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Die Tote von Schoenbrunn

Die Tote von Schoenbrunn

Titel: Die Tote von Schoenbrunn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Kneifl
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gnädiger Herr. Bitte verzeihen Sie mir, ich habe sieben Kinder …“
    „Sieben oder siebzehn, das ist mir egal! Hör auf zu lamentieren, du Schwachkopf“, herrschte Rudi ihn an.
    Nachdem die Beamten von der Sicherheitswache eingetroffen waren, übergab er ihnen den Fall und begleitete seinen Freund in die Wohnung.
    „Max von Gutbrunnen können wir diesen Mord beim besten Willen nicht anhängen. Er sitzt im Gefängnis“, sagte Rudi mit einer gewissen Genugtuung in der Stimme.
    Vera, die immer noch kränklich war und sich in ihr Zimmer zurückgezogen hatte, ließ sich von Dorothea beim Herrn Polizei-Oberkommissär entschuldigen.
    Rudi hielt mit seiner Enttäuschung nicht hinterm Berg: „Ich würde ihr gern meine Aufwartung machen. Ich fürchte mich nicht vor Ansteckung“, beteuerte er.
    „Sie ist schon zu Bett gegangen“, sagte Dorothea und blickte Gustav vielsagend an.
    Gustav schaute finster drein. Womöglich hatte sein bester Freund tatsächlich ein Auge auf seine Tante geworfen.
    Da Josefa auch nach wie vor krank war – man hörte ihr Husten aus der Kammer –, bat Gustav Dorothea und Rudi in sein Zimmer.
    Bei einem Gläschen Slibowitz erzählte Dorothea den beiden Männern, was die Alte vor ein paar Abenden zu ihr gesagt hatte: „Er bringt sie alle um, alle Frauen, die aussehen wie unsere Kaiserin. Er ist der Teufel in Person. Keiner kann ihn aufhalten. Er holt alle zu sich, er ist unersättlich ... Ja, so ungefähr hat sie sich ausgedrückt. Ich hab zuerst nicht recht verstanden, was sie gemeint hat, aber sie hatte Recht, die ermordeten Frauen sehen alle Ihrer Majestät ähnlich, oder nicht?“
    Rudi schrieb eifrig in sein kleines schwarzes Büchlein.
    „Der Täter ist höchstwahrscheinlich ein kranker Mann. Womöglich will er der Kaiserin nach ihrem gewaltsamen Tod Opfer darbringen, oder was weiß ich ...“, überlegte Dorothea laut.
    „Sie hat wieder mal den Nagel auf den Kopf getroffen.“ Gustav saß gebeugt auf seinem Stuhl, den Blick zu Boden gerichtet.
    „Du meinst also auch, er bringt sie um, weil sie der Kaiserin ähnlich sehen?“, fragte Rudi.
    Gustav nickte.
    „Er ist besessen von ihr“, murmelte Dorothea.

32
    Die k.k. Hofoper und die Wiener Theater hatten den Betrieb wieder aufgenommen.
    Marie Luise machte einen zweiten Überraschungsbesuch à la Kaiserin Elisabeth bei den Karolys. Sie lud Gustav, Dorothea und Vera zu einer Aufführung ins Schönbrunner Schlosstheater ein.
    „Sie spielen Kaiserin Elisabeths Lieblingsstück, ‚Ein Sommernachtstraum‘ von William Shakespeare. Das müssen wir uns ansehen“, schwärmte sie euphorisch.
    Vera bekam sogleich einen fürchterlichen Hustenanfall.
    „Die hätten ihre rechte Freude an mir. Hustendes Publikum ist der Traum eines jeden Schauspielers“, sagte sie zu Marie Luise.
    Nachdem die Comtesse wieder abgerauscht war, vertraute Vera ihrem Neffen an, dass sie keine Lust auf Shakespeare hatte.
    Statt Vera hatte sich, zur Überraschung aller, Erzherzog Karl Konstantin bereit erklärt, mitzukommen. Wie es Marie Luise gelungen war, ihn zu überreden, fragte sich nicht nur Gustav.
    Die Loge von Graf Batheny befand sich unweit der Kaiserloge. Der Erzherzog schälte sich aus seinem Zobelpelz und warf ihn mit unvergleichlicher Nonchalance der Garderobiere hin, bevor er Gustav und den Damen auf ihre Plätze folgte.
    „Ihre Majestät liebte Shakespeare, hat ihn sogar ins Griechische übersetzt“, sagte Marie Luise. „Immer wieder hat sie Titania beklagt, die Einsame, die nie Erfüllung in der Liebe fand.“ Sie zitierte eine Strophe aus einem Gedicht von Kaiserin Elisabeth:
    „Doch immer beim Morgengrauen,
    An’s Herz gedrückt noch warm,
    Musst mit Entsetzen ich schauen
    Den Eselskopf im Arm!“
    Dorothea sah sie erstaunt an.
    Marie Luise fuhr lächelnd fort:
    „In Wirklichkeit hasste sie die Liebe.
    Für mich keine Liebe,
    Für mich keinen Wein;
    Die eine macht übel,
    Der and’re macht spei’n!
    Die Liebe wird sauer,
    Die Liebe wird herb;
    Der Wein wird gefälschet
    Zu schnödem Erwerb.
    Doch falscher als Weine
    Ist oft noch die Lieb’;
    …“
    „Behauptete das die Kaiserin oder die Feenkönigin Titania?“, fragte Dorothea.
    „Die beiden sind eins!“
    Gustav und Karl Konstantin saßen hinter den beiden Damen. Sie fadisierten sich und machten sich während der Vorstellung über die relativ junge Titania, Hedwig Bleibtreu, lustig, äfften ihre Sprechweise halblaut nach.
    Statt Gelächter ernteten sie böse Blicke von ihren

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