Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
beschwerten ihn nur, führten dazu, dass er wie gelähmt war, verletzlich. Er musste handeln, das war der einzige Weg, der ihn weiterführte. Er würde jede Tür schließen, die sie öffneten, solange es nur möglich war. Hier ging es nicht um ihn. Es ging um die Sicherheit des Landes. Schnell packte er einen Koffer mit dem Nötigsten und ging hinaus zum Auto. Betrachtete, vermutlich zum letzten Mal, sein Haus. Er hatte sich dort wohl gefühlt. Es war ein gutes Haus gewesen. Ein gutes Leben. Schade, dass er es nie zurückbekommen würde.
Ob er Marianne einen Brief schreiben sollte? Sie würde es nie verstehen. Es war besser, wenn er sie anrief. Später. Wenn ihm eingefallen war, wie er es erklären und sie beruhigen konnte. Sie würde am Boden zerstört sein.
Jetzt war er schon wieder bei den Gefühlen, stellte er fest. Das durfte nicht sein. Sie würden ihn kaputtmachen. Vor neun Jahren hatte er ihnen freien Lauf gelassen, und Patricia Wellton war gestorben. Jetzt musste er weiter handeln. Es gab keine andere Lösung. Er stieg in den Wagen und fuhr los. Gelangte zur Landstraße und bog auf sie ein. Als er eine Weile gefahren war, sah er ein Polizeiauto auf sich zukommen. Er bremste auf die erlaubten achtzig Stundenkilometer ab. Die Polizisten brausten vorbei, doch im Rückspiegel sah er, wie sie langsamer wurden und den rechten Blinker setzten. Er konnte es natürlich nicht genau wissen, aber er hatte ein ziemlich untrügliches Gefühl, dass sie zu ihm wollten. Er hatte recht gehabt. Er würde nie mehr zurückkehren.
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V anja bedankte sich und legte auf. Sie hatte mit der Rektorin der Vallhamra-Schule in Märsta gesprochen. Sie war erst seit fünfeinhalb Jahren im Amt, holte jedoch eine Lehrerin hinzu, die länger dort angestellt war und die sich sehr gut an Ella und Simon Cederkvist erinnern konnte. Die ganze Schule habe getrauert, als die Nachricht kam, dass sie gestorben seien.
Vanja stand von ihrem Schreibtisch auf und ging zu Torkel. Als sie den Raum betrat, saß Ursula auf dem Besuchersofa seines ziemlich unpersönlichen, aber funktionalen Büros.
«Charles Cederkvist war nicht zu Hause», sagte Torkel, ehe Vanja dazu kam, den Mund zu öffnen.
«Bei der Arbeit?»
«Laut seinem Chef nicht», antwortete Torkel und schüttelte den Kopf.
«Sollen wir ihn zur Fahndung ausschreiben?»
«Ich weiß nicht», sagte Torkel zögernd, «wir haben einfach zu wenig.»
«Ich kann leider auch nicht mehr beisteuern.»
Vanja setzte sich auf die Armlehne eines der beiden Sessel.
«Die Kinder kamen nach den Herbstferien nicht wieder in die Schule, aber das sollten sie auch nicht.»
«Und warum nicht?», fragte Ursula.
Vanja drehte sich zu ihr um. «Die Weltumseglung … sie sollten nur bis zu den Ferien in die Schule gehen und dann zu Hause unterrichtet werden. Ihre Mutter war Lehrerin.»
«Aber nach den Ferien hat niemand sie gesehen?», wollte Torkel bestätigt wissen.
«Nein, aber wie gesagt, das hat nichts zu bedeuten.»
«Danke. Dann müssen wir unsere Hoffnung wohl in Billy und Jennifer setzen.»
Vanja nickte und erhob sich von der Armlehne. «Wisst ihr, wo Sebastian steckt?», fragte sie.
«Ich glaube, er ist in die Kantine gegangen», antwortete Ursula.
Vanja nickte und wollte das Büro gerade wieder verlassen, als Torkel sie aufhielt.
«Vanja …»
Vanja blieb stehen und drehte sich um.
«Ich habe vor, mit Harriet von der Personalabteilung zu sprechen und falls nötig auch mit den höheren Ebenen.»
«Danke, aber ich fürchte, das bringt nichts.»
Vanja verließ den Raum. Torkel blieb sitzen und sah ihr bekümmert nach. Ursula richtete sich auf dem Sofa auf.
«Sieh es doch mal positiv. Du darfst sie behalten.»
«Aber das ist nicht das, was sie will.»
«Wir können nicht immer das haben, was wir wollen», erwiderte Ursula lakonisch.
Torkel nickte zustimmend. Gerade in Bezug auf Ursula war ihm diese Tatsache schmerzlich bewusst.
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M ehran stieg in Vällingby aus der grünen Linie. Melika hatte gesagt, dass Joseph in einer Wohnung in der Härjedalsgatan wohnte. Oder es zumindest damals getan hatte. Sie wusste nicht, ob die Adresse noch aktuell war. Wolle es auch nicht wissen, hatte sie gesagt. Mehran warf einen Blick auf das GPS in seinem Handy und folgte der angegebenen Richtung. Er hatte keine Eile, schließlich hatte er sich noch nicht einmal überlegt, was er tun sollte, wenn Joseph noch dort wohnte und zu Hause war. Was Melika ihm erzählt
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