überließ ihm die Auswahl der Speisenfolge.
Pass auf, Roberto, mit Sicherheit kommt jetzt gleich die Attacke.
Doch er irrte sich wieder. Francesca war begeistert und überschüttete ihn mit Lob: »Ich glaube, Sie haben sich seit unserem ersten Treffen ausschließlich den Geheimnissen der italienischen Küche gewidmet. Haben Sie vielleicht Il Cucchiaio d’argento auswendig gelernt?«, fragte sie mit einem neckischen Lachen.
»Ich habe zwar ein außergewöhnliches Gedächtnis, aber die Bibel der italienischen Küche mit mehr als tausend Seiten auswendig zu lernen, schaffe nicht einmal ich in so kurzer Zeit«, scherzte er, um sich ein Stichwort zu geben, das ihm Gelegenheit bot, über seine Vorteile zu berichten.
Doch das war überflüssig. Sie schien Erkundigungen über ihn angestellt zu haben, denn sie wusste ziemlich viel über ihn. Wahrscheinlich wird sie eine Detektei beauftragt haben . Das überraschende Interesse an ihm verblüffte und amüsierte Robert zu gleichen Teilen.
Aber auch über sie erfuhr er einiges, ohne nachfragen zu müssen. Sie hatte Betriebswirtschaftslehre in Mailand studiert, weil ihr Vater sich in den Kopf gesetzt hatte, dass sie einmal das Geschäft übernehmen sollte. Es gab zwar noch den etwa gleichaltrigen Sohn eines Bruders, aber von dem hielt der Patrone gar nichts. Seine schöne und resolute Francesca sollte seine Nachfolgerin werden. Hier und da hatte sie sich bereits ins väterliche Geschäft eingemischt, und Marco Sacconi sah mit Freuden, mit welcher Härte und Beharrlichkeit seine Tochter verhandeln konnte. Allerdings war sie noch immer unverheiratet – und das, obwohl sie schon dreißig war. Ein Mann musste an ihre Seite.
»Bei einem solchen Training bleibt man natürlich nicht das anschmiegsame Kätzchen«, schnurrte sie und schaute Robert mit einem kindlichen Augenaufschlag an, während sie seine Hand mit den Fingerspitzen berührte.
Und so nahm der Abend seinen Lauf. Francesca und Robert erzählten sich Anekdoten aus ihrem Leben, lachten gemeinsam und machten kleine, ironische Bemerkungen über gemeinsame Bekannte. Das Essen schmeckte köstlich, und sie genossen jeden Gang. Hin und wieder sahen sich beide etwas länger in die Augen, als es bei einem unterhaltsamen Gespräch üblich ist, und irgendwann hatte Fabio die zweite Flasche Brunello entkorkt.
»Ich finde«, sagte Francesca, der die Wirkung des Weines nicht anzumerken war, »wir sollten jetzt Schluss machen. Und zwar mit dem elenden ›Sie‹. Ich heiße Francesca.«
Verblüffend!Diese Frau hat mehrere Gesichter. Und die kann sie mit erstaunlicher Geschwindigkeit wechseln , dachte Robert überrascht. »Robert. Roberto. Ganz wie Sie wollen … äh … wie du willst, meine ich. Was soll ich jetzt machen? Dich küssen. Oder ist das hier nicht üblich?«
Francesca kicherte. »Hier ist noch etwas ganz anderes üblich. Aber nicht in diesem Restaurant. Sonst redet morgen ganz Florenz darüber.« Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Lass uns gehen. Ich brauche jetzt frische Luft.«
Robert beglich die Rechnung, die dem Monatslohn seiner Haushälterin Catarina entsprach. »Hattest du keinen Mantel?«
»Nein. Es ist noch sehr warm draußen, und außerdem wohne ich gleich um die Ecke.«
Robert versuchte, gelassen zu wirken. »Darf ich dich nach Hause begleiten?«
»Du musst sogar. Das gehört sich so.«
Sie lachten und verließen das Lokal, nachdem Fabio ihnen vier Mal eine »Buona notte« gewünscht hatte.
Die Straßen waren wie ausgestorben, nirgendwo brannte Licht. Francesca hatte sich bei Robert eingehakt und machte bissige Bemerkungen über die Gäste bei Fabio.
»Die haben alles registriert. Jedes Augenzwinkern, jede Handbewegung. Aber sollen sie doch.« Und dann ließ sie wieder ihr albernes Kichern hören und dirigierte ihn unmerklich bis vor ihre Tür.
»Jetzt«, sagte sie.
»Was?«
»Du musst mich küssen!«
»Oh ja, fast hätten wir’s vergessen.«
»Niemals«, sagte sie, griff ihm in den Nacken und zog seinen Kopf zu ihrem hinunter.
Er hatte einen Bruderschaftskuss erwartet, aber sie presste sich fest an ihn, und ihre Zunge glitt in seinen Mund.
»Komm«, sagte sie. »Ich möchte mit dir schlafen.«
Robert war mehr als verblüfft. Diese Direktheit hatte er nicht erwartet. »Geht das nicht ein wenig zu schnell?«
»Nein«, sagte sie, »zu langsam.«
Und als sie den Flur ihres
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