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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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nicht, daß Regina offiziell gar kein Handy besaß. Vielleicht ließ sich das ausbauen.
    Aber jetzt war es erst einmal an der Zeit, den - wie es in Fachkreisen heißt - Tatort unter die Lupe zu nehmen.

8. Kapitel
    Auf dem Rückweg kam ich am Bahnhof vorbei, wo es ein sogenanntes »Kunden-Center« gibt - unter anderem Verteilstation für allerlei Prospekte über das Wuppertaler Kulturleben. Nach kurzem Suchen fand ich ein dickes, rötliches Buch: das Jahresprogramm der Stadthalle. Zufrieden machte ich mich auf den Heimweg. Als ich die Haustür öffnete, stand Krause vor mir.
    Erschrocken zuckte er zusammen und drängte sich an mir vorbei. Unter dem rechten Arm trug er einen Pappkarton. Plötzlich war ein dumpfes Miauen zu hören. In mir gingen sämtliche Alarmglocken los.
    Ziemlich fix für sein Alter eilte Krause die Kasinostraße hinunter in Richtung Wupper.
    »He, Moment mal«, rief ich, doch Krause schlug einen flotten Laufschritt an. Am Kreisverkehr zwischen Neumarkt- und Friedrich-Ebert-Straße gewann er einen beträchtlichen Vorsprung, weil der Verkehr schlagartig so dicht wurde, daß ich nicht hinüberkam.
    Nach einigen Sekunden, in denen mein Vermieter weiter in Richtung Mäuerchen hastete, setzte ich praktisch mein Leben aufs Spiel.
    Bremsen quietschten, ein Hupkonzert ertönte.
    Dann begann ich zu rennen. Das klägliche Maunzen der Katze tönte mir in den Ohren, und es kam mir vor, als würde ich die verzweifelten Hilferufe des eingesperrten Tieres über die zweihundert Meter hinweg hören, die zwischen uns lagen.
    Ich lief so schnell ich konnte die Schloßbleiche entlang und sah Krause auf dem Bismarcksteg stehen. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als ich die schmale Brücke über den Fluß erreichte. Krause hatte den Karton mit beiden Händen gepackt. Zehn Meter tiefer floß die Wupper. Bevor er losließ, war ich bei ihm.
    Ich riß seine Arme zurück. Der Karton fiel zu Boden. Die Katze sprang voller Panik heraus und rannte in Richtung Islandufer. Ich hoffte, daß sie auf ihrer Flucht nicht unter ein Auto geriet.
    Wenn ich auch an der Polizeischule nicht aufgenommen worden war, so beherrsche ich doch so manches kriminaltechnische Handwerkszeug. Zum Beispiel den Polizeigriff. Ich drehte Krauses rechten Arm auf den Rücken. Er schrie auf. Dann versetzte ich ihm voller Wut einen Tritt in den Allerwertesten. Er fiel der Länge nach aufs Gesicht und blieb liegen.
    Ich sah mich um. Von der Katze war nichts mehr zu sehen. Passanten waren mittlerweile auf uns aufmerksam geworden. Ein paar Jugendliche stießen sich gegenseitig an und deuteten grinsend herüber. Eine Frau, die anscheinend gerade vom Einkäufen kam, stellte ihre vollgepackten Plastiktüten auf der Straße ab und schaute besorgt.
    »Lassen Sie den Mann los«, rief ein Mann, obwohl ich Krause schon längst nicht mehr festhielt, und ein anderer verschwand eilig in einem der Geschäfte. Wahrscheinlich rief er die Polizei. Niemand wagte, den schmalen Steg zu betreten.
    »Aua - jetzt haben Sie mir sämtliche Rippen gebrochen«, jammerte Krause von unten.
    »Hoffentlich«, sagte ich und hob den Karton auf. »Verdammter Tierquäler!«
    Krause setzte sich langsam auf und rieb sich den Arm. Er konnte ihn normal bewegen. Ich hatte ihn offenbar nicht ausgekugelt.
    Ich kümmerte mich nicht weiter um ihn, ging hinüber zum Islandufer und versuchte die Katze zu finden. Ohne Erfolg. Als ich zurückkam, war Krause wieder auf den Beinen. Zitternd hielt er sich am Geländer fest und blickte hinunter in den Fluß.
    Mittlerweile hatten sich ein paar Helfer eingefunden. Es war ein älteres Ehepaar. Die Frau sprach beruhigend auf Krause ein. Der Mann - ein rüstiger Mensch um die sechzig - blickte mich giftig an.
    »Sie, das gibt eine Anzeige wegen Körperverletzung«, rief er mir zu.
    »Und das gibt eine wegen Tierquälerei«, antwortete ich und hielt ihnen den Karton hin.
    »Tierhaltung ist in den Wohnungen grundsätzlich untersagt«, keuchte Krause schwach. »Keiner sagt was, wenn einer die Hausordnung mißachtet. Aber wenn man das Ungeziefer dann beseitigen will, dann fallen sie über einen her.«
    Nun fiel auch bei den beiden Helfern der Groschen. Sie wußten nicht mehr so recht, an wen sie ihre bösen Blicke schicken sollten, und zogen sich dezent zurück.
    »Kommen Sie«, sagte ich nur und nahm Krause am Arm. In der Ferne ertönte eine Polizeisirene. Niemand hielt uns auf?
    Auf dem Rückweg jammerte er nur unverständliches Zeug vor sich hin. Am Kolpingdenkmal

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