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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Assistent wischte mit einem nassen Handtuch Blut von Davilas Gesicht, auf eine Art, daß dieser geschrien hätte, wäre er noch am Leben gewesen. Marino bemerkte nicht, daß ich ihn beobachtete, und einen Augenblick lang trat seine Verletzlichkeit zutage. Ich sah die Verwüstungen in seinem Gesicht und das Gewicht, das auf seinen Schultern lastete.
    »Und auch Benny war in diesem Tunnel«, sagte ich. »Er hat den Rucksack entweder vom Tatort, oder er wurde auf seiner Decke abgestellt, wie er behauptet.«
    »Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, daß er einfach so auf seiner Decke stand«, sagte Maier.
    »Warum nicht?« fragte ihn Commander Penn.. »Warum hätte Gault ihn von Cherry Hill mitnehmen sollen? Warum hätte er ihn nicht zurücklassen und sich davonmachen sollen?«
    »Vielleicht war irgend etwas darin«, sagte ich.
    »Zum Beispiel?« fragte Marino.
    »Zum Beispiel irgend etwas, womit man sie hätte identifizieren können«, sagte ich. »Das wollte er vermeiden, und deshalb mußte er ihre Habe durchsuchen.«
    »Das könnte sein«, sagte Commander Penn. »Wir haben jedenfalls nichts gefunden, was sie identifizieren würde.«
    »Aber in der Vergangenheit war es Gault gleichgültig, ob wir seine Opfer identifizierten oder nicht«, sagte ich. »Warum sollte er es jetzt verhindern wollen? Ausgerechnet bei dieser kranken, obdachlosen Frau?«
    Commander Penn schien mich nicht zu hören, und niemand anders antwortete. Die Ärzte hatten damit begonnen, Davila auszuziehen, und der leistete Widerstand. Er hielt seine steifen Arme über der Brust verschränkt, als würde er Football spielen und Schläge abwehren. Es kostete die Ärzte große Anstrengung, ihm die Arme aus dem Pullover und diesen ihm über den Kopf zu ziehen. Plötzlich ging ein Piepser los. Wir griffen unwillkürlich an unsere Gürtel und starrten dann zu Davilas Tisch, während es weiter piepste.
    »Es ist nicht meiner«, sagte einer der Ärzte.
    »Verdammt«, sagte der andere. »Es ist seiner.«
    Ich fröstelte, als er den Piepser aus Davilas Gürtel zog. Niemand sagte ein Wort. Wir konnten den Blick nicht abwenden von Tisch fünf und Commander Penn, die hinging, weil er ihr Officer gewesen war und gerade jemand versuchte, ihn zu erreichen. Der Arzt gab ihr den Piepser, und sie hielt ihn hoch, um die Anzeige zu lesen. Sie wurde blaß. Ich sah, daß sie schluckte.
    »Es ist ein Code«, sagte sie.
    Weder sie noch der Arzt hatten daran gedacht, den Piepser nicht zu berühren. Sie hatten vergessen, daß er als Beweismittel dienen konnte.
    »Ein Code?« Maier blickte verständnislos drein.
    »Ein Polizeicode.« Ihre Stimme klang angespannt vor Wut. »Zehn-Strichsieben.«
    Zehn-Strichsieben bedeutete Ende der Schicht.
    »Verdammt«, sagte Maier.
    Marino machte unwillkürlich einen Schritt, als wolle er jemanden verfolgen. Aber es war niemand da, den er hätte verfolgen können.
    »Gault«, sagte er ungläubig. Er hob die Stimme. »Der Dreckskerl muß seine Piepsernummer herausgefunden haben, nachdem er ihm in der Subway das Hirn herausgeblasen hat. Versteht ihr, was das heißt?« Er starrte uns an. »Es heißt, daß er uns beobachtet. Er weiß, daß wir hier sind.« Maier sah sich um.
    »Wir wissen nicht, wer die Botschaft geschickt hat«, sagte der Arzt, der höchst beunruhigt wirkte.
    Aber ich wußte es. Ohne jeden Zweifel.
    »Wenn es wirklich Gault ist, muß er gar nicht sehen, was hier vor sich geht, er kann es sich denken«, sagte Maier. »Er weiß, daß die Leiche hierhergebracht wurde und daß wir hier sein würden.«
    »Er ist irgendwo, wo es ein Telefon gibt.« Marino blickte sich wütend um. Er konnte nicht still stehen.
    »Lassen Sie es durchgeben, an alle Einheiten«, sagte Commander Penn zu Maier.
    Maier zog die Handschuhe aus und warf sie voll Zorn in einen Abfalleimer, bevor er aus dem Raum rannte.
    »Legen Sie den Piepser in eine Tüte. Er muß auf Fingerabdrücke untersucht werden«, sagte ich. »Ich weiß, daß Sie ihn berührt haben, aber wir können es trotzdem versuchen. Deswegen war seine Jacke offen.«
    »Hm?« Marino schien verblüfft.
    »Davilas Jacke war offen, und dafür lag kein Grund vor.«
    »Doch, es gab einen Grund. Gault wollte an Davilas Waffe.«
    »Es war nicht notwendig, deswegen den Reißverschluß der Jacke aufzuziehen. Sie hat einen Schlitz über dem Holster. Ich glaube, Gault hat den Reißverschluß aufgemacht, um an Davilas Piepser zu kommen. Und dort hat er seine Nummer abgelesen.«
    Die Ärzte hatten sich wieder der

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