Die Tote im roten Cadillac
es für eine große Indiskretion halten, mir zu sagen, ob Mister Webster in letzter Zeit einen Hosenbund weiter machen und einen Anzug aufbügeln ließ?«
»Ich will mal sehen«, sagte der Mann und verschwand hinter einem grünen Samtvorhang.
Nach etwa zwei Minuten kam er wieder.
»Nein«, sagte er. »Vor drei Monaten ließ er ein Kleidungsstück bei uns arbeiten. Aus seiner Karteikarte geht jedoch hervor, daß er etwas abgenommen hatte.«
»Vielen Dank. Sicher kennen Sie auch Mister Lermouth, Robby Lermouth. Ist der auch Ihr Kunde?«
»Ja. Wir schmeicheln uns, die manchmal schwer zu erfüllenden und etwas extravaganten Wünsche von Mister Lermouth stets zu seiner Zufriedenheit erfüllt zu haben.«
»Hat er vielleicht einen Anzug reinigen und irgend etwas weiter machen lassen?«
»Einen Augenblick, bitte.« Er kroch wieder hinter den Vorhang und kam schon nach kurzer Zeit kopfschüttelnd zurück.
»Ich kann keine derartige Eintragung finden. Aber vielleicht könnte ich es feststellen, wenn ich das Datum wüßte. Wann soll das denn gewesen sein?«
»Das weiß ich leider auch nicht. Die Polizei hat einen Kassenzettel über fünf Dollar achtzig von Ihnen in der Hand.«
»Fünf Dollar achtzig«, sagte er nachdenklich. »Da wird sich schwer etwas machen lassen. Das sind die normalen Kosten für das Aufbügeln eines Anzugs, und dieser Betrag erscheint in unseren Büchern sehr häufig. Vermutlich haben wir für das Erweitern eines Hosenbundes nichts berechnet, wie wir das bei guten Kunden immer handhaben. Wünschen Sie sonst noch etwas?«
»Ja. Ich möchte soviel Geld haben, um bei Ihnen meine Anzüge arbeiten lassen zu können. Vielen Dank für Ihre Mühe.«
Ich verließ das Geschäft. Viel war es zwar nicht, was ich hier herausgebracht hatte, aber immerhin stammte dieser Zettel nicht von Olivia selber, so daß mir die Polizei damit nichts am Zeug flicken konnte. Ein wenig beruhigte mich das schon, und ich fuhr, vergnügt vor mich hin pfeifend, weiter nach Hollywood.
Unterwegs hielt ich bei einem Schlosser, den ich gut kannte, und gab ihm den Auftrag, mir so rasch wie möglich ein neues Sicherheitsschloß in meine Tür zu bauen. Er versprach es für den nächsten Tag, und ich setzte meinen Weg fort.
Camillo’s Inn war noch vor zwei Jahren nichts anderes als ein ganz gewöhnlicher Drugstore gewesen. Erst als Laurel Stainwood, der berühmte Filmstar, auf die Idee gekommen war, sich hier jeden Abend sternhagelvoll zu saufen, war diese Quetsche berühmt geworden. Nun war es ein sonderbares Mittelding: kein echter Drugstore mehr, aber auch kein richtiges Lokal, und Laurel Stainwood hatte, nachdem er im Suff mit seinen Freunden die Ladeneinrichtung einige Male völlig zertrümmert hatte, seine Tätigkeit in ein anderes Lokal verlegt.
Ich fand keinen Parkplatz, sah aber Eddies bunten Chevrolet nicht weit vom Eingang stehen. Ich mußte um den ganzen Block herumfahren, bis ich eine Lücke für meinen Wagen fand.
Als ich das Lokal betrat, war es sechs Minuten vor drei Uhr. Ich warf einen raschen Blick um mich und sah Eddie, der diesmal einen unauffälligen grauen Anzug trug, etwas abseits hinter einem Kleiderständer sitzen. Er las in einer Zeitung und blickte nicht auf, als ich an ihm vorbeiging.
Ich setzte mich an die Bar und bestellte einen Whisky mit viel Soda. Ich hatte Durst und trank ihn ziemlich rasch aus.
Um zehn nach drei hatte ich bereits vier Whiskys getrunken. Als ich gerade den nächsten bestellte, wurde es neben mir wieder einmal ganz hell.
»So ein Zufall!« rief sie erfreut. »Sie hier? Als ob wir uns hier verabredet hätten. Warten Sie auf jemand?«
»Ja«, sagte ich.
»Oh! Dann störe ich vielleicht?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, vorerst noch nicht. Nur — es handelt sich um eine geschäftliche Angelegenheit, und wenn mein Bekannter kommt, dann...«
Sie nickte verständnisvoll.
»Ich weiß schon. Ich möchte sowieso nicht lange bleiben.«
Sie bestellte sich den üblichen Gin, und das erinnerte mich an einen anderen Gintrinker.
»Sie kennen doch Eddie C. Carson?«
»Ja, natürlich. Ich lernte ihn kennen, als er Grace heiratete. Ab und zu sehe ich ihn noch im Tennisclub. Übrigens war er gestern abend ja auch auf der Anderson-Party. Haben Sie ihn nicht gesehen?«
»Doch, klar. Was halten Sie übrigens von ihm?«
Sie lachte ein wenig.
»So genau kenne ich ihn wieder nicht. Ich glaube aber, daß er ein ganz gerissener Geschäftsmann ist.«
»Hm — den Eindruck hatte ich
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