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Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)

Titel: Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Hans Rosenfeldt
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leeren Laden um. Er nahm das drahtlose Telefon, das neben der Zeitung lag, wählte flink eine Nummer, stand auf und begann sogleich auf Arabisch zu reden. Mehran konnte einzelne Wörter aufschnappen, aber seine Sprachkenntnisse reichten nicht aus, um den Zusammenhang zu verstehen. Er betrachtete erneut den Laden. Wie oft war er als Kind hier gewesen? Vielleicht zehn-, fünfzehnmal. Said hatte immer hier gearbeitet, mitunter auch Rafi, Turyalai dagegen nie. Einige Male hatte Mehran ihn bei Melika getroffen, jedoch zu selten, als dass er ihm genauer im Gedächtnis geblieben wäre. Turyalai war der Kräftigste von den dreien gewesen, daran erinnerte er sich. Nicht wahnsinnig dick, aber im Vergleich zu Said und Rafi, die groß und schmal waren, doch ziemlich korpulent. Ein rundliches Gesicht. Kurze Haare. Immer ein bisschen mürrisch. Mehran hatte schon lange nicht mehr an die Männer gedacht. Und nie als einzelne Individuen. Er hatte sie immer als die drei Freunde angesehen, die drei Verwandten, Said und die anderen beiden. Jetzt stellte sich heraus, dass sie sich vielleicht gar nicht so gut verstanden hatten, wie er immer geglaubt hatte.
    Der Mann hinter dem Tresen hatte sein Gespräch beendet und legte den Hörer wieder ab.
    «Wir haben den Laden 2003 gekauft. Im September. Vorher haben wir fast ein Jahr mit ihnen diskutieren müssen.»
    Mehran nickte steif und brachte keine Antwort heraus. Seine Gedanken überschlugen sich. Die Cousins hatten den Laden nur einen Monat, nachdem sein Vater und Said verschwunden waren, verkauft. Er wusste nicht, ob das etwas zu bedeuten hatte, aber die beiden Ereignisse lagen zeitlich doch zu nah beieinander, um reiner Zufall zu sein. Und die drei Männer hatten sich über den Verkauf gestritten. Warum hatte Melika nie etwas davon gesagt? Immerhin waren es ihre Cousins. Sie hätte doch erzählen müssen, dass der Laden verkauft worden war. Warum wusste er nicht davon? Warum war er in dem Glauben gelassen worden, dass er ihnen noch immer gehörte? Irgendetwas stimmte nicht.
    «Konnte sich dein Bruder daran erinnern, wer von ihnen gegen den Kauf war?», hörte Mehran sich fragen.
    «Ja, er glaubt, es wäre der Mann gewesen, der Said hieß. Ganz sicher war er sich allerdings nicht. Aber dieser Said war auf jeden Fall nicht bei dem Verkauf dabei. Wahrscheinlich war er sauer, meint mein Bruder.»
    Said war nicht mehr da gewesen, dachte Mehran, zu diesem Zeitpunkt war er schon verschwunden. Zusammen mit meinem Vater.
    Als er den Laden verließ, beschleunigte er seine Schritte. Rannte die Rolltreppe hinab. Er wusste nicht, wo er eigentlich genau hinwollte. Aber er wusste, dass da etwas nicht stimmte.
    Und es gab nur eine Person, mit der er darüber sprechen konnte.
    Eine, die davon erfahren musste.
    Seine Mutter.

[zur Inhaltsübersicht]
    D ie zweite Ellinor wohnte in der Västmannagatan, mitten in der Stadt. Nachdem Vanja fast zwanzig Minuten lang einen Parkplatz gesucht hatte, gab sie auf und stellte ihr Auto viel zu nah an einem Zebrastreifen ab. Sie weigerte sich, die Parkhäuser in der Innenstadt zu benutzen. Die Preise waren schwindelerregend hoch. Lieber ging sie das Risiko ein, ein Knöllchen zu bekommen, außerdem wollte sie ohnehin nicht länger als eine halbe Stunde hier stehen.
    An der Haustür gab es keine Klingel, nur eine Code-Anlage. Vanja ging in der Nähe des Eingangs auf und ab, immerhin war es ein ziemlich großes Haus, und sie hoffte darauf, dass noch einige der Bewohner von der Arbeit nach Hause kommen oder schon am frühen Abend ausgehen würden. Sie wartete kaum zehn Minuten, ehe zwei Typen aus der Tür traten und in Richtung Odenplan verschwanden. Vanja war blitzschnell an der Tür, ehe sie wieder zufiel. Wieder ein Treppenhaus, wieder eine Tafel mit Nachnamen. Bergkvist, dritter Stock. Vanja begann, die Treppen hinaufzusteigen.
    Bei der richtigen Tür angekommen, drückte sie auf die Klingel.
    Und noch einmal.
    Niemand öffnete.
    «Suchen Sie Ellinor?»
    Vanja drehte sich um. Eine alte Dame in einem viel zu großen Mantel erklomm gerade die letzte Stufe zum Treppenabsatz. Unter dem breitkrempigen Hut sah Vanja schlohweißes Haar und ein Gesicht, das so faltig und verschrumpelt war, dass die Frau an eine Mumie erinnerte. Aber ihre Augen leuchteten wach und neugierig, als sie stehen blieb.
    «Ja.»
    «Wenn sie nicht zu Hause ist, arbeitet sie sicher gerade. Kann ich Ihnen weiterhelfen? Tyra Lindell ist mein Name, ich wohne im Stockwerk über ihr.»
    Mit einem schmalen

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