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Die toten Mädchen von Villette

Die toten Mädchen von Villette

Titel: Die toten Mädchen von Villette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Hedström
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desto größer ist unsere Chance, den zu finden, der das getan hat. Also, wenn Sie erzählen können, was im Laufe des Tages passiert ist und welche Pläne die Mädchen hatten. Wann sind sie nach Villette gefahren?
    – Wir sind heute vormittag reingefahren, sagte Joël Bertrand, das haben wir all die Jahre getan, um einen guten Platz für die Prozession zu bekommen. Wir hatten Proviant und Stühle mit. Sabrina kam zuerst hierher und hat die Mädchen zurechtgemacht.
    – Nadia war so süß, sagte Mireille, ich habe sie nie so hübsch gesehen, sie hatte neue Schuhe an und ein neues Kleid, Sabrina ist wirklich tüchtig.
    – Aber sie wollte eigentlich heute abend nicht ausgehen, sagte Joël, sie wäre genausogern mit uns nach Hause gegangen. Ich versteh nicht, warum du ihr in den Ohren gelegen hast, daß sie mit Peggy und Sabrina noch bleiben soll.
    Er sah seine Frau anklagend an.
    – Aber sie ist so einsam, sagte Mireille mit Tränen in der Stimme, sie sitzt immer nur zu Hause und hängt mit ihrem Malkasten herum! Junge Mädchen sollen sich doch draußen amüsieren.
    – Sie hätte mit uns nach Hause fahren können, sagte Joël schwer, dann hätten wir sie jetzt hier.
    Sie sahen beide zu dem leeren Stuhl am Tisch, ein Blick in einem parallelen Universum, in dem Nadia mit nach Hause gekommen war und jetzt dort in der Küche saß, sicher in Schlafanzug und Morgenmantel, und Krabbenbrote schmauste.
    – Sie sind also nach Hause gefahren, und die Mädchen sind in Villette geblieben, sagte Martine, um welche Zeit war das?
    – Wir sind gegen fünf nach Hause gefahren, sagte Joël, und da sind die Mädchen zur Place de la Cathédrale gegangen, da wollten sie Sabrina treffen. Und dann wollten sie den letzten Bus nach Hause nehmen. Der fuhr gegen zehn.
    – Also wollten sie nicht zum Konzert gehen? sagte Martine.
    – Das wollten sie vielleicht, sagte Joël, aber der Bus fuhr, wann er fuhr, und es gab keine andere Möglichkeit, nach Hause zu kommen. Ich habe diese Woche Nachtschicht, ich arbeite im Breitbandwerk, und ich bin um zehn hingegangen, da konnte ich nicht kommen und sie abholen, und Mireille fährt nicht Auto.
    – Du hättest freinehmen können! sagte Mireille.
    Ihr Mann ging sofort in Verteidigungsstellung, auf eine Weise, die zeigte, daß sie diese Diskussion schon vorher gehabt hatten.
    – Ich kann mir doch nicht freinehmen, jetzt, wo wir endlich ein paar Aufträge haben, so daß wir wieder Schicht arbeiten können …
    Er verstummte und sank auf seinem Stuhl zusammen.
    – Der Vorarbeiter kam und hat mich geholt, sagte er leise, er sagte, ich müßte sofort nach Hause fahren.
    – Das meiste spricht dafür, daß die Mädchen doch den Bus verpaßt haben, sagte Martine vorsichtig, was, glauben Sie, hätten sie dann getan?
    Die Eheleute Bertrand sahen einander an.
    – Vielleicht wären sie zu Fuß gegangen, sagte Mireille zögernd, ja, das hätten sie wohl getan. Es sind sechs, sieben Kilometer, das ist ja nicht so schlimm.
    – Sie wären nicht getrampt? fragte Martine.
    – Sie hätten sich nie in ein fremdes Auto gesetzt, sagte Joël bestimmt, aber wenn sie jemanden getroffen hätten, den sie kannten, wäre das was anderes gewesen. Glauben Sie, es war jemand, den sie kannten, der das getan hat?
    – Wir glauben noch nichts, sagte Martine. Wir müssen voraussetzungslos arbeiten. Haben die Mädchen Freunde?
    – Nicht Nadia, sagte Mireille, sie sitzt meistens hier und hängt allein herum. Peggy hat einen Freund, aber der ist dieses Wochenende in Dinant auf der Beerdigung seiner Großmutter.
    Was bedeuten dürfte, daß Peggys unbekannter Freund aus dem Schneider war, dachte Martine. Aber Teenager erzählen ihren Eltern nicht alles. Das beste war, nach Tagebüchern, Briefen und anderem zu sehen, das zeigen konnte, ob Nadia und Peggy Kontakte oder Pläne hatten, von denen Joël und Mireille nichts wußten. Sie bat, das Zimmer der Mädchen sehen zu dürfen.
    Mireille ging vor ihnen ins Obergeschoß hinauf. An der Wand neben der Treppe hingen in billigen Fotorahmen mehrere Porträts, die meisten mit Wasserfarbe gemalt. Es gab ein Bild von Joël im Arbeitsoverall und mit Schutzhelm,ein Bild von Mireille in der Küche, damit beschäftigt, Erbsen zu enthülsen, ein Bild von Peggy mit flatternden Haaren vor einem Hintergrund aus Herbstlaub.
    – Diese Bilder sind unglaublich gut, sagte Martine. Wer hat sie gemalt?
    – Unsere Nadia, sagte Mireille stolz, sie ist unwahrscheinlich tüchtig, das sagen alle. Ihr

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