Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Toten der Villa Triste

Die Toten der Villa Triste

Titel: Die Toten der Villa Triste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucretia Grindle
Vom Netzwerk:
Ställen geben würde – die von den Futterlieferanten und Tiertransportern genommen wurde. Auch Piero Balestro hatte sie heute Morgen genommen, so wie wahrscheinlich jeden Morgen während der Jagdsaison. Bestimmt fuhr er immer bis hierher, dann lud er die Gewehre und den Hund aus. Der Wald bot gute Deckung. Im Teich überwinterten wahrscheinlich Enten. Als Pallioti das andere Ufer absuchte, entdeckte er eine Art Unterstand, mehrere geflochtene Stellwände hinter einem Rohrkolbendickicht.
    Der alte Spaniel war verstummt. Er war knapp zehn Meter entfernt mit der Leine an einen Baum angebunden worden, der in einer Gruppe von dünnen, frisch gepflanzten Erlen stand. Sobald der Hund sie kommen sah, setzte er sich und begann zu winseln.
    Weil Pallioti dem Jeep nicht zu nahe kommen wollte, umging er ihn in einem weiten Bogen und näherte sich dem Hund von der Seite. Dann sah er Piero Balestro.
    Der alte Mann lag zwei bis drei Meter vor der offenen Beifahrertür. Er trug dieselbe Tweedjacke wie am Vortag, diesmal unter einer grünen Daunenweste, wie sie Jäger gern gegen die Kälte überziehen. Die braunen Stiefel glänzten immer noch. Die Kuppen waren staubfrei geblieben. Die Sohlen waren sauber. So, wie es aussah, war Balestro ausgestiegen, zur Beifahrerseite gegangen, hatte dort die Tür geöffnet, sich umgedreht und war dann höchstens zehn, zwölf Schritte weit gekommen.
    Ein Arm eingeklemmt unter ihm, den anderen hatte er ausgestreckt, mit offenen Fingern, die im Handschuh steckten.
    »Haben Sie die schon gesehen?«
    Eleanor deutete auf den Boden. Direkt vor Piero Balestros ausgestreckter Hand lag im kurzen, vertrockneten Gras eine kleine Waffe.
    Pallioti nickte. Er ging in die Hocke. Balestros Kopf war verdreht, die Augen waren weit aufgerissen. Sie starrten farblos, fast weiß über den fahlen Wangen ins Nichts. Manche Menschen glauben, dass sich das, was man als Letztes sieht, im Auge abzeichnet und für alle Zeiten in die Seele einbrennt. Doch als Pallioti in Massimos Seele blickte, konnte er nichts entdecken.
    Er war erschossen worden, direkt in die Stirn. Das Loch war nicht groß. Überraschend wenig Blut war ausgetreten. Der Mund war aufgerissen, wie zum Protest oder vor Überraschung. Seine Lippen waren mit weißen Kristallen gesprenkelt. Neben seinem Kinn lag ein Häufchen Salz.

35. Kapitel
    Das Absperrband wand sich wie eine lange Girlande zwischen den Bäumen hindurch. Es schlang sich um Stämme und hing von nackten Ästen herab. Der Weg war von den Ställen bis zum Tatort abgesperrt worden. Die Gerichtsmedizinerin und die Polizisten der Spurensicherung liefen wie seltsame, weiß verhüllte Außerirdische herum.
    Jetzt kniete Carla Nanno, dieselbe Pathologin, die auch Giovanni Trantemento untersucht hatte, neben Piero Balestro. Ihre weißen Latexfinger drückten und pikten. Dann sah sie auf.
    »Etwa vor acht Stunden«, sagte sie. »Schätzungsweise natürlich. Kurz nach Sonnenaufgang. Keine ungewöhnliche Zeit für Selbstmörder.«
    »Sie glauben, er hat sich selbst umgebracht?«
    Sie zuckte mit den Achseln und sah von Piero Balestros Hand auf die Waffe, die bereits ausgiebig fotografiert und vermessen worden war.
    »Also, jedenfalls bestünde die Möglichkeit einer Selbsttötung«, sagte sie. »Das steht außer Frage. Vielleicht finde ich etwas, das dagegen spricht, wenn ich ihn erst auf dem Tisch liegen habe. Aber das bezweifle ich. Natürlich«, schränkte sie ein, »heißt das nicht, dass es eine war. Eine Selbsttötung. Ich sage nur, dass es, soweit ich das jetzt feststellen kann, eine gewesen sein könnte. Das wäre meine erste Vermutung.« Sie nickte zur ausgestreckten Hand des Toten hin. »Natürlich muss ich noch einen Test machen. Aber so wie es aussieht, sind Schmauchspuren auf dem Handschuh.«
    Pallioti nickte.
    »Was ist mit dem Salz?«
    Sie beugte sich vor. Streckte den Finger aus und fuhr damit unter der Lippe des Alten entlang. Der Anblick wirkte obszön. Pallioti konnte nur angestrengt die Miene wahren. Carla Nanno legte die Stirn in Falten.
    »Also, er hat auch welches im Mund. Allerdings längst nicht so viel wie der andere. Das würde einen Sinn ergeben. Ich meine, niemand würde so viel Salz essen, wenn er nicht dazu gezwungen wird. Wie gesagt, wenn wir ihn aufmachen, wissen wir mehr.« Sie sah zu Pallioti auf. »Er hat auch welches in seinen Taschen. Haben Sie das gewusst?«
    Hatte er nicht. Nachdem er festgestellt hatte, dass sein Handy hier keinen Empfang hatte, hatte er Eleanor

Weitere Kostenlose Bücher