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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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so was gelesen, daß man gelöschte Sachen wieder holen kann.«
    Mein Kumpel wachte auf. »Klar, das kann man. Meistens jedenfalls.«
    »Könntest du mal gucken, ob es so etwas hier auch gibt?«
    »No Problem«, sagte Manni großspurig und begann wieder, irgendwas einzutippen. Ich fragte mich, warum ich als Laie auf so eine Möglichkeit kommen mußte und sie nicht von ihm, dem sogenannten Experten, kam.
    Manni machte weiter an dem Computer herum, und ich stand daneben, ohne auch nur das geringste zu verstehen. Schließlich gab mein Berater Laute ab, die wie »Aha« oder »Sieh mal an« klangen.
    »Wir haben was«, sagte er schließlich und zeigte auf eine Liste mit drei Zeilen. »Drei gelöschte Dateien, zwei wahrscheinlich nicht zurückzuholen, eine schon.«
    »Dann zeig mir die mal.«
    Das Telefon, das sich direkt neben dem Computer auf dem Schreibtisch befand, klingelte.
    »Rott.«
    »Mallberg hier.«
    Es war eine Männerstimme.
    »Guten Tag, Herr Mallberg.«
    »Ich sage es Ihnen klipp und klar und nur ein einziges Mal: Ich möchte nicht, daß Sie im Auftrag meiner Frau Ermittlungen anstellen. Meine Frau ist sehr mitgenommen von diesem schrecklichen Ereignis, und das sollten Sie respektieren. Sie regen sie nur unnötig auf.«
    Manni fummelte neben mir weiter auf der Tastatur herum.
    »Das tut mir sehr leid, Herr Mallberg, aber Ihre Frau hat mich engagiert, Ihre Frau hat mir für drei Tage Honorar bezahlt, und nur sie kann mich auch wieder entlassen.«
    »Und ich kann mir verbitten, daß Sie sich in unser Privatleben mischen, Herr Rott.«
    Die Tonlage seiner Stimme hatte sich etwas erhöht - genau wie die Lautstärke. Manni guckte überrascht. Er konnte offenbar jedes Wort, das Mallberg sagte, verstehen.
    »Ich mische mich nicht in Ihr Privatleben. Im übrigen verstehe ich gar nicht, was Sie haben. Schließlich können meine Untersuchungen ja nur in Ihrem Interesse sein.«
    »Was soll das heißen? Die polizeiliche Untersuchung hat zweifelsfrei ergeben, daß es Selbstmord war. Reicht das nicht?«
    »Ich glaube, die polizeiliche Untersuchung hat so manches überhaupt nicht ergeben, was mir seit gestern praktisch in den Schoß gefallen ist.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Seine Stimme wurde schlagartig ruhiger. Ich hatte ihn neugierig gemacht.
    Manni deutete auf den Bildschirm. »Eine Art Brief«, flüsterte er.
    »Ich schlage vor, daß ich Ihnen das persönlich erzähle«, erklärte ich und sah auf den Monitor. Jetzt war ein Dokument offen, bei dem es sich nicht um einen der Romane handelte.
    »Ich kann mit Ihnen nicht meine Zeit verplempern, Herr Rott«, tönte es aus dem Hörer.
    »Dann tut es mir leid«, erklärte ich und überflog die Zeilen.
    »Na gut. Wie wäre es mit der Hardtanlage? Im Botanischen Garten? Am Elisenturm? Genauer gesagt: dort, wo sich der Milchstern befindet. Ornithogalum pyrenaium. Sie sind doch gebildet. Sagen wir um elf?«
    »Warum nicht? Alles klar, Herr Mallberg. Um elf.«
    Wir legten auf.
    Ich las das Schriftstück von vorne bis hinten. Manni tat das gleiche.
    »O Mann. Das ist ‘ne Story«, staunte er.
    *
    Ich ließ für die Katze das Bürofenster angelehnt und machte mich auf den Weg zur Schwebebahnhaltestelle Ohligsmühle.
    Es dauerte nur ein paar Minuten, dann kroch die hängende orangefarbene Raupe heran, stoppte und begann mit dem sanften Schaukeln, das mich schon als Kind fasziniert hatte. Die Türen öffneten sich, und ich bestieg das sicherste Verkehrsmittel der Welt, dessen Ruf seit dem Unglück vor ein paar Monaten allerdings ein wenig angekratzt war. Die Schwebebahn war auf ein von Bauarbeitern zurückgelassenes Werkzeug gefahren und abgestürzt.
    Ich suchte mir einen Platz und genoß trotzdem die Fahrt, die mich schon seit Kindertagen an eine Fahrt im Zeppelin erinnerte.
    Wie profan ist dagegen doch eine normale Straßenbahn! Und aus dem Schwebebahnwaggon heraus sieht man auch die häßliche Stahlkonstruktion mit ihren schrägen Eisenträgern kaum, die sich wie ein riesiger Tausendfüßler durch die Stadt schlängelt. Am interessantesten wird die Fahrt an den Stellen, wo der Weg nicht der Wupper folgt, sondern über Straßen und sogar über ein Autobahnkreuz geht. Am besten gefällt es mir in der Kaiserstraße in Vohwinkel, wo man den Leuten im ersten Stock in die Wohnzimmer gucken kann. Diese Strecke hatte ich jetzt jedoch nicht vor mir.
    Ich verließ das Wuppertaler Traditionsgefährt an der Haltestelle Landgericht, ging hinüber zur Georg-Abeler-Treppe und quälte mich die

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