Die tote Autorin (German Edition)
fühlte sich noch unwohler als zuvor. Sie gingen weiter und Sergej Barbez öffnete vorsichtig die Türe zum Arbeitszimmer. Sie war ebenfalls geschlossen worden. Anna Beck sackte zu Boden. «Sie hat nie erwähnt, dass es zwei Leichen sind, oder doch?», fragte Sergej Barbez seine Kollegin, die sich sofort um Anna Beck kümmerte. Er vergewisserte sich, dass der Mann tot war, dann rief er die Mordkommission an.
Der Inspektor
M cLee war fünfundfünfzig Jahre alt und seit dreissig Jahren bei der Kriminalpolizei. Er war immer noch mit seiner Jugendliebe Marie-Luise verheiratet. Sie hatten zwei Kinder grossgezogen und vor einem Jahr waren sie Grosseltern geworden. Sie hatten zwar manche Ehekrise zu bewältigen, aber das Wort Scheidung oder Trennung war nie über ihre Lippen gekommen. Marie-Luise und er hatten sich aus tiefstem Herzen versprochen, immer über alles zu reden und respektvoll miteinander umzugehen. Es war nicht immer leicht gewesen, aber weder er noch sie versuchte das Versprechen zu brechen. Die Liebe, die sie verband, war das Kostbarste, was sie hatten und das wollten sie um keinen Preis verlieren. Das mochte wohl die treffendste Erklärung sein.
Marie-Luise stammte aus einer intakten Familie. Ihre Eltern waren zwar streng, aber gerecht und liebten sie. Sie empfingen den Inspektor mit offenen Armen. Er hatte nicht so viel Glück in seiner Kindheit gehabt, aber die Liebe seiner Frau und ihrer Familie lehrte ihn, wie wertvoll es ist, sich geborgen zu fühlen und respektiert zu werden. Er liebte seine Familie über alles und bewunderte seine Frau, weil sie immer hinter ihm stand und jederzeit Verständnis für seinen Beruf aufbrachte. Nicht alle seine Kollegen hatten zu Hause so viel Glück. Seit längerer Zeit überlegte er sich den Beruf an den Nagel zu hängen und etwas ganz anderes zu machen.
Er hatte gelernt Distanz zu behalten, und seine Emotionen standen ihm nie im Weg. Er nahm seinen Beruf sehr ernst und hatte stets die richtige Portion Mitgefühl, um mit den hinterbliebenen Menschen zu reden. Gleichzeitig konnte er sachlich und analytisch schlussfolgern um den oder die Täter zu finden. Aber tief in seinem Inneren wünschte er sich bald nichts mehr mit Leichen zu tun zu haben. Er war von Natur aus ein fröhlicher Mensch und lachte gern. Doch wie konnte er jemandem mitteilen, dass eine geliebte Person tot war und kurze Zeit später zu Hause über dies und jenes lachen? Das erforderte eine gesunde Portion Egoismus um loslassen zu können. Seine Frau trug viel dazu bei, damit er nicht jeden Abend mit dem Kopf voller Gedanken und Fragen ins Bett ging.
Oft wachte er auf, ging ins Wohnzimmer und zündete ein Feuer im Kamin an. Anschliessend machte er es sich bequem und studierte weiter Akten in der Hoffnung etwas zu finden, was er bisher übersehen hatte. Wenn seine Frau bemerkte, dass er nicht neben ihr lag, packte sie Decke und Kissen und ging zu ihm. Sie brachte es immer wieder fertig McLee auf andere Gedanken zu bringen. Er war sehr dankbar eine so wunderbare Frau zu haben. An jenem Mittag lag er wach im Bett und hielt seine Frau zärtlich in den Armen, insgeheim hoffend, es möge niemand an seinem freien Tag in seinem Bezirk umgebracht werden. Er wollte die Zeit mit Marie-Luise geniessen. Sie hatten gerade über die bevorstehenden, lang ersehnten Ferien gesprochen und freuten sich darauf. Er streichelte sie und fing langsam an sie zu liebkosen.
Als reifes Paar erlebten sie zusammen immer noch eine wunderschöne Erotik. In all den Jahren hatten sie sich auch in dieser Beziehung immer wieder gegenseitig herausgefordert und ihre Gefühle gepflegt. Er liebte es so sehr, sie innig zu küssen und genoss es, wenn sie sich ihm in Vertrauen hingab. Er hätte alles mit ihr machen können, so bedingungslos war ihre Liebe. Sie war ein offenes Buch für ihn, und er kannte jeden Millimeter ihres Körpers. Seine Hände umfassten sanft ihre Brüste, die immer noch fest und schön waren. Sie stöhnte leise. Ihre Hände wühlten in seinen Haaren und sie zog ihn an sich, bereit sich mit ihm zu vereinen. Ihre Lippen suchten leidenschaftlich die seinen. McLee liebte es sie aufzufangen, nur um sie danach weiter fliegen zu lassen. Sie schenkte ihm durch ihr Vertrauen und ihre Lust etwas Kostbares: Geborgenheit und Begehren in einem.
Er wünschte sich keine andere Frau, denn sie erfüllte ihm alle Wünsche. Wenn sie sich liebten, gab es keine Zeit, keinen Raum, keine Grenzen und keine Leichen
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