Die Tote im Maar - Eifel Krimi
Büro, nicht weil ich etwas Dringendes zu erledigen hatte. Ich starrte Löcher in die Luft und hoffte, mir würde eine gute Fee zu Hilfe kommen, die Katharina ankleidete und frisierte. Aber hatte ich nicht gesagt, ich könnte das? Und wahrscheinlich war ich wie immer ziemlich überzeugend gewesen. Man hatte mir von allen Seiten Unterstützung angeboten, die ich ausgeschlagen hatte.
Normalerweise schaffte es eine mir unbekannte Person nicht, dass ich mich unzulänglich fühlte. Die blonde Frau mit ihrem Feuerlippenstift brachte mich jetzt dazu, an mir zu riechen. An meinen Kleidern. Dann machte ich meine Haare auf und schnupperte an den glänzenden dunklen Strähnen. Ich roch nicht nach Tod und hörte auf mit diesen unsinnigen Gedanken. Der Tod war mein Leben. Meine Existenz. Es würde in meinem Institut niemals so anheimelnd und wunderbar riechen wie in einer Konditorei. Und sicher auch nicht derart übertrieben edel wie in dieser Boutique. Maiglöckchen, vermutete ich, und die waren giftig.
Ich fügte den Luftlöchern kein neues hinzu und ging in die Garderobe.
Conny war fort, wir hatten vereinbart, er sollte den Aushub vorbereiten. Katharina würde ihren Platz an Romans Seite finden. Die beiden wären nach langer Zeit wieder vereint. Zumindest im Familiengrab.
Die Trauer würde mich einholen, aber ich bat, dass das nicht ausgerechnet jetzt der Fall sein würde. Isabel, das heulende Elend. Gemächlich waren meine Schritte, als hätte ich gar nicht vor, irgendwo anzukommen, und als ich es schließlich tat, klingelte gerade Galens Handy, und er nahm das Gespräch an.
Ich konnte die Verzweiflung in der kindlichen Stimme sogar noch in einigen Metern Entfernung hören. Fabian. Caramello war immer noch flüchtig – oder bereits rattentot.
»Hilf Fabian suchen«, sagte ich. »Und bitte … du musst ihn davon abhalten, Luise auf alle Zeiten zu verfluchen und Vincent Klee gleich mit.«
»Ich lasse mir etwas einfallen«, versprach er. »Caramello könnte einem guten Zweck dienen. Mal sehen.« Einem guten Zweck, wofür ihm Luise sicher dankbar wäre. Nur konnte ich mir den gerade überhaupt nicht denken. Meine besten Wünsche begleiteten Galen.
»Kommst du zurecht?«, wollte er wissen, und ich versuchte es mit einem Scherz.
»Nackte Frauen sind meine Welt.«
Er strich mir über die Wange. »Na dann.«
Es war etwas völlig anderes, einem fremden Menschen diesen letzten und sehr persönlichen Dienst zu erweisen. Ein leises Stimmchen wies mich auf die fehlenden Jahre hin. Ich hatte Katharina als Kind gekannt, aber das Kind hatte nur ein paar wunderbare einzelne Erinnerungen an seine Mutter. Es müssten viel mehr sein, sagte ich mir.
Vielleicht würde ich mich erinnern, wenn ich den Koffer durchstöberte. Allesamt keine hilfreichen Überlegungen, ich hatte etwas zu erledigen, und ich sollte mich damit beeilen.
Ich war allein im Institut und beschloss, mir musikalische Unterstützung zu holen. Nichts Trauriges, und so wurde es am Ende eine Filmmusik.
Die gute Fee war mir zu Hilfe gekommen. Katharina trug ihr Leinenkleid, und ich seufzte dankbar.
Katharina war in der kurzen Zeit tatsächlich gealtert; es galt nicht, ihre Jugendlichkeit zu bewahren, ich müsste sie zurückholen.
»Du wirst umwerfend aussehen!«, sagte ich, und unvermittelt schossen mir Tränen in die Augen. Ich langte nach der Schachtel Kosmetiktücher und zog eines heraus. Nur trockenen Auges würde ich sehen, was zu tun war.
Meine Hände öffneten die Knöpfe auf der Vorderseite. Man sah nicht viel Haut, weil davon kaum etwas übrig war. Dekolleté, Brust und Bauch waren übersät von einer Vielzahl von Wunden. Meine Finger berührten jede einzelne, malten die Ränder nach.
In meinem Kopf drehte sich etwas, wurde schneller und immer schneller … Wie auf einem Karussell, das sich drehte wie ein Kreisel, versuchte ich mich festzuhalten. Mein Haar löste sich, die Stäbchen landeten auf Katharinas Haut.
Ich sah das Blut aus den Schnitten spritzen, Katharinas Augen öffneten sich. Unsagbarer Schmerz stand in ihrem Gesicht, Entsetzen in ihren Augen. Das Rot troff von meinen Fingern, die eines der schmalen Stäbchen umkrampften. Ich hielt es, als würde ich damit zustechen wollen.
Sie hatte den Blick nicht von mir abgewandt. Ich versank in diesen dunkelblauen Seen.
Meine Mutter starrte mich hilflos an, ihre Lippen bewegten sich. Ich versuchte zu verstehen, was sie mir sagen wollte, doch ich hörte nichts. Keine Stimme. Da war Stille. Es konnte
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