Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
Schritte durch den rund achtzig Quadratmeter großen Salon mit der sechs Meter hohen Decke.
»Verzeih. Ich wurde aufgehalten.«
Der Grauhaarige ging nicht auf die Entschuldigung ein und blätterte weiter in dem Weinführer mit dem leuchtend roten Umschlag. »Ist er angekommen?«, fragte er schließlich, als er das Buch zuklappte und sich umdrehte.
Der andere nickte.
»Und du bist sicher, dass er etwas weiß?«
»Ich vermute es. Er hat ganz gezielte Fragen gestellt.«
»Behalte ihn im Auge. Aber bitte so, dass er nichts merkt. Erst, wenn wir uns ganz sicher sind, kannst du ihn dir vornehmen.«
Wieder nickte der Angesprochene.
Der Grauhaarige hatte sich wieder umgedreht und betrachtete nachdenklich ein Fresko aus dem achtzehnten Jahrhundert, auf dem zwei anlandende Segelschiffe dargestellt waren. Dabei drehte er seinen goldenen Siegelring, den er am Ringfinger der rechten Hand trug. »Es ist schon seltsam. Wir haben nach jahrelangen Recherchen nichts herausbekommen, und dieser Mensch lebt jahrelang in Amerika und scheint etwas zu wissen. Woher? Und warum ist er nicht schon früher gekommen? Also, überprüfe ihn genauestens. Aber mit höchstmöglicher Diskretion.«
Der andere hatte eine lederne Aktenmappe geöffnet und ein paar Papiere herausgezogen. »Du kannst dich ganz auf mich verlassen. Ich halte dich auf dem Laufenden. Können wir jetzt noch einmal diese Verträge durchgehen? Ich habe einige Stellen umformuliert.«
Die beiden Männer gingen zu einem runden Eichentisch mit vier hochlehnigen Stühlen. Der Grauhaarige setzte eine Brille mit schwarzem Horngestell auf. Sein Blick glitt über das Blatt, aber es war ihm anzumerken, dass er sich nicht konzentrieren konnte. Er ließ das Blatt wieder sinken. »Seltsam ist es schon!«, sagte er nachdenklich.
*
Robert war das gut dreihundert Jahre alte Haus, das am Rande des Dorfes Mezzomonte lag, bei seinen ersten Ausflügen in das Chianti-Gebiet sofort aufgefallen. Das herausragende Merkmal des Anwesens war die Piccionaia. Er wusste damals noch nicht, dass dieser turmartige Teil des Hauses nicht der Zierde, sondern der Unterbringung von Tauben diente, die dort ein- und ausflogen, bis sie schließlich im Kochtopf landeten.
Auf der Suche nach einem Domizil hatte er sich eine ganze Reihe wunderschöner, alter Landhäuser angesehen, aber von diesem Gebäude war aus irgendeinem Grund eine besondere Faszination ausgegangen. Vielleicht war es die Lage auf dem Hügel, von dessen Spitze sich das riesige Grundstück terrassenförmig nach unten zog. Von jeder dieser Terrassen hatte man einen anderen Ausblick auf das wunderschöne Land mit seinen Weinbergen, Olivenhainen, Zypressen und Eichenwäldern. Begrenzt wurde das Areal in südlicher Richtung von einem klaren Bach, in dem es vor Fischen nur so wimmelte. Hinter dem Bach lag ein ehrwürdiges altes, wenn auch etwas düsteres Haus, das ebenfalls zum Verkauf stand.
Vielleicht waren es auch die schönen, hohen Räume mit den alten Eichenbalken, die aus den ehemaligen Stallungen in attraktive Wohnräume umgebaut worden waren. Insgesamt erstreckte sich die Wohnfläche über drei Etagen auf rund 350 Quadratmetern, und dazu kamen noch die Wirtschaftsgebäude und Speicher.
Ein wohlbetuchtes Ehepaar aus Siena hatte das Haus in den Sechzigerjahren für einen Spottpreis erworben und es dann mit viel Liebe, Geld und Originalbaustoffen, die damals noch zu erträglichen Preisen angeboten wurden, restauriert und ausgebaut.
Als Robert das Haus mit dem Taubenturm entdeckte, stand es leer. Signore Gargani, der Vorbesitzer, war vor einem Jahr bei dem Versuch, von außen eine kranke, flugunfähige Taube aus dem Schlag zu befreien, von der Leiter gestürzt und hatte sich bedauerlicherweise das Genick gebrochen. Auch der Besitzer vor ihm war bei einem Unfall gestorben, als ein Bulle ihn gegen eine Stallwand schob und seinen Brustkorb zerquetschte. Und schließlich wussten einige zu berichten, dass auch derjenige, der vor dem Erdrückten das Haus besaß, auf nicht alltägliche Weise umgekommen sei. Beweise für diese Geschichten gab es zwar keine, aber die Leute erzählten sich trotzdem, dass mit diesem Anwesen etwas nicht stimme, es wahrscheinlich sogar mit einem Fluch belegt sei.
Als Mathematiker und ehemaliger NSA-Mitarbeiter hielt Robert nicht viel von solchem Hokuspokus, merkte aber, dass damit gegenüber dem Maklerbüro, das die Witwe Gargani beauftragt hatte, der Preis erheblich zu drücken war. Insofern musste er eingestehen, dass
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