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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Vietnamkrieg protestiert.
    Aber ich will nicht abschweifen. Wenn man erst anfängt, über Frauen in Harvard zu sprechen, kommt man leicht vom rechten Pfad ab.
    Wo war ich stehengeblieben?«
    »Bei Helen Cam aus Schottland.«
    »Ach ja. Als Helen Cam emeritierte, wurde der Lehrstuhl mit Co-ra Du Bois besetzt, einer Anthropologin, die sich mit ihrer Untersuchung über die Alor, einen Inselstamm im ostindischen Ozean, einen Namen gemacht hatte. Als sie emeritierte, wurde die gegenwärtige Professorin berufen. Sie ist nicht sehr viel älter als du und ich. Ihr Gebiet ist die Klassik; sie hat gerade ein höchst geschätztes Buch veröffentlicht, über griechische Kunst, glaube ich. Eine erstklassige Wissenschaftlerin.«
    »Aber hat sie ein besonderes Interesse an der Sache der Frauen als solche? Das ist ein neuer Ausdruck – als solche. Ich hab ihn neulich aufgeschnappt.«
    »Ob sie das hat oder nicht – mit einem einzigen Lehrstuhl für Frauen erreicht man nicht, daß alle Frauen, die in Harvard lehren, größere Anerkennung finden. Irgend jemand – wer, das ist das best-gehütete Geheimnis seit Jahren – hat jetzt jedenfalls einen weiteren Lehrstuhl für Frauen gestiftet und droht, noch einen zu spenden. Ich sage droht – denn genau so empfinden es manche.«
    »Und du glaubst, es gibt Leute, die es darauf anlegen, den neuen Lehrstuhl zu sabotieren?«
    »Ja, das glaube ich. Aber da ich über Verschwörungstheorien immer die Nase gerümpft habe, werde ich jetzt der Versuchung wi-derstehen, eine zu entwickeln. Gehen wir also davon aus, daß es keine Verschwörung ist, sondern nur irgendein Verrückter dahin-tersteckt. Aber auch dann braucht Janet Mandelbaum Hilfe. Und sie 27

    hat nach dir gefragt.«
    »Das behaupten alle. Als ich sie vor Jahren das letzte Mal sah, hatten wir uns nicht viel zu sagen.«
    »Ich vermute, jetzt hat sie einiges, was sie loswerden will, Kate.
    Bedenk doch, wie ausgeliefert sie sich fühlen muß. Der Club der Männer hat ihr von vornherein den Rücken gekehrt. Harvard gibt ihr keine Hilfe. Nach allem, was ich gehört habe, dürfen noch nicht einmal Harvards Gastdozenten, die dem richtigen Geschlecht angehören, mit irgendwelcher Unterstützung rechnen. Von den Feministinnen will Janet keine Hilfe, und auf die könnte sie wohl auch kaum zählen. Sie muß sich ziemlich allein gelassen fühlen.«
    »Also wendet sie sich an Gefährten aus der Vergangenheit, auch wenn es in dieser Vergangenheit wenig Gemeinsames gab?«
    »So ist es. Immerhin verstehst du, wovon sie spricht. Natürlich macht es ihr fürchterlich zu schaffen, daß man sie mit der Frau aus dieser Kommune in Verbindung bringt. Und erzähl mir jetzt nicht, daß da niemand konspiriert hat.«
    »Weißt du übrigens, daß ich eine der Frauen aus der Kommune kennengelernt habe – mitsamt herrlicher Bullterrierhündin? Sie haben den ganzen Weg von Cambridge nach New York auf sich genommen, um mich nach Harvard einzuladen.«
    »Wie hat sie dir gefallen, die Frau, meine ich.«
    »Sie sagte, sie sei eine Schwester, und ich fürchte, sie hat mir gefallen.«
    »Warum ›fürchtest‹ du?«
    »Weil diese Schwestern nicht zögern, mich für ihre Zwecke einzuspannen. Aber sowie die Revolution kommt, bin ich als erste weg vom Fenster.«
    »Kate, ich glaube, das dauert noch ein paar Tage. Die Schwestern mit hineinzuziehen, war der größte Fehler, den die machen konnten –
    wer immer die auch sein mögen.«
    »Fehler?«
    »Kate, Schätzchen, benutz deinen Verstand. Es ist doch absolut unglaubwürdig, daß Frauen, die dem Establishment für immer den Rücken gekehrt haben und in einer Kommune leben, einer so übe-rangepaßten Frau wie Janet zu Hilfe kommen. Frauen wie Janet arbeiten mit den Unterdrückern zusammen, identifizieren sich mit Männern und gehen mit Männern ins Bett.«
    »Sylvia, was hat denn das Sexualleben von jemand damit zu tun?«
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    »Eine Menge. Der Punkt ist doch, daß die denken, sie könnten Janet schaden, indem sie sie mit dieser Frauen-Kommune in Verbindung bringen. Dann noch eine Bemerkung hier, eine da, und schon ist aus unserer Janet eine Lesbe geworden. Aber der Plan war töricht.
    Die haben zwei Gruppen in Verbindung gebracht, die schlechter-dings nichts miteinander zu tun haben können -Frauen, die sich an Frauen orientieren, und solche, die sich mit Männern identifizieren.«
    »Also, ich bin nicht bereit, mich zu einer dieser Gruppen zugehö-
    rig zu fühlen«, sagte Kate.
    »Ich weiß, meine Liebe. Deshalb

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