Die Toten, die niemand vermisst: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Nachgeforscht . Lennart Stridh, den man am Bråviken tot in einem Auto gefunden hatte. Herrgott, wo zog Charles ihn da eigentlich mit hinein?
«Ich werde sehen, was ich tun kann», sagte er und bemerkte zu seiner Erleichterung, dass seine Stimme fest klang.
«Nein, du wirst es tun», erwiderte Charles und ging die wenigen Schritte bis zum Schreibtisch. «Ich habe zu viel geopfert, um hinter Gittern zu landen, nur weil du faul bist und Angst hast, dich mit deinen Freunden anzulegen.» Er beugte sich vor und nahm einen Stift von Alexanders Schreibtisch. «Ich habe eine neue Telefonnummer», sagte er und schrieb neun Ziffern auf das oberste Blatt eines Papierstoßes. «Ich gebe dir Zeit bis morgen früh.»
Charles richtete sich auf und ging zur Tür.
«Was hast du jetzt vor?», fragte Alexander, obwohl ihm eine innere Stimme sagte, dass es besser war, wenn er so wenig wie möglich wusste.
«Ich kümmere mich um Joseph und den Jungen.»
«Hast du dich auch um Lennart Stridh gekümmert ?», hörte Alexander sich fragen, obwohl er sich diesmal ganz sicher war, die Antwort lieber nicht hören zu wollen.
«Kümmere du dich um deine Angelegenheiten, dann kümmere ich mich um meine.»
Im nächsten Moment war er weg. Die Tür fiel mit einem dumpfen Klicken hinter ihm ins Schloss. Alexander blieb sitzen. Atmete aus. So viele Gedanken, die ihn belasteten. Der wichtigste: Wie sollte er damit umgehen? Charles war eindeutig verzweifelt und damit unberechenbar und gefährlich. Alexander kannte ihn gut genug. Dass er auf der Stelle fliehen wollte, bedeutete, dass so viele Seiten Druck auf ihn ausübten, dass es ihm unmöglich erschien, auf andere Weise davonzukommen. Und wenn sogar Charles glaubte, es wäre vorbei, wie sollte dann erst Alexander seine Haut retten? Er konnte es nicht, musste er sich eingestehen. Jedenfalls nicht ohne fremde Hilfe.
Er nahm sein Handy und scrollte zu der richtigen Nummer. Sie meldete sich prompt.
«Ich sollte dich nur anrufen, wenn wir Probleme haben», sagte Alexander und ließ die Begrüßung aus. Er nahm an, dass sie wusste, wer er war. «Jetzt haben wir welche.»
Veronica Ström legte auf und holte tief Luft, um die Ruhe zu bewahren.
Ja, sie hatten Probleme.
Zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt.
Sie wandte sich der Frau zu, die am anderen Ende des hellen Konferenztischs saß. Der Mann daneben ließ gerade seine Kamera sinken. Er hatte einige Aufnahmen gemacht, während Veronica telefonierte. Für einen Moment befürchtete Veronica, dass sie gehört haben könnten, was sie gesagt hatte, aber sie konnte sich damit beruhigen, dass sie nur einsilbige Antworten gegeben hatte, um das Gespräch anschließend mit dem Versprechen zu beenden, sie werde sich darum kümmern.
Die Frau hieß Maria Stensson und war Journalistin. Wie der Mann hieß, wusste sie nicht mehr. Er hatte sich zu Beginn vorgestellt, aber Veronica hatte den Namen noch in derselben Sekunde vergessen, in der er ihn ausgesprochen hatte.
«Entschuldigung, aber ich muss ein dringendes Gespräch führen», sagte sie und lächelte die beiden entschuldigend an.
«Das macht nichts», antwortete die Frau und lächelte zurück. Veronica sah, dass der Fotograf den Mund öffnete, um zu protestieren. Er wollte einige Fotos von ihr in ihrem Büro machen, und vielleicht auch draußen, unten am Wasser hinter dem Parlamentsgebäude, ehe es zu dunkel war.
«Es dauert nicht lange», erklärte Veronica, um ihm zuvorzukommen. Dann öffnete sie die Tür, verließ den kleinen Konferenzraum und ging in den Flur des Gebäudetraktes hinaus, in dem ein Großteil der sozialdemokratischen Fraktion untergebracht war.
Genau, wie sie es Alexander Söderling versprochen hatte, würde sie sich um die Angelegenheit kümmern. Sie wählte die 001 vor und anschließend eine Nummer, die sie auswendig wusste. Nach dem zweiten Anklingeln meldete sich ein Mann mit einem schroffen, fragenden «Yes».
Veronica stellte sich vor und erklärte in kurzen Sätzen, weshalb sie anrief, dass sie nur ungern störe, aber dass einige Komplikationen aufgetreten seien.
Der Mann am Telefon fragte in seinem schleppenden Südstaatendialekt, wie er ihr helfen könne.
Veronica begann, ihm die Sache zu erklären.
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M ehran war noch nie so weit im Süden des Landes gewesen. Einmal waren Levan und er mit einem Kumpel nach Flemingsberg gefahren. Jetzt hatte der Zug diese Station gerade passiert und ratterte weiter in Richtung Tullinge. Er musste an der
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