Die Tote im Maar - Eifel Krimi
für Stück heraus.
Und wieder wanderte mein Blick zum Vertiko hinüber. Der Sekundenzeiger der Uhr bewegte sich ganz normal. Johnny stand abwartend da, den Schweif aufgerichtet. Als er sah, dass ich mich nicht mehr komisch benahm, ließ er ihn langsam wieder sinken.
Ich stand auf und streckte mich. Luise würde gleich kommen, dann sollte ich wenn möglich aufgeräumt aussehen und nicht schweißgebadet.
Meine Mutter hat mich geliebt, musste ich denken. Ihr war ich nicht gleichgültig gewesen. Ich wollte glauben, einen Teil der Wahrheit gesehen zu haben, und wollte es doch nicht, denn das hätte bedeutet, dass ich sah, wie sie starb.
Wer war diese andere Person? Für mich war es nur ein Schatten gewesen. In Katharinas Gesicht hatte Entsetzen gestanden.
Wenn ich jetzt weiterdenken würde … Aber das tat ich nicht, ich konnte es nicht.
Da war etwas, das mir schon beim letzten Mal aufgefallen war, aber ich bekam es einfach nicht zu fassen.
Ich nahm ihr Foto auf und erinnerte mich wieder an ihr Lachen. Diese schaurigen Bilder hatten dafür gesorgt, dass ich sie noch einmal lachen hörte.
Ich stellte das Foto zurück, und da sah ich es. Vielleicht zum ersten Mal überhaupt. Ich blickte von einem Foto zum nächsten. Es war ganz deutlich. Warum war es mir vorher nicht aufgefallen?
Es klingelte ziemlich stürmisch, und ich riss mich von Katharinas Gesicht los.
»Ich komme dahinter, und wenn ich dazu in den Spiegel schauen muss«, sagte ich laut.
* * *
Luise hatte sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Isabels Gesicht war tönern, als würde es jeden Moment zerspringen wollen, und nur pure Willenskraft hielt es zusammen.
»Glaub nicht, dass ich zulasse, dass du dich verrückt machst. Glaub nicht, dass ich dich hängen lasse – nur Leichenschauen mag ich nicht. Aber sonst … ich bin da, hörst du?« Sie streckte den Arm mit der Champagnerflasche aus. »Aus dem Hause Sonnenschein«, pries sie ihre Ware an. »Los, sag schon, was ist passiert?«
»Komm mit, sieh es dir an und sag mir, was du denkst. Danach muss ich etwas überprüfen.« Isabel hatte gezögert, als hätte sie gerade eben erst entschieden, sie einzuweihen. Oder sie befürchtete, sie würde ihr vielleicht nicht glauben.
»Wir«, konkretisierte Luise.
»Nein, nicht wir«, sagte Isabel. »Du hast grade betont, Leichenschauen magst du nicht, aber genau darum geht es.«
»Ah«, machte Luise, und ihr Mund wurde schmal.
Isabel schloss die Tür und ging ihr voraus ins Wohnzimmer mit der Ledercouch, die Luise immer schon auffallend scheußlich gefunden hatte. Tierhaut. Dadrauf konnte man doch nicht sitzen, geschweige denn sich wohlfühlen.
Sie setzte sich auch nicht.
Johnny erhob sich von seinem Platz und begrüßte sie, lief einmal um sie herum und stupste sie dann an.
»Was würde er mir sagen wollen, wenn er es könnte? Hattest du wieder … warst du wieder weggetreten?«
»Diesmal hab ich etwas von Bedeutung gesehen.« Isabel schilderte Luise den Inhalt der Bilder.
»Und du konntest nur einen Schatten erkennen? Ich glaube, du weißt, wer dieser Schatten sein könnte, und darum verschließt sich auch jedes Mal dein Geist«, sagte Luise.
Isabel gab ihr darauf keine Antwort.
»Schau dir die Fotos an. Was fällt dir auf?«, bat sie stattdessen.
»Katharina«, sagte Luise. »Voller Lebensfreude und glücklich. Auf diesem zumindest, das andere … Ich weiß nicht, das finde ich nicht ganz so gelungen.«
»Nicht mehr?«, fragte Isabel.
»Manches Mal klappt eine Bildvergrößerung nicht, oder es wird etwas im Fotolabor wegretuschiert. Hier sieht es aus, als wäre genau das passiert.« Luise deutete auf Katharinas linke Wange.
»Du bist die Beste!« Isabel umarmte sie.
»Natürlich, aber ich würde es gern verstehen. Und mach endlich den Champagner auf, sonst wird er noch warm.«
»Ich habe Eiswürfel.«
»Was? Gib sofort die Flasche wieder her!« Luise nahm ihr den Champagner ab und brachte ihn in die Küche, wo er im Eisschrank einen Platz fand. Dort würde er schön kalt bleiben. Auf keinen Fall Eiswürfel. Nicht im Jahrgangs-Champagner.
»Isabel, ich würde mich gern hinsetzen. Dein Sessel ist urgemütlich, wenn etwas draufliegt«, sagte sie, als sie wieder im Wohnzimmer war, mit dem Ergebnis, dass ihr Isabel eine Decke brachte und sie über den Ledersessel warf.
»Das geht.« Luise zog die Stiefel aus und stellte sie beiseite. Ich habe wirklich große Füße, dachte sie.
»Erinnert mich daran, wie Babs Wasser in deine Turnschuhe
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