Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
»Mein Gott«, murmelte sie.
»Das haben wir doch. Deswegen waren wir ja so besorgt. Du bist nicht rangegangen, und stattdessen meldete sich die Mailbox mit einer Ansage von Sleipner Security.«
»Das liegt am Boot«, sagte Karin. »An diesem Stahlboot, der Empfang hier drinnen ist mies. Ich muss mir eine Außenantenne besorgen, die ich mit dem Telefon verbinden kann.«
Der Wasserkessel gab einen Pfiff von sich.
»Das Auto mit Johan muss umkehren. Wir müssen hier mit ihm reden«, sagte Karin nachdenklich. »Es gibt bestimmt eine Erklärung dafür.«
Folke und Robban hatten nichts gegen den Vorschlag einzuwenden. Robban ging zum Telefonieren hinauf an Deck.
»Okay.« Er stecke den Kopf durch die Luke. »So weit sind sie noch nicht. In zwanzig Minuten sind sie hier.«
Karin war so unvorsichtig, den Kopf zu schütteln, worauf sich ihre Welt noch heftiger drehte.
Sie hörte Robban noch einen Anruf machen, offenbar telefonierte er mit Carsten.
»Jetzt werdet ihr staunen!«, sagte er, als er zurückkehrte. »Deine Freundin Lycke hat mit Carsten gesprochen.«
»Lycke? Wegen der Sache mit den Fingerabdrücken?«Karin nippte an dem heißen Tee, den Folke ihr hingestellt hatte. Es gefiel ihr gar nicht, dass Lycke und Johan in den Fall involviert waren.
»Anfangs ja, aber dann hat sich herausgestellt, dass sie heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit eine Mitfahrgelegenheit hatte.«
»Ach. Und?«, fragte Karin.
»Der Typ hatte den Koffer von Marianne Ekstedt im Auto. Lycke konnte ihn haargenau beschreiben.«
»Und wie heißt der Typ?«
»Kristian Wester. Der Arzt.«
»Hallo, Majken, ist bei dir alles in Ordnung?«, frage Sara, die die Telefonnummer auf Anhieb erkannt hatte.
»Ja, alles in Ordnung, aber …«
»Ist was passiert?«, fragte Sara.
»Was heißt schon passiert …? Vielleicht ist es ja eine Bagatelle, aber ich dachte mir, falls doch etwas nicht stimmt, und ich rufe
nicht
an … Hier draußen sind ja in letzter Zeit so viele merkwürdige Dinge passiert, und falls die Sache damit zu tun hat …« Majken klang bedrückt.
»Jetzt musst du mir aber alles erzählen, Majken. Was ist los?«
»Ich saß hier und hatte gerade das Kirchenbuch weggelegt und das Geburtsregister zur Hand genommen, weil ich mich gerade mit einer genealogischen Fragestellung beschäftige. Ich wollte wissen, ob ich lebende Nachkommen der armen Malin finde, die wegen Hexerei zum Tode verurteilt wurde.«
»Kommst du damit voran?«
»Und wie! Plötzlich kamen mir die Namen, die da auftauchten, bekannt vor. Auch die Notizen des Pfarrers sagten mir etwas. Irgendwann zeige ich dir mal unsere wunderbar eingescannten Kirchenbücher. Man hat fastdas Gefühl, ein Buch zu lesen, obwohl man vor einem Bildschirm sitzt. Unglaublich.«
»Sagtest du nicht, die Namen kämen dir bekannt vor?«, fragte Sara.
»Nun, es haben mich ja schon viele Leute gebeten, ihnen bei der Ahnenforschung behilflich zu sein, und einige alte Anfragen habe ich aufbewahrt. Manchmal bleibe ich stecken und kann nur einen Zwischenstand abliefern, denke aber, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht weiterkomme. Außerdem bekommt man manchmal Unterstützung von anderen Ahnenforschern, deren Familienzweige sich mit meinen überschneiden, und dann erhält man auf einmal genau das Puzzleteil, das einem noch fehlte.«
»Es tauchte also ein Name auf, den du aus einer früheren Anfrage kennst?«
»Genau. In den sechziger Jahren hat hier draußen ein Ehepaar einen Jungen adoptiert. Sie wollten, dass ich seine Familiengeschichte erforsche, damit er sich nicht so entwurzelt vorkommt. Es stellte sich heraus, dass er ursprünglich von der Insel Orust stammt, die Familie aber später nach Åkerström gezogen ist, das liegt zwischen Trollhättan und Lilla Edet. Damals kam ich bis 1778, dann war Schluss.«
»Weiter bist du nicht gekommen?«
»Damals nicht, aber heute Abend las ich einige Unterlagen von einer Dame aus Dänemark, die sich mit den Angehörigen von wegen Hexerei verurteilten Frauen beschäftigt hat. Auch hier hatte sie drei Frauen entdeckt, und eine davon war Malin. Leider gab es nicht viele Fakten. Sie wusste nur, dass Malins Kinder 1660 und 1661 geboren waren und Lars und Sigrid hießen – und dass sie Marstrand verlassen hatten. Sie hatte keine Ahnung, wo sie abgeblieben waren. Deshalb bin ich an der Stelle nichtweitergekommen. Aus purem Zufall entdeckte ich in einem Kirchenbuch eine Anmerkung vom Pfarrer aus Orust. Dem Pfarrer, der 1674 die Familie auf
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