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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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fortzufahren. Er wich Lilianes besorgtem Blick betont aus.
    Niemand genoss die Mahlzeit. Da erstmals für nur sechs Personen gedeckt war, fiel Julius’ und Minnies Abwesenheit besonders auf. Die Damen hatten auf jeglichen Schmuck verzichtet und trugen die gedecktesten Kleider, die sie in ihrer Garderobe finden konnten. Immer wieder stockte das gekünstelte Tischgespräch, bis Dunkeld schließlich fragte: »Hat jemand den Holzkopf von Polizisten gesehen?«
    Niemand antwortete ihm. Simnel schüttelte den Kopf, während er mit vollem Mund kaute.
    »Bis morgen soll die Sache vorbei sein«, fuhr Dunkeld fort. »Ich habe keine Ahnung, warum das nicht heute schon möglich war.«
    »Können wir dann alle gehen?«, fragte Olga und sah von einem zum anderen.
    Hamilton Quase lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und sah Dunkeld mit tiefem Ernst an.
    »Nein«, gab dieser knapp zurück. »Der Lauf der Geschichte lässt sich nicht durch den Tod Einzelner aufhalten. Wenn das selbst für Könige und Königinnen gilt, dann auch für die Menschen, die wir lieben. Ich werde die Verhandlungen mit Seiner Königlichen Hoheit zu Ende führen. Besonders lange wird das nicht mehr dauern. Danach können wir alle gehen. Selbstverständlich müssen wir einen fähigen Diplomaten finden, der an Julius’ Stelle tritt.«
    »Es geht also alles weiter wie gewohnt«, sagte Elsa kalt. »Warum sollte sich auch einer Bahnlinie etwas so Banales wie Tod oder Verdammnis in den Weg stellen?«
    »Du hast genug Wein getrunken, Elsa«, sagte Dunkeld, ohne sie anzusehen. »Er bekommt dir nicht.«

    »Hat Julius zugegeben, dass er Minnie getötet hat?«, fragte Hamilton Quase und setzte sich wieder aufrecht hin. »Ich war der Ansicht, dass er nicht gestanden hat und der Polizist deshalb immer noch herumzieht und Fragen stellt. Er soll heute wieder einmal den Prinzen und die Prinzessin aufgesucht haben.«
    Dunkeld saß reglos da. Seine Hand umschloss den Stiel seines Weinglases so fest, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. »Das wäre möglich«, sagte er mit fast erstickter Stimme und räusperte sich, um die Spannung abzubauen. »Der Mann verfolgt dieselben Spuren wie Minnie, nur viel zu spät. Er soll dafür in der Hölle schmoren!«
    »Ach, hat Minnie Spuren verfolgt?«, fragte Simnel scharf.
    »Stell dich nicht so dumm!«, fuhr ihn Dunkeld an. »Wenn sie nicht entdeckt hätte, auf welche Weise die Hure zu Tode gekommen ist, hätte Julius sie nicht ebenfalls umgebracht! Das hat sogar der Hornochse Pitt begriffen!«
    »Was für Spuren?« Die Worte waren Elsa entschlüpft, bevor sie die möglichen Folgen bedacht hatte. Jetzt war es zu spät.
    Dunkeld drehte sich zu ihr um und sah sie an. Es sah so aus, als wolle er ihr eine abschätzige oder herabsetzende Antwort geben, doch dann überlegte er es sich anders. »Es scheint da um Laken mit dem Monogramm der Königin, zerbrochenes Porzellan und Unmengen von Blut gegangen zu sein.«
    Die anderen erstarrten, hielten mit der Gabel oder mit dem Weinglas auf halbem Wege zum Mund inne. Liliane gab einen Laut von sich, der halb wie ein Seufzer und halb wie ein Keuchen klang. Hamilton Quase legte sein Besteck langsam auf den Tellerrand.
    Elsa wartete. Dunkelds Gesicht zeigte ihr, dass er im Begriff stand, zu sagen, was er wusste. »Allem Anschein nach ist etwas zu Bruch gegangen«, begann er. »Ein bestimmter Gegenstand aus Limoges-Porzellan. Die Dienstboten hatten die Reste zusammengekehrt und fortgebracht …«
    »Und wo war das?«, erkundigte sich Quase. »Doch nicht etwa in der Wäschekammer?«

    Elsa spürte, wie in ihr ein hysterisches Lachen aufstieg, und sie legte die Hand auf den Mund, um es zu unterdrücken.
    Simnel beugte sich vor. »Stammte das etwa aus Julius’ Zimmer, und Minnie wusste davon? Warum aber mussten es dann die Dienstboten beiseiteschaffen?«
    Ein Muskel an Dunkelds Kiefer zuckte bedrohlich. »Natürlich war das nicht aus Julius’ Zimmer. Es könnte sein, dass man Sadie entweder im Privatgemach der Königin umgebracht hat oder …«
    »Was?«, brach es aus Simnel heraus.
    Lilianes Gabel klirrte auf den Teller.
    Olga stieß einen Schrei aus, der mittendrin abbrach. Es war nicht klar, welches Gefühl sie damit ausdrückte.
    »Ihre Majestät befindet sich auf der Isle of Wight«, gab Dunkeld zu bedenken. »Es dürfte Julius also nicht schwergefallen sein, die arme Frau in die Gemächer zu schleppen …«
    »Aber wozu?«, ließ Quase nicht locker. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
    »Ein Herr

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