Die Tote im Badehaus
Getränke zu Nichtmitgliederpreisen zahlen.«
»Zwei Bud und einen Kaffee für Rei«, bestellte Richard mit supermaskuliner Stimme. »Ich zahle.«
»Ein Mädel, das Ray heißt? Ihre Mom und Ihr Dad müssen sich aber wirklich einen Sohn gewünscht haben«, sagte der Mann, der mich hereingelassen hatte.
»Das ist ein japanischer Name.« Ich reichte ihm meine Karte. »Ist Mr. O’Donnell da?«
Pepsi wollte etwas antworten, aber der Anführer schnitt ihm das Wort ab.
»Es ist zur Zeit ziemlich schwierig, den Oberstaabsbootsmann zu erwischen. Er lebt ein ruhiges Leben in den Bergen.«
»Auf welchem Berg denn?« Ich glaubte ihm nicht.
»Einem sehr weit entfernten. Wir können Jimmy etwas ausrichten. Was für ein Problem haben Sie denn?« fragte der Anführer.
Während ich noch zögerte und überlegte, wieviel ich preisgeben konnte, sagte Mariko zwar mit Akzent, aber in überraschend gutem Englisch: »Ich bin das Problem.«
»Nicht schon wieder eine.« Pepsi, der sich ärgerte, daß er zu lange übergangen worden war, setzte sich neben sie. »Sie suchen Ihren Mann, stimmt’s? Hat er sich abgesetzt?«
»Sind Sie verrückt? Ich bin zu jung, um verheiratet zu sein!«
»Wir suchen ihren Großvater. Anfang der fünfziger Jahre war er hier stationiert und hat sich in eine Frau namens Harumi Ozawa verliebt. Er hatte eine Tochter mit ihr, dann ist er zurück nach Amerika«, erklärte ich.
»Arme kleine Kirschblüte«, grinste Pepsi.
»Nimm ein bißchen Rücksicht«, schimpfte der Anführer. »Das Mädchen könnte schließlich auch von dir sein.«
»Unmöglich. Mein Großvater hatte Geld, und er hätte seinen Lebensabend niemals in einer heruntergekommenen Bar verbracht«, sagte Mariko frech.
»Wir wissen nur, daß er in die Staaten zurückgekehrt ist und dort geheiratet hat. Aber er hat Harumi trotzdem weiter unterstützt und sogar nach ihrem Tod noch Geld nach Japan geschickt.«
»Wo liegt dann das Problem?« Der weißhaarige Mann hörte sich ganz vernünftig an.
»Das Problem liegt darin, daß Marikos Tante das einzig lebende Familienmitglied war, das mit ihm Kontakt hatte. Sie ist vor kurzem gestorben, und zwar eines unnatürlichen Todes. Nach ihrer Hochzeit hieß sie Setsuko Nakamura.«
»Das hab’ ich gesehen«, sagte Pepsi. »Ich bin überrascht, daß sie das nicht einem Matrosen angehängt haben. Uns schiebt man nämlich sonst immer die Schuld zu.«
»Okinawa, yeah, das war schon ein irres Ding«, sagte Richard ironisch. Er bezog sich auf die scheußliche Gruppenvergewaltigung eines jungen Schulmädchens durch drei US-Soldaten im Jahr 1995.
»Hey, aufgepaßt!« rief Pepsi. »Das waren Marineinfanteristen, zumindest zwei davon.«
»Wenn Sie vorher noch nie mit Ihrem Großvater gesprochen haben, weshalb wollen Sie jetzt Kontakt mit ihm aufnehmen?« Der weißhaarige Anführer sprach Mariko direkt an. »Selbst wenn Sie seine Enkelin sind, heißt das noch nicht, daß er Ihnen etwas vermacht.«
»Das ist mir egal«, gab Mariko zurück.
»Erzählen Sie mir ein bißchen mehr über Ihren Großvater.« Er blieb erstaunlich geduldig.
»Warum? So, wie Sie uns hier behandeln?« Mariko legte fest die Hand auf Richards Arm.
Es wurde Zeit für mich, einzugreifen. »Ich glaube, wir könnten etwas haben, das uns zu dem Vater führt. Vielleicht ist es eine militärische Seriennummer.«
Die beiden Männer beugten sich über das Adreßbuch, so daß wir ausgeschlossen waren. Als sie wieder aufblickten, sprach der Weißhaarige.
»Das ist keine Seriennummer. Es sind zu viele Ziffern.«
»Sind Sie ganz sicher?« Er hatte mir allen Wind aus den Segeln genommen.
»Seriennummern sind doch Sozialversicherungsnummern. Neun Ziffern. Hier stehen zehn, wenn man die lange Zahl und den Code mitzählt.«
»Sie haben uns sehr geholfen, aber könnten wir jetzt vielleicht Mr. O’Donnell anrufen?«
»Er würde nicht mehr wissen als wir.«
»Aber kümmern sich Oberstaabsbootsmänner denn nicht um ihre Matrosen?« Ich versuchte, ihnen zu schmeicheln. »Wenn ein Matrose seine japanische Freundin liebte, aber nach Hause zurückkehren mußte, hätte er da nicht den Oberstaabsbootsmann um Rat gefragt?«
»So eine große Sache ist das nun auch wieder nicht. Sie sprechen von einer Situation, in die buchstäblich Tausende von Matrosen geraten sind. Wir sind nicht stolz auf sie. Ich jedenfalls bin hiergeblieben und habe mein Mädchen geheiratet«, erzählte Pepsi.
»Ach ja? Wirklich aufopfernd.« Richards Stimme hatte einen gefährlich
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