Die Toskana-Verschwörung: Thriller (German Edition)
Flüche eben doch eine gewisse Wirkung zeigten.
*
Roberts Mutter hatte bei seiner Ankunft natürlich darauf bestanden, dass er sich eine der großen, herrschaftlichen Wohnungen in Florenz, direkt am Arno, nehmen sollte, aber Robert hatte den Braten ausnahmsweise gerochen und früh genug gemerkt, dass er sich damit nur wieder in die Umklammerung der Familie begeben würde. Und dies schien ihm für einen Mann seines Alters nicht sehr ratsam.
Obwohl – und das gab er gerne zu – die Familie Medici ihn sehr faszinierte. Ganz im Gegensatz zur väterlichen Familie in Baltimore, die etwas Schmallippiges, Lustfeindliches und Misstrauisches an sich hatte, war die alteingesessene florentinische Familie seiner Mutter in erster Linie von großer Herzlichkeit und Lebensfreude geprägt. Es war ein Leben, in dem Feste, gutes Essen und exzellente Weine eine zentrale Rolle spielten. Dennoch legte man überaus großen Wert auf aristokratisches Benehmen, obwohl der Familie im Laufe der Jahrhunderte das »de« im Nachnamen auf unbekannte Weise abhanden gekommen war. Über allem stand Onkel Pierferdinando, der älteste Bruder der Mutter und für die Außenwelt der unangefochtene Chef des Clans.
Der hatte es seiner Schwester Donatella, die inzwischen den Familiennamen wieder angenommen hatte, immer noch nicht verziehen, dass sie sich damals von einem dahergelaufenen Amerikaner hatte schwängern lassen und damit den guten Ruf der Familie geschädigt hatte.
Aus diesem Grund stand er Robert zunächst einmal nicht sehr wohlwollend gegenüber. Indem er eine von seinen Augenbrauen hochzog und die Mundwinkel nach unten, hatte er Robert nach seiner Ankunft abschätzig gemustert, ohne ihm die Hand zu geben.
Mit seinem entwaffnenden Charme schaffte Robert es aber in wenigen Tagen, die meisten anderen Mitglieder der Familie auf seine Seite zu ziehen. Ganz besonders Pierferdinandos Frau, Tante Giuseppina, die von allen nur Pippa genannt wurde. Und da Pierferdinando nur als Familienoberhaupt agieren konnte, solange Pippa dies gestattete, blieb auch ihm nach relativ kurzer Zeit und einer Reihe ungezählter böser Blicke seiner Gattin nichts anderes übrig, als seinem Neffen die Hand zu reichen.
In einer Sache waren sich jedoch alle einig: Es war ein Ding der Unmöglichkeit, dass der attraktive Robert in seinem Alter noch nicht verheiratet war. Daher wurde es Zeit, dass die Familie diese Frage gemeinsam löste. Glücklicherweise wimmelte es in Florenz und Umgebung nur so von heiratswilligen jungen Frauen aus guten Familien.
Spätestens, als Robert merkte, dass der Clan ein Problem zu lösen gedachte, das für ihn keines war, beschloss er, sich zumindest geographisch von der italienischen Seite seiner Familie zu lösen, und begann mit seinen Ausflügen ins Chianti-Gebiet, um sich ein Anwesen zu suchen, von dem aus er sich der Liebe und Fürsorge der Familie erwehren konnte.
*
Robert hatte sich gedankenverloren in seinem Ledersessel zurückgelehnt, die Pläne für das neue Spiel Venezianische Rochade beiseite geschoben und dachte gerade an seinen Familieclan im gut dreißig Kilometer entfernten Florenz, als das Telefon klingelte.
Die Möglichkeit, Telefonanrufe herbeizudenken, ist nie wissenschaftlich erforscht worden, aber Robert hatte schon immer das Gefühl, dass man telepathische Fähigkeiten viel zu sehr unterschätzte. In diesem Fall hätte ihm die rein gedankliche Verbindung allerdings vollkommen ausgereicht, denn am anderen Ende meldete sich seine Mutter.
»Roberto, was ist los? Du hast dich seit einer Woche nicht mehr gemeldet. Ist bei dir alles in Ordnung?«
Robert antwortete etwas gequält: »Mamma, du weißt doch. Ich habe eine ganze Menge zu tun.«
»Roberto, nun sag mir doch bitte einmal, ob du wirklich der Meinung bist, dass das Erfinden von Spielen eine Aufgabe für einen Mann wie dich ist?«, fragte Donatella ihren Sohn mit oberlehrerhafter Stimme. »Es gibt Rommé, es gibt Canasta, und es gibt Bridge. Ich finde, das genügt. Gestern hat mich Signora Fiori gefragt, was du denn eigentlich so machst. Ich habe ihr gesagt, du bist Mathematiker und arbeitest an einer sehr komplizierten Aufgabe. Ich würde es ihr gern erklären, aber dazu würde ich einige Zeit brauchen. Da hatte sie plötzlich keine Zeit mehr.«
Robert lachte auf. »Mamma, du bist unmöglich. Warum sagst du nicht, was ich hier tue? Ich verdiene schließlich gutes Geld damit.«
Donatella seufzte. »Robertino, ich glaube, ich gebe es auf. Ich rufe sowieso aus
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