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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Dank.«
    Sie sah mich unsicher an. »Übrigens ist Ihre Nichte vor einer halben Stunden hier gewesen.« »Wohin wollte sie?«
    Sie zeigte auf die Glastür, die von der Lobby ins Innere des Gebäudes führte, und drückte auf einen Knopf, bevor ich Zeit hatte, die Tür mit meiner Karte zu öffnen. Lucy konnte unterwegs gewesen sein zum PX-Laden, zur Poststelle, zum Aufenthaltsraum, zur ERF oder zu ihrem Zimmer, das sich ebenfalls in diesem Gebäude, wenn auch in einem anderen Trakt befand.
    Ich überlegte, wo meine Nichte sich um diese Tageszeit aufhalten könnte, und fand sie schließlich, wo ich sie überhaupt nicht vermutete, nämlich in meiner Suite.
    »Lucy!« rief ich, als ich die Tür öffnete und sie mir gegenüberstand. »Wie bist du hereingekommen?«
    »Auf die gleiche Weise wie du«, sagte sie nicht allzu herzlich. »Ich habe einen Schlüssel.«
    Ich trug meine Tasche in das Wohnzimmer. »Wie das?« Ich sah ihr ins Gesicht.
    »Mein Schlafzimmer ist auf der Seite, deins auf der anderen.«
    Im Sicherheitsstockwerk wurden wichtige Zeugen, Agenten und alle anderen Personen untergebracht, die, auf Beschluß des Justizministeriums, besonders geschützt werden mußten. Um in die Zimmer zu gelangen, mußte man durch zwei Türen, wobei man durch die erste nur kam, wenn man auf einer Tastatur einen Code eingab, der ständig verändert wurde. Für die zweite brauchte man eine der Karten mit Magne tstreifen, die ebenfalls regelmäßig ausgetauscht wurden. Ich vermutete, daß die Telefone überwacht wurden.
    Vor über einem Jahr war mir diese Suite zugewiesen worden, denn Gault war nicht die einzige Sorge in meinem Leben. Ich war erstaunt, daß jetzt auch Lucy hier wohnte.
    »Ich dachte, du wohnst im Washington«, sagte ich.
    Sie setzte sich. »Habe ich auch«, sagte sie. »Bis heute nachmittag. Jetzt bin ich hier untergebracht.«
    Ich setzte mich auf die Couch ihr gegenüber. In einer Vase waren Seidenblumen arrangiert, hinter dem Fenster erstreckte sich der weite blaue Himmel. Meine Nichte trug eine Jogginghose, Joggingschuhe und ein dunkles FBI-Sweatshirt mit Kapuze. Sie hatte kurzes braunes Haar, ein klares Gesicht, das makellos war bis auf die Narbe auf ihrer Stirn. Lucy wollte demnächst ihr Studium an der Universität von Virginia abschließen. Sie war schön und brillant, und unser Verhältnis war stets von Extremen bestimmt.
    »Bist du hier, weil ich hier bin?« Ich versuchte noch immer, mir einen Reim auf die Sache zu machen. »Nein.«
    »Du hast mich nicht umarmt, als ich hereinkam.« Es fiel mir ein, als ich aufstand. Ich küßte Lucy auf die Wange, und sie erstarrte und wandte sich sofort ab. »Du hast geraucht.« Ich setzte mich wieder.
    »Wer hat das gesagt?«
    »Das braucht mir niemand zu sagen. Ich rieche es an deinem Haar.«
    »Du hast mich umarmt, weil du wissen wolltest, ob ich nach Zigarettenrauch rieche.«
    »Und du hast mich nicht umarmt, weil du weißt, daß du nach Rauch riechst.«
    »Nörgel nicht an mir herum.«
    »Das tue ich nicht«, sagte ich.
    »Das tust du sehr wohl. Du bist schlimmer als Großmutter. «
    »Die im Krankenhaus liegt, weil sie geraucht hat«, sagte ich und hielt dem Blick aus ihren grünen Augen stand.
    »Da du mein Geheimnis kennst, kann ich mir ja eine anzünden.«
    »Das ist ein Nichtraucherzimmer. Recht besehen, ist hier überhaupt nichts erlaubt«, sagte ich.
    »Nichts?« Sie zuckte nicht mit der Wimper.
    »Überhaupt nichts.«
    »Du trinkst Kaffee. Ich weiß es. Als wir mal miteinander telefonierten, habe ich gehört, wie du ihn in der Mikrowelle aufgewärmt hast.«
    »Gegen Kaffee ist nichts einzuwenden.«
    »Du hast gesagt, überhaupt keine Suchtmittel. Für viele Menschen auf diesem Planeten ist Kaffee ein Suchtmittel. Ich wette, du trinkst hier drin auch Alkohol.«
    »Lucy, bitte, rauch nicht.«
    Sie holte eine Schachtel Mentholzigaretten aus der Tasche. »Ich gehe raus«, sagte sie.
    Ich machte das Fenster auf, damit sie rauchen konnte, und mochte nicht glauben, daß sie sich etwas angewöhnt hatte, das aufzugeben mich Schweiß und Tränen gekostet hatte. Lucy war athletisch und absolut fit. Ich sagte ihr, daß ich es nicht verstünde.
    »Ich liebäugle nur damit. Ich rauche nicht viel.« »Wer hat dich in meiner Suite untergebracht? Laß uns darüber reden«, sagte ich, während sie drauflos paffte. »Sie haben mich hier untergebracht.« »Wer sind sie?«
    »Offensichtlich kam die Anweisung von ganz oben.« »Burgess?« Das war der stellvertretende Direktor der

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