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Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tote von Charlottenburg: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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brachte ihm trotz der späten Stunde einen Kaffee. »Echter, kein Muckefuck!   – Endlich habt ihr offen gesprochen, das ist gut«, sagte sie mit Nachdruck.
    »Ich habe es falsch angefangen, ihr Vorwürfe gemacht.« Dann blickte er plötzlich auf, erinnerte sich an Ilses Worte, die er vorhin kaum beachtet hatte.
So wie Clara. Sie versteht mich.
»Hast du es etwa gewusst?«
    Clara nickte. »Sie hat mich darum gebeten, es vorerst für mich zu behalten.«
    Leo stellte die Tasse so fest auf den Tisch, dass der Kaffee überschwappte. Dann stand er auf.
    »Leo, bitte bleib hier. Ich will mit dir reden.«
    »Mir ist nicht nach Reden«, sagte er leise und ging.

20
     
    DIENSTAG, 6.   NOVEMBER 1923
    Leo wartete, bis Ilse das Haus verlassen hatte, bevor er frühstückte. Die Kinder wirkten bedrückt, doch er erwähnte die Auseinandersetzung nicht.
    Dann holte er seine goldene Uhr und legte sie auf den Esstisch. Georg sah ihn fragend an.
    »Die gibst du Tante Ilse, wenn sie von der Arbeit kommt. Sie soll sie verkaufen und dir von dem Geld Winterschuhe besorgen. Vielleicht reicht es auch noch für einen Mantel für Marie.«
    Noch vor kurzem wäre es ihm unangenehm gewesen, seinem Sohn ihre wirtschaftliche Not einzugestehen, doch für Stolz war jetzt kein Platz.
    »Der Arthur Willumeit hat gesagt, du wärst knorke«, sagte Georg unvermittelt.
    Leo ließ sein Brot sinken. »Ach ja?«
    Georg nickte. »Ich hab gesagt, das stimmt.«
    »Hat er auch erwähnt, warum er mich knorke findet?«
    »Nein. Vielleicht weil du vorbeigekommen bist, als sein Bruder gestorben ist.«
    »Sicher, das wird es sein«, erwiderte Leo und biss in die Stulle.
    Als die Kinder gegangen waren, band er sich die Krawatte. Bin ich knorke?, fragte er sein Spiegelbild. Oder bin ich nur ein Idiot, der immer das Falsche sagt und die Frauen in seinem Leben vor den Kopf stößt?
     
    Viele Zeitungen brachten Berichte über die Unruhen im Scheunenviertel, und die meisten verurteilten die Anstifter. Leo kaufte einige Blätter und steckte sie in die Aktentasche, bevor er die Stadtbahn nahm. Es waren viele Polizeiautos unterwegs. Einige Straßen waren abgeriegelt, die Schupos versuchten wohl endlich ernsthaft, die Lage in den Griff zu bekommen. Was mochte heute Nacht noch alles passiert sein?
    Auf dem Flur kam ihm von Malchow entgegen und grüßte knapp, verkniff sich aber eine Bemerkung. Er hatte wohl gemerkt, dass seine Bombe nicht richtig gezündet hatte. Umso besser, dann konnte Leo sich ungestört dem Fall Strauss widmen.
    Als er sich gerade an den Schreibtisch gesetzt hatte, steckte Walther den Kopf zur Tür herein.
    »Da hat von Malchow sich wohl verrechnet«, meinte er grinsend.
    »Ach, hat es schon die Runde gemacht?«, fragte Leo und schob die Akten auf seinem Schreibtisch beiseite.
    »Er hat gestern groß getönt, während du mit Sonnenschein unterwegs warst. Aber ich dachte mir schon, dass er sich an Gennat die Zähne ausbeißt, falls du dir nicht etwas wirklich Schlimmes leistest.«
    »Da haben sich andere Schlimmeres geleistet«, sagte Leo, als er sich an die misshandelten Verhafteten erinnerte. »Aber sag mal   – was ist mit diesem Artikel über Henriette Strauss? Wie ist die ›Morgenpost‹ darauf gekommen?«
    »Tja   …« Walther setzte sich auf die Schreibtischkante und sah Leo selbstzufrieden an. »Das kann ich dir sagen. Du erinnerst dich doch an die Freundinnen der Toten. Die Anwältin hat ein bisschen geplaudert. Sie kennt eine Reporterin von der ›Morgenpost‹, und der hat sie die Geschichte erzählt. Ist ja nicht strafbar.«
    »Nein.« Leo überlegte. »Vielleicht war es ein Fehler, die Sache unter Verschluss zu halten. Ich möchte nachher einePressekonferenz geben. Bis dahin sollten wir aber mehr in der Hand haben. Du fährst gleich noch mal zu Frau Lehnhardt und fragst, ob sie die Sprühflasche gesehen hat. Persönlich, damit du ihre Reaktion beobachten kannst.«
    »Glaubst du wirklich, sie könnte   …«
    »Glauben kann ich in der Kirche«, meinte Leo trocken. »Wir sollten niemanden ausschließen. Möglicherweise gibt es eine einfache Erklärung für das Verschwinden der Flasche.   – Ist Sonnenschein schon da?«
    »Noch nicht. Eine Affenschande, das mit dem Laden von seinem Vater.«
    Leo lächelte bei sich.
    »Ach, das hätte ich beinahe vergessen   – wir haben gestern Margot Lincke verhaftet.« Walther berichtete vom gestrigen Tag.
    »Und du bist sicher, dass keine Verbindung zum Fall Strauss besteht?«
    »Ganz sicher.

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