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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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Freund Rudi sind die Hände gebunden. Ich weiß, dass ihm der Hof das Leben schwer macht. Du hast hingegen alle Freiheit, die nötigen Nachforschungen anzustellen, und ich bin mir sicher, dass es dir gelingen wird, diesen Mörder schlussendlich zu überführen. Und wenn du Marie Luise vor allem Übel beschützen kannst, ist mir das sowieso jedes Geld der Welt wert.“
    Nach einem Blick auf die vielen Scheine in dem Kuvert war Gustav durchaus gewillt, ein paar Tage lang den Leibwächter für seine Halbschwester zu spielen. Außerdem fühlte er sich überaus geschmeichelt von dem Vertrauen, das sein Vater in seine detektivischen Fähigkeiten setzte. Er schwor sich, ihn nicht zu enttäuschen.
    Als Gustav nach Hause kam, fand er seine Tante an ihrer Schreibmaschine sitzend. Stolz überreichte er ihr das Kuvert.
    Vera warf einen Blick hinein und fiel ihm um den Hals.
    „Das ist unsere Rettung, Gustl!“, sagte sie. „Damit kommen wir ein halbes Jahr lang aus.“
    Als er sich kurz darauf zurückzog, um ein kleines Schläfchen zu halten, konnte er wieder einmal nicht einschlafen. Die Großzügigkeit seines Vaters machte ihm zu schaffen. Wollte er ihn kaufen, oder besser gesagt, seine Schuldgefühle loswerden, wie Dorothea behaupten würde? Er stand auf und schenkte sich einen Cognac ein. Cognac war das einzige alkoholische Getränk außer Champagner, das ihm mundete. Er trank zwar auch manchmal Weißwein, doch der bekam ihm nicht besonders. Die Säure machte ihm zu schaffen.
    Sobald er sich wieder auf seinem Bett ausgestreckt hatte, begann er von Dorothea zu träumen. Es waren keine richtigen Träume, sondern eher erotische Fantasien, die ihn wachhielten. Er stellte sich vor, wie sie splitternackt aus der Badewanne stieg, so wie Gott sie geschaffen hatte, sah ihren wohlgeformten Körper, ihre hohen Brüste, ihren festen Hintern und das rotblonde Haarbüschel zwischen ihren langen schlanken Beinen …

19
    Die Tage vergingen sehr langsam. In der Stadt herrschte große Unruhe und Gereiztheit. Der Frauenmörder von Schönbrunn hatte es geschafft, die Wiener Haute-Volée in Angst und Schrecken zu versetzen. Am Hof war nach dem dritten Mordfall Panik ausgebrochen. Nicht nur die Hocharistokratie, auch die Baronessen und wohlhabenden bürgerlichen Damen wagten sich kaum mehr aus ihren Häusern. Aufgrund der Berichterstattung in den Zeitungen machte sich eine Art Massenhysterie breit. Wenn die adeligen Damen doch einmal ihre Palais oder ihre prunkvollen Kutschen verließen, sahen sie sich ängstlich um.
    Die Staatspolizei verhaftete mehrere verdächtige Individuen, obdachlose Kerle und Kleinkriminelle, die sich des Nachts in den dunklen Straßen in der Nähe von Schönbrunn herumtrieben.
    Ein Geraune ging durch die Stadt. Wann wird dieser Frauenmörder das nächste Mal zuschlagen? Welche Dame der besseren Gesellschaft wird es treffen? Auch die einfachen Leute stellten bereits Überlegungen an, welche Gräfin oder Baronin dran glauben würde müssen. Selbst die Tageszeitungen spekulierten zwischen den Zeilen über das nächste Opfer.
    Polizei-Oberkommissär Rudi Kasper wirkte hochgradig nervös, als Gustav zur Mittagszeit an seinen Tisch im Gasthaus „Zum schwarzen Elephanten“ trat. Er zerknüllte die Zeitung, die er gerade durchgeblättert hatte, und warf sie auf den Boden: „Diese Schreiberlinge haben nichts Besseres zu tun, als über uns herzuziehen“, schimpfte er, ohne Gustav eines Blickes zu würdigen.
    Unaufgefordert stellte der alte Wirt dem Freund seines Sohnes ein Viertel Weißen hin und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.
    „Na, hilfst meinem Buam wieder bei der Mörderjagd“, nuschelte er.
    „Lass uns in Ruh, Vater“, fauchte Rudi ihn an.
    Gustav konnte Vater Kasper gut leiden und fragte sich nicht zum ersten Mal, warum Rudi oft so garstig zu dem Alten war, wo er ihm eigentlich zu Dank verpflichtet sein müsste. Schließlich hatte sein Vater ihn nach dem frühen Tod der Mutter allein aufgezogen und ihm die großartige Karriere, die er gemacht hatte, mit seiner Hände Arbeit ermöglicht. Lag es nur daran, dass Rudi Säufer nicht ausstehen konnte? Er würde seinem Freund diese Frage demnächst einmal ernsthaft stellen.
    „Wir jagen ein Phantom“, fuhr Rudi fort. „Wir haben keine einzige brauchbare Spur, keine Zeugen, einfach nichts! So was ist mir während meiner gesamten Karriere bei der Polizei noch nie untergekommen. Bei den Tatwaffen handelt es sich um sehr gebräuchliche Gegenstände, Schere,

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