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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Hemd liegt zusammen mit meiner Leibwäsche im Wäschekorb. Es ist kein Blut darauf, falls Sie danach suchen.«
    »Und das Messer?«, fragte Narraway. Es klang völlig gleichmütig, doch seine Nacken- und Kiefermuskeln waren angespannt.
    »Woher soll ich das wissen?«, fragte ihn Sorokine. »Ich habe meine Frau nicht umgebracht.«
    Er sah fragend zu Pitt hin. »Glauben Sie, sie hat … etwas davon … mitbekommen? Hat sie gelitten?«
    Narraway sog die Luft ein und stieß sie dann wieder aus.
    »Nein«, sagte Pitt. »Sie hat sich gewehrt, aber es sieht ganz so aus, als habe der Schnitt durch die Kehle sie getötet.«
    Sorokine zuckte zusammen.
    »Sie hat gestern den Dienstboten Fragen gestellt«, fuhr Narraway fort. »Hat sie Ihnen gesagt, welche Antworten sie bekommen hat?«
    Sorokine sah verwirrt drein. »Ich weiß davon nichts. Beim Abendessen hat sie Cahoon gegenüber eine ganze Reihe von Anspielungen gemacht, als ob sie sicher sei, dass er sie verstehen
müsse.« Seine Stimme hob sich ein wenig, als koste es ihn Mühe zu sprechen. »Soll das heißen, dass man sie deswegen umgebracht hat? War sie dahintergekommen, wer die Frau in der Wäschekammer getötet hat?« Er setzte sich aufrechter hin.
    »Können Sie sich einen anderen Grund denken?«, fragte Narraway.
    Sorokine zögerte nur ganz kurz. »Nein.« Auf seinem Gesicht lag Kummer, keine Qual, wohl aber ein tiefer stummer Schmerz.
    Pitt sah ihn an. Ihm ging durch den Kopf, falls dieser Mann wirklich verrückt war, müsste es sich um eine Art unsichtbarer Geistesgestörheit handeln, die an keiner Stelle nach außen trat. Allem Anschein nach hatten sie es mit einem vernünftigen, ja, sogar anständigen Menschen zu tun. Wie sollte man da die Wahrheit erfahren? Auf welche Weise konnte man sich vor diesem mörderischen Irresein schützen, das sich hinter einem Lächeln verbergen ließ, sogar gegenüber dem besten Freund?
    »Suchen Sie im Ankleidezimmer nach dem Messer«, gebot Narraway. »Und nach Kleidungsstücken mit Spuren von Blut oder Tränen.« Er blieb stehen und sah zu Sorokine hin, der nach wie vor auf dem Bett saß. Sie konnten es sich nicht leisten, ihm den Rücken zuzukehren, wie gelassen auch immer er wirken mochte.
    Auch nach einer geschlagenen Stunde des Suchens hatten sie nichts gefunden, was auf irgendeine Art von Gewalttätigkeit hinwies. Wie es aussah, musste man annehmen, dass er mit Minnie gekämpft, ihr die Kehle durchgeschnitten und den Unterleib aufgeschlitzt hatte, ohne auch nur einen Tropfen Blut auf seine Hemdärmel zu bekommen. Im Kamin gab es keine Asche, die einen Hinweis darauf hätte liefern können, dass etwas verbrannt worden war.
    »Er muss sich vollständig nackt ausgezogen haben, bevor er in ihr Zimmer gegangen ist«, sagte Narraway, als sie wieder miteinander allein im Gang waren, müde und niedergeschlagen. »Das aber scheint außergewöhnlich planvoll – und alles andere als geisteskrank.«

    »Oder er war es nicht«, stellte Pitt fest.
    Narraway kaute auf seiner Lippe herum. »Die Sache sieht nach wie vor äußerst verzwickt aus«, sagte er kaum hörbar. »Ganz gleich, was dabei herauskommt, wir müssen auf Geisteskrankheit plädieren und dafür sorgen, dass der Betreffende ohne Ansehen der Person unauffällig weggeschlossen wird.« Mit einem Mal war seine Stimme voll Leidenschaft, und es schwang auch Sorge darin. »So oder so – wir müssen erst einmal den richtigen Mann finden. Ganz von der Ungerechtigkeit abgesehen, die es bedeuten würde, den falschen auf Lebenszeit einzusperren, wäre es viel zu gefährlich, den wahren Täter weiter frei herumlaufen zu lassen.«
     
    Elsa Dunkeld war entsetzt und voll Mitleid: ein junger Mensch so sinnlos aus dem Leben gerissen! Reglos saß sie auf dem Bett. Sie fühlte sich elend, obwohl sie Minnie nie richtig hatte leiden können. Von Anfang an hatte ihre Beziehung unter keinem guten Stern gestanden, denn zumindest auf gesellschaftlicher Ebene hatte sie Minnies verstorbene Mutter ersetzen müssen, wenn schon nicht in Cahoons Herzen. Nicht, dass er je von seiner ersten Frau gesprochen oder gar Vergleiche angestellt oder auch nur erkennbar um sie getrauert hätte. Wenn sie es recht bedachte, hätte es ihr gleich sonderbar vorkommen müssen, doch war sie damals so sehr von seiner Persönlichkeit, dem Ansturm seiner Gefühle geblendet gewesen und hatte sich geschmeichelt gefühlt, dass er sie begehrte. Doch wie rasch war er ihrer nach diesem Anfang überdrüssig geworden!
    Minnie hatte das

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