Die Tote im Badehaus
Hals und spielte den Liebhaber. Ich trat ihn gegen das Schienbein und entschuldigte mich.
»Es tut mir sehr, sehr leid. Wir haben einen Fehler gemacht, als Ausländer. Es tut mir sehr leid, ich werde es nicht wieder tun.«
»Sumimasen.« Hugh entschuldigte sich mit einem der wenigen japanischen Ausdrücke, die er kannte. Trotz seiner demütigen Worte merkte ich, wie er in sich hineinlachte.
»Leute, die nachts herumwandern, leben gefährlich. Die Nakamura-Frau hat es erwischt. Passen Sie auf, daß es Ihnen nicht auch so ergeht«, schnauzte Mrs. Yogetsu, bevor sie durch eine Tür verschwand, offenbar ihre Privatwohnung. Der Gürtel ihres Bademantels verfing sich in der Tür, als sie sie zuzog. Die Tür ging knarrend wieder auf, und der Gürtel wurde blitzschnell hineingezerrt.
Trotz des Ernstes der Lage war mir nach Lachen zumute. Doch dafür war keine Zeit.
»Komm mit. Ich will dir den Autopsiebericht zeigen«, flüsterte Hugh, als wir nach oben gingen.
»Können wir das nicht später machen?« Die Begegnung mit Mrs. Yogetsu saß mir immer noch in den Knochen.
»Nein, jetzt. Um sieben muß ich wieder los, zum Skifahren.« Er schob mich hinein und schloß die Tür ab.
»Ich weiß nicht, warum du unbedingt diese Liebesszene spielen mußtest, wenn dein Ruf so kostbar ist. Was ist mit deinen Kollegen und Yamamoto?« Während ich den nassen Bademantel ausschüttelte und ihn zum Trocknen neben der Heizung ausbreitete, beantwortete ich meine Frage selbst. Ihn würden die Japaner nun für männlich halten; ich wäre das Flittchen.
»Auf sie kommt es an. Sie darf auf keinen Fall wissen, was wir gemacht haben. Hier, bitte, Fräulein Sittsam.« Er holte ein paar Blätter Papier aus seinem Koffer.
»Kann ich das mitnehmen und ein bißchen daran arbeiten?« Ich überflog die vier Seiten mit der winzigen Maschinenschrift, und mir wurde klar, wie unmöglich es war, das zu übersetzen.
»Aber sicher. Es nützt ja nichts, wenn ich es behalte.«
»Im Museum habe ich ein paar Dozenten sagen hören, daß sie Mrs. Yogetsu nicht mögen. Sie verlangt zuviel für ihre Unterrichtsstunden im Blumenstecken.« Ich setzte mich auf den Rand seines Futons. »Ich finde sie entsetzlich arrogant, und das ist noch nicht alles …«
»Aber deshalb ist sie noch längst keine Mörderin. Komm her. Wenn du mit nassen Haaren schlafen gehst, erkältest du dich.« Hugh kniete sich hinter mich und rubbelte meine nassen Haare mit einem Handtuch, als wäre ich ein Hund, der im Regen naß geworden war.
»Das ist nicht sehr schottisch. Ich habe gehört, deine Landsmänner ziehen durch winterliche Moore. Sie tragen Kilts und nichts darunter.« Ich versuchte locker zu wirken, um zu verbergen, daß ich am ganzen Körper eine Gänsehaut bekam, als er mich berührte.
»Ein Kilt ist ein guter Schutz, im Gegensatz zu diesem scheußlichen Schlafanzug, den du bevorzugst.«
»Ich habe dir schon einmal erklärt, daß das japanische Wärmeunterwäsche ist. So etwas trägt man hier.«
»Aber du läufst damit herum, als wärst du ein amerikanischer Junge! Laß dir gesagt sein, daß du alles andere als das bist!«
Ich wich zurück, als das Handtuch meinen Hals streifte. »Ach, das habe ich ganz vergessen. Gaijin haben lieber ein asiatisches Phantasiemädchen, das zu allem ja sagt.«
»Du solltest mich eigentlich besser kennen«, sagte er knapp.
»Ich glaube, ich kenne dich überhaupt nicht«, sagte ich, obwohl ich es irgendwie doch tat. Er konnte meine Gedanken lesen, beendete meine Sätze. Und ich wußte, wie sich seine Hände auf mir anfühlten, was an sich schon eine ganz andere Realität war.
»Wenn du gehen willst, dann tu es jetzt.« Er hatte das Handtuch weggelegt und fuhr mir mit den Fingern durch das Haar. »Und dann will ich bitte keine Meinungsänderung mehr und keine mitternächtlichen Besuche, bei denen ich dich dann ins Bett stecken muß, die ganze Nacht wach liege und langsam wahnsinnig werde …«
»Ist es dir gestern nacht so ergangen?« Ich drehte mich um und sah Verzweiflung in seinen Augen.
»Ja. Du warst so krank und zerbrechlich, und ich wollte einfach nur das hier mit dir machen.« Sein Mund legte sich auf meinen, und er drückte mich nach hinten auf die weiche Matratze.
Genau das will ich. Der Gedanke durchzuckte mich, während ich seinen Kuß erwiderte und ihn an den Schultern faßte.
»So schlimm bin ich also gar nicht?« keuchte er, als wir wieder Luft holten.
Ohne ihm zu antworten, bot ich ihm meinen Hals. Ja, er erinnerte
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