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Die toten Frauen von Juárez

Die toten Frauen von Juárez

Titel: Die toten Frauen von Juárez Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Hawken
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Hosen und Hemden klebten an für den Ring gestählten Körpern. Manche riefen Jorge und Oscar im Ring etwas zu, worauf sie das Training unterbrachen und die Unterhaltungen von den Wänden widerhallten.
    Alle sahen Sevilla an, den Fremden in der Sporthalle. Er beachtete sie nicht. »Sie sagen, er hat Kampfhähne zur
palenque
gebracht?«
    »Sí. Er kriegt einen Steifen bei allem, was kämpft, ob Mensch oder Tier. Ich habe gehört, dass er schon Kämpfe zwischen Männern und Hunden organisiert haben soll. Was ist das für ein Abschaum? Kelly war besser als er.«
    Sein Bleistift war weg. Sevilla kramte in den Taschen, bis er ihn gefunden hatte. Er kritzelte auf die Rückseite einer vollgeschriebenen Seite. »Kennen Sie den Namen der
palenque,
wo Ortíz’ Hähne kämpfen? Das würde mir helfen.«
    Urvano dachte eine Weile nach, bis ihm der Name einfiel. Sevilla schrieb ihn auf. Seine Finger zitterten so sehr, dass er den Stift beinahe fallen gelassen hätte. Ihm schien, als müsse er unbedingt eine Frage stellen, etwas, das er übersehen hatte, aber er kam nicht darauf. »Wenn dieser Ortíz für Kellys Probleme verantwortlich ist, dann sollte ihm jemand die Eier abschneiden«, sagte Urvano.
    »Das sind wertvolle Informationen«, sagte Sevilla. Er ging zur Tür. »Danke für alles. Ich muss jetzt gehen.«
    »Schneiden Sie ihm die Eier ab«, beharrte Urvano.
    »Das wird schon irgendwer übernehmen«, antwortete Sevilla und ging hinaus.

ZWÖLF
    Erst als er die lange Fahrt zu der
palenque
hinter sich hatte, rief Sevilla bei Enrique an. Der Parkplatz bestand aus einer großen, staubigen Fläche unbefestigter, von Reifenspuren durchzogener Erde. Das Fresko von zwei Kampfhähnen an der Seite des Gebäudes mochte einst farbenfroh gewesen sein, war jetzt jedoch von der Sonne ausgebleicht. Eine Handvoll verstreute Lastwagen und Autos standen herum. Das Telefon läutete zweimal. Ein Mann nahm ab, nicht Enrique.
»Bueno?«
    »
Sí,
ich möchte Enrique Palencia sprechen. Habe ich die richtige Nummer, bitte?«
    »Das ist sein Schreibtisch. Wer zum Teufel ist dran?«
    Sevilla überlegte. Er hörte den Mann am anderen Ende der Leitung atmen. »Garcia?«
    »Sind Sie es, Sevilla?«
    Sein erster Impuls war, einfach aufzulegen, aber er besann sich. »Hier ist Sevilla«, sagte er stattdessen. »Ich habe versucht, Sie direkt anzurufen, Oscar. Sie waren nicht da.«
    Garcia gab ein Geräusch wie ein Husten von sich. »Das liegt daran, dass ich hier bin, Sie Idiot«, sagte er. »Warum rufen Sie meinen Jungen an? Schlimm genug, dass Sie ihn nach diesem
rulacho
Estéban Salazar sehen lassen.«
    Sevilla hielt das Telefon mit kalten Fingern. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich meine, dass er seinetwegen ständig herumtelefoniert. Versucht, ihn irgendwo unterzubringen. Er ist zu einem richtigen Schutzengel geworden.«
    »Er gehört zu Ihrem Fall. Vielleicht will Palencia nur sicherstellen, dass Sie alle Zeugen beisammenhaben.«
    »Wir brauchen keine Zeugen. Jemand sollte Salazar eine Kugel in den Kopf jagen und es gut sein lassen.«
    »Hat er gestanden?«
    »Was denken Sie denn, Sevilla?«
    Sevilla sah auf seinen Schoß. Da lag sein Notizblock, die Adresse der
palenque
aufgeschlagen. Bis eben war er aufgeregt gewesen, wie neugeboren durch den Namen Ortíz und Urvanos Aussage. Jetzt fühlte er sich plötzlich ausgelaugt, als wäre er zu lange in der Sonne gewesen und sämtliche Lebenssäfte ausgetrocknet. »Wann hat er gestanden?«
    »Gestern. Ich habe heute Morgen mit Señora Quintero darüber gesprochen. Die hat einen geilen Arsch.«
    Verdammter narco,
dachte Sevilla, sagte aber: »Das sind gute Neuigkeiten.«
    »Er sagte, der Amerikaner hätte angefangen. Hätte sich den Plan ausgedacht und ihn ausgeführt. Salazar hat ihm nur dabei geholfen. Können Sie sich vorstellen, dass jemand der eigenen Schwester so etwas antut? Er ist wie diese kranken Wichser der Sinaloa.«
    »Und er hat alles gestanden?«
    »
Sí.
Was wir sicher nicht Ihnen oder Enrique zu verdanken haben. Sie beide würden diese Dreckskerle lieber herzen und küssen, statt ihnen das zu geben, was sie verdienen.«
    Sevilla fiel eine Antwort darauf ein, doch er seufzte nur. »Glückwunsch«, sagte er.
    »Danke. Und, soll mein Enrique Sie zurückrufen? Sie können sich ja wegen der paar gebrochenen Knochen ausheulen.«
    »Nein«, sagte Sevilla. »Nein.«
    »Dann gehen Sie zu Ihren verdammten
narcos
zurück«, antwortete Garcia. »Die reißen die ganze verfluchte Stadt an sich.«
    Garcia

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