Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
geht um Sarah Miller.“
Rachel antwortete nicht, bei der Erwähnung des Namens leuchteten ihre Augen jedoch für einen Moment auf, dann verschwand sie schnell im Haus, und Mabel packte die Sachen in ihren Wagen. Denzil Wilmington schenkte ihr keine Beachtung, als er an ihrem Auto vorbei in den Vorgarten taumelte.
„He, Rachel, hoffe, das Essen ist fertig!“, rief er lallend.
Mabels Hände krampften sich um das Lenkrad. Sie überlegte, was sie tun konnte, um der armen Rachel zu helfen.
14
Für das Dinner am Mittwochabend hatte Emma Penrose im großen Speisesaal den Tisch mit bestem Porzellan und geschliffenen Kristallgläsern festlich gedeckt. Dieser lichtdurchflutete und elegant eingerichtete Raum im ersten Stockwerk wurde nur benutzt, wenn Gäste auf Higher Barton erwartet wurden, Mabel und Abigail speisten sonst im kleinen, im Erdgeschoss gelegenen Esszimmer, wo auch das Frühstück serviert wurde. Als Mabel kurz vor dem Eintreffen der Gäste hinunterging, zählte sie zehn Gedecke. Die Mitte der Tafel war mit frischen Efeuranken und gelben Rosenknospen geschmückt, die in flachen Wasserschalen schwammen und einen betörenden Duft verströmten. Mabel trug ein dunkelgraues, schmal geschnittenes Kleid mit hellen Paspelierungen am Ausschnitt und an den Manschetten, dazu hatte sie sich eine Perlenkette – ein Erbstück ihrer Großmutter – umgelegt. Es war ihr bestes Kleid, ursprünglich hatte sie vorgehabt, es bei Abigails Geburtstagsfeier zu tragen. Da sie diese verpasst hatte, kam es wenigstens heute Abend zum Einsatz. Ihr graues Haar hatte sie frisch gewaschen, auf das Auflegen von Make-up jedoch verzichtet.
Pünktlich um sieben Uhr trafen die Gäste ein. Emma Penrose hatte ein Mädchen aus dem Ort engagiert, das ihr in der Küche zur Hand ging, und die Haushälterin kredenzte jedem Gast ein Glas Sherry, während Abigail die Ankömmlinge begrüßte und Mabel vorstellte.
„Mrs Polgreen, Mr Polgreen, wie schön, dass Sie kommen konnten“, sagte sie zu einem Ehepaar mittleren Alters und fügte erklärend hinzu: „Mr Polgreen ist mein Hausarzt, seine Praxis befindet sich in Lower Barton.“
„Sie sehen bezaubernd aus, Mylady“, sagte der Arzt und zu Mabel gewandt: „Glücklicherweise sehen wir uns nur selten, da Ihre Cousine sich bester Gesundheit erfreut.“
Bei diesen Worten fiel Mabel ein Stein vom Herzen, denn sie zweifelte nicht am Wahrheitsgehalt der Worte des Arztes. Immer noch hatte Mabel befürchtet, Abigail litte an einer unheilbaren Krankheit, da sie ihr Testament verfasst hatte und nach wie vor darauf beharrte, Mabel solle sie beerben.
Als Nächstes stellte ihr Abigail einen äußert gut aussehenden Herrn mit schlohweißem, aber noch vollem Haar, blauen Augen und einem gebräunten Gesicht vor, das die Falten nicht alt machten, sondern dem Mann ein interessantes Aussehen gaben.
„Mein lieber Sir Trevor, schön, Sie auf Higher Barton begrüßen zu dürfen. Darf ich Ihnen meine liebe Cousine Mabel Clarence aus London vorstellen? Leider hat sie meine Geburtstagfeier verpasst.“ Zu Mabel gewandt fuhr Abigail fort: „Sir Trevor Cavendish, ein Nachbar und einstiger Schulfreund von Arthur.“
Sir Cavendish deutete eine Verbeugung in Richtung Mabel an und sagte, er freue sich, ihre Bekanntschaft zu machen. Mabel bemerkte jedoch, wie er seine Aufmerksamkeit sogleich wieder Abigail zuwandte, und unvermittelt dachte sie, dass die beiden ein schönes Paar wären. Sir Cavendish musste etwa in ihrem Alter sein, und da er ohne Begleitung erschienen war, vermutete Mabel, er war entweder geschieden oder verwitwet.
Als weitere Gäste nahmen Thomas Wyatt, der Pfarrer von Lower Barton, und seine Frau Elisabeth Platz sowie ein Ehepaar mit dem Namen Hampton. Mabel stutzte bei dem Namen und dachte an Michael. Den Namen Hampton gab esallerdings häufig, und Mr Hampton hatte so gar keine Ähnlichkeit mit Michael. Der Mann war untersetzt und kurzatmig, wirkte mit seinem hellen, schütteren Haar und ausgeprägten Tränensäcken älter, als er war, während seine Frau eine strahlende Schönheit war, die jedoch mit dem Älterwerden ein Problem zu haben schien – sie war für den Anlass viel zu elegant gekleidet und ihr Make-up hätte eher in eine Nachtbar als zu einem Dinner auf Higher Barton gepasst.
Mit gerunzelter Stirn sah Abigail auf die auf dem Kaminsims stehende goldene Uhr im Rokoko-Stil. Es war inzwischen Viertel vor acht Uhr, und Mabel bemerkte, dass ein Gast noch fehlte.
„Ich denke, wir sollten
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