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Die Tote von Harvard

Die Tote von Harvard

Titel: Die Tote von Harvard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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war – eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen oder ein erbitterter Ehekampf. Außerdem werde ich mir die Arrangements ansehen, die getroffen wurden.
    Vielleicht hat einer sich zu etwas verpflichtet und das dann nicht eingehalten. Aber auch, wenn alles so ist, wie Mr. Mandelbaum es darstellt – und ich bin ziemlich sicher, daß es so ist, denn egal, was Mr. Mandelbaum sein mag, ein Dummkopf ist er nicht –, so bedeutet das noch lange nicht, daß er nicht ein Motiv hatte, von dem wir nichts wissen. Vielleicht war Janet Mandelbaum kurz davor, dir zu erzählen, daß er, als sie verheiratet waren, nur mit ihr schlafen konnte, wenn er sich als Apachenfrau verkleidete, einen Tomahawk schwang und am Kronleuchter baumelte. Vielleicht wollte er nicht, daß du das erfährst.«
    »John, du überraschst mich immer wieder. Was hast du nur für Gedanken im Kopf!«
    »Hauptsache, du behältst einen klaren, meine Liebe. Starr nicht so stur von jemand fort, daß er sich von hinten anschleichen kann.
    Du bist doch nicht verliebt in ihn? Gut, gut, ich sehe, das bist du nicht. Aber dann sei vernünftig, was du, davon bin ich überzeugt, unter deiner kapriziösexaltierten Oberfläche ja auch bist.«
    »Normalerweise gelte ich als sehr gediegen«, sagte Kate und erhob sich würdevoll von ihrem Stuhl. »Kapriziösexaltiert, das hat mir noch niemand gesagt.«
    »Kate, meine Gute, gib auf dich acht. Und bleib in Verbindung mit mir. Ich laß dich wissen, was ich über die Scheidung herausfinde. Du hältst mich auf dem laufenden und ich dich.«
    »Danke, John. Wie ständen wir alle da ohne dich?«
    »Und wir erst ohne dich, Kate! Du hast die Gabe, herauszuhören, 100

    was ein Mensch meint, und nicht nur, was er sagt. Das bewundere ich an dir.«
    Kate, die Komplimente immer verwirrten, entschloß sich zu einem stummen Abgang. Von einer Telefonzelle im Erdgeschoß aus rief sie Leighton an und bat sie, Judith möglichst am nächsten Morgen wegen des Interviews zu schicken. Leighton fragte, ob sie nicht mitkommen könne und erhielt die energische Antwort, wenn sie Reporterin spielen wolle, dann solle sie bei einer Zeitung einsteigen.
    »Wie du siehst, bin ich wieder die schwierige Tante«, sagte Kate und hängte ein. Kapriziös-exaltiert, in der Tat.
    Pünktlich am nächsten Morgen erschien Judith in Kates Arbeitszimmer. »Das ist wirklich super von Ihnen«, verkündete sie. »Meine Zeitung ist wahnsinnig interessiert an dem Interview mit Ihnen, was Sie über Frauen in Harvard zu sagen haben und auch sonst. Mein Redakteur war sehr beeindruckt, daß Sie nach mir verlangten.«
    »Ich hab aus einem anderen Grund nach Ihnen verlangt«, sagte Kate. »Aber ich will fair sein. Sie sollen Ihr Interview bekommen.
    Aber zuvor möchte ich Sie interviewen – über Ihr Interview mit Janet Mandelbaum. Einverstanden?«
    »O je«, sagte Judith. »Ich hoffe, ich kann mich noch daran erinnern. Ich bin noch nicht mal dazu gekommen, den Artikel vor ihrem Tod auszuarbeiten, aber wahrscheinlich wäre er sowieso nicht ge-druckt worden.«
    »Das ist mein Glück. Mir ist sowieso lieber, wenn Sie mir das Gespräch so wiedergeben, wie Sie es in Erinnerung haben. Geben Sie sich keine Mühe, alles in eine vernünftige Reihenfolge zu bringen. Wenn man sich an etwas erinnert, das schon eine Weile zurück-liegt, dann fallen einem zuerst nur Bruchstücke ein, aber eins fügt sich dann zum andern, und zum Schluß hat man doch ein ganz gutes Bild. Reden Sie einfach drauf los.«
    »Kann ich bei dem Interview mit Ihnen mein Tonband anstellen, das wäre viel leichter für mich.«
    »Na gut. Aber eigentlich hasse ich diese schrecklichen Dinger –
    Janet auch, oder?«
    »Sie erlaubte mir nicht, es anzustellen. Ich hatte sie gefragt. Sie schien Angst zu haben, das Band könnte irgendwie gegen sie ver-wendet werden. Sie traute mir nicht.«
    »Es ist nicht so sehr eine Frage von Vertrauen als von Ge-schmack. Wenn Sie jemandem zusagen, ihn die Abschrift sehen und korrigieren zu lassen und ihm das Band zurückzugeben, wüßte ich 101

    nicht, wo da ein Problem sein sollte.«
    »Sie schien einfach Angst zu haben«, sagte Judith. »Oder viel-mehr nicht direkt Angst – sie war einfach auf der Hut, so, als wolle sie niemandem eine Chance geben, ihr eins auszuwischen. Mißtrauisch. Mir fällt das richtige Wort nicht ein. Jedenfalls durfte ich mir nur Notizen machen. Ich hätte sie mitgebracht, wenn Sie mir vorher Bescheid gesagt hätten.«
    »Versuchen Sie einfach, sich zu erinnern.

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