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Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Titel: Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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in ihm geschlummert hatte, erwachte zum Leben und fing an zu wachsen. Vielleicht wäre es nicht geweckt worden, wenn er nicht so erschüttert, so tief in seiner Seele berührt worden wäre. Kristian begriff voll und ganz, was vor so vielen Jahren geschehen war, er spürte plötzlich, wie ihm die Kälte in die Hosenbeine kroch, und fühlte die dicken Mauern näher kommen. Bei Askos Hypnose waren entsetzliche Erinnerungen aufgetaucht. Nun starrte Kristian in die Dunkelheit und sah alles vor sich. Als das Licht wieder anging, wusste er nicht, wie lange er dort gestanden hatte. Oben in der Tür stand die Frau und stützte sich auf einen dicken Stock.
    »Was machst du da?«, zischte sie. »Dazu hast du kein Recht.«
    Als sie später das Grundstück verließen, musterte die Bezirkskrankenschwester ihn von der Seite.
    »Was sollen wir davon halten?«
    »Wir müssen sie in einem Heim unterbringen«, antwortete Kristian. »Ich werde versuchen, meine Beziehungen spielen zu lassen.«
    »Es gibt noch eine Sache, die mir an diesem Ort nicht gefällt, und die hat nichts mit dem Erdrutsch zu tun.«
    »Aha. Und die wäre?«, fragte Kristian.
    Sie erzählte ihm von dem kleinen Jungen, der der
Familie Hedlund weggenommen worden war, nachdem
sich herausgestellt hatte, dass er wie ein Gefangener gehalten wurde.
    »Er hatte nicht einmal einen Namen – kannst du dir
so etwas vorstellen?«
    Kristian hörte der Frau schweigend zu. Verbissen
klammerte er sich ans Lenkrad. Kopfschüttelnd berichtete die Bezirkskrankenschwester auch von den drei
Töchtern der Frau, die weder untereinander noch zu
ihrer Mutter nennenswerten Kontakt hatten.
    »Elisabet, meines Wissens die Älteste, hat den Besitzer der Reitschule geheiratet. Sie interessierte sich weder
für ihn noch für Pferde, doch als er eines Tages von einem Heuhaufen fiel, war sie plötzlich die alleinige Besitzerin. Der Betrieb war lange Zeit vernachlässigt worden,
und die Tiere mussten leiden, bis man eine Frau mit zwei Pferden einstellte, die ihre Pflege übernahm. Stina war
Künstlerin, musste ihren Lebensunterhalt jedoch oft auf
andere Weise bestreiten. Sie betreibt einen Naturkostladen in Strömslund. Verblichene Plakate im Schaufenster und abgelaufene Lebensmittel. Wenn ich das richtig
verstanden habe, reist sie viel herum und importiert
beispielsweise aus Südafrika die Waren direkt. Vielleicht
verdient sie so ihr Geld? Gut gebrauchen kann sie es
bestimmt, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass
jemand ihre Bilder kauft. Sie sind dunkel und bedrückend, manchmal mit einer dünnen weißen Gestalt im
Vordergrund – vielleicht ist das ihre Art, die Erinnerung
an ihren Bruder zu verarbeiten, der im Keller eingesperrt wurde.« Sie schüttelte den Kopf. »Warum der Mutter
die Mädchen nicht weggenommen wurden, als das
Jugendamt den Jungen in seine Obhut nahm, ist mir ein
Rätsel. Die Jüngste ist Immobilienmaklerin in Göteborg
geworden, glaube ich. So, nun weißt du ein wenig mehr
über die Familie Hedlund. Disa hat …«
    Kristian wandte sich zu ihr um. »Disa?«
    »Sie heißt Hjördis, wird aber Disa genannt.«
    »Und der Junge?«, fragte er. »Was ist aus ihm geworden?«
    »Weiß ich nicht. Den hat ja, wie gesagt, das Jugendamt in seine Obhut genommen, aber einige Leute behaupten, Disa habe ihn zurückbekommen und dann
hätten sie und seine Schwestern ihn erschlagen und
irgendwo vergraben. Soweit ich mich entsinne, wurde
er jedoch in einer Pflegefamilie untergebracht und hatte
es dort schließlich gut. Eine solche Kindheit muss allerdings Spuren hinterlassen.«
    »Stimmt.« Kristian biss die Zähne zusammen. »So etwas schleppt man sein Leben lang mit sich herum.«
    »Die damals Zuständige im Jugendamt hat eine dicke Akte über den Fall. Wenn du Disa auf dem Tisch hast, darfst du sie dir bestimmt ansehen. Sprich mit Inger Nilsson.«
    »Wer ist das?«, fragte Kristian.
    »Die Leiterin des Jugendamts. Inzwischen ist sie
pensioniert, aber damals war sie für den Fall zuständig.
Ich frage mich, wie man wohl reagiert, wenn man nach
einer solchen Kindheit später im Leben seine Peiniger
wiedertrifft. Ob man ihnen verzeihen kann?«
    Nachdenklich blickte die Bezirkskrankenschwester
aus dem Seitenfenster, an dem Zäune vorbeisausten. Dahinter schlängelte sich der Fluss durch das Tal.
    »Ich weiß nicht.« Kristian machte eine Pause. »Aber
vielleicht bringt es einen weiter.«

14
    Nach dem kurzen Besuch entfernten sich Karin und Folke zu Fuß von der Villa im Rosenlund.
    »Robban hat

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