Die Tote im Badehaus
eigenen Sachen mit. Dadurch sparte ich Tausende für einen eigenen Transport.
»Und wollen Sie wissen, was das beste war? Meine Mutter hat das Stück in San Francisco schätzen lassen – siebentausend Dollar mehr, als ich bezahlt hatte.«
»Vielleicht könnte ich das für die Damen in meinem Seniorenclub machen.« Mrs. Chapman sah aufgeregt aus. »Darauf werde ich mich in meiner restlichen Zeit hier konzentrieren – Antiquitäten!«
Joe prostete mir mit seiner Kaffeetasse zu. »Weshalb verschwenden Sie dann Ihre Zeit damit, Englisch zu unterrichten?«
»Nichiyu ist ein guter Arbeitgeber. Früher oder später werde ich das Sprachprogramm leiten.«
»Wenn Sie wirklich im Bereich Antiquitäten arbeiten wollen, dann sollten Sie das einfach tun«, beharrte er.
»Das hat man mir schon oft gesagt.« Ich versuchte nicht, meine Bitterkeit zu verbergen. »Die Leute, bei denen ich mich hier vorgestellt habe, haben mir alle geraten, zurück in die Staaten zu gehen. Vielleicht könnte ich einen Job in San Diego oder Seattle finden, wo es egal ist, ob ich kanji lesen und schreiben kann oder nicht. Das Problem ist nur, daß ich nicht von hier weg möchte.«
»Ich verstehe.« Joe überlegte. »Haben Sie schon einmal von einem privaten Einkaufsservice gehört?«
»Ich hatte einmal jemanden für meine Weihnachtseinkäufe. Das Problem war allerdings, daß die nur in einem Laden gekauft und überhaupt nicht nach Sonderangeboten gesucht haben!« Mrs. Chapman tupfte sich geziert den Mund mit einer Serviette ab.
»Genau. Rei sollte sich als Einkäuferin von Antiquitäten selbständig machen und sich auf Kunden in Übersee und die Ausländer, die in Japan leben, konzentrieren. Es wäre einfacher und billiger, als einen Laden aufzumachen.«
»An Einzelhandel hatte ich noch gar nicht gedacht. Nur an Museen.« Ich betrachtete den dunklen, zuckrigen Satz auf dem Boden meiner Kaffeetasse und dachte mir, daß ich die ganze Nacht nicht schlafen würde, wenn ich das austränke.
»Wenn Sie etwas Anspruchsvolleres machen wollen, dann halten Sie doch Vorträge und machen Führungen durch Museen. Ich werde mir ein paar Gedanken darüber machen.« Es schien, als wäre ein elektrisches Licht in Joe angezündet worden; ich verstand, warum Far East Ventures Erfolg hatte.
»Die Ausländer, die ich kenne, würden darauf niemals anspringen«, protestierte ich. »Sie haben genug damit zu tun, Miete und Telefon zu finanzieren.«
»Was ist mit meinen Freunden? Ehepaare bei Firmen, Spitzenleute beim Militär? Ich könnte Sie mit ein paar bekannt machen.« Er zog einen Terminkalender aus seiner Brusttasche. »Machen wir doch einen Tag der offenen Tür, sagen wir in sechs Wochen?«
»Im Gegensatz zu Ihren Spitzenleuten habe ich nicht das Geld, um ein Geschäft zu eröffnen.« Einen Augenblick lang bedauerte ich das und dachte an mein mickriges Sparkonto, an die Einlagen, an die ich eine Ewigkeit nicht herankam. Ich schüttelte mich. Es war seltsam, daß Joe mir so großzügige Tips für meine Karriere gab. Vielleicht wollte er mich nur von der Suche nach Setsukos Verwandten ablenken.
»Bei so einem Geschäft brauchen Sie kein Kapital. Nur Kontakte, PR, den Willen zum Erfolg!« Joe hörte nicht auf zu reden.
»Das glaube ich nicht.« Für jemand anderen wäre das eine großartige Idee. »Es tut mir leid, daß ich sie aufgehalten habe. Ich war nicht ehrlich zu Ihnen. Hier, bitte, lassen Sie mich meinen Anteil bezahlen.« Ich deutete auf seine goldene American Express Karte, die auf der Rechnung lag.
»Acht meiner Freunde beobachten uns. Wollen Sie mich denn vor ihnen blamieren?« fragte er.
Es hätte wohl wirklich komisch ausgesehen, wenn wir in so einem schicken Restaurant mit so einem bekannten Mann die Rechnung geteilt hätten. Ich lächelte ihm halbherzig zu und fügte mich, da ich es für das beste hielt, den Abend nicht mit einer Szene zu beschließen.
»Ich habe noch eine Marketingfrage an Sie«, sagte ich, als wir durch die Lobby auf den New-Otani-Lift zugingen. »Bei uns in der Firma wollen wir gerade Caffè latte auf den Markt bringen. Die Frage ist nur, ob man latte oder ratte sagt. Halten Sie das für wichtig?«
»Ratte auf allen Schildern und Prospekten hier, und latte in Übersee.« Joe antwortete rasch.
»Aber finden Sie nicht, daß ratte fürchterlich aussieht? Werden die Leute nicht lachen?«
»Weshalb arbeiten Sie bei Nichiyu? Um die Kluge zu spielen, oder um ihnen zu helfen, ihre Produkte zu verkaufen?« gab Joe zurück.
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