Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Die toten Seelen: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
Vom Netzwerk:
Wege!‹ – Was ist das für ein Bauer: ›Jelisaweta Worobei?‹ Hol’s der Henker, das ist ein Weib! Wie hat die sich hier eingedrängt? Der Schurke, der Sobakewitsch, hat mich auch hier betrogen!« Tschitschikow hatte recht; es war wirklich ein Weib. Wie sie hier hereingeraten war, ließ sich nicht mit Sicherheit sagen; aber der Name war so kunstvoll geschrieben, daß man sie von weitem für einen Bauer halten konnte: der Schlußbuchstabe a des Vornamens war durch die männliche Endung ersetzt. Indessen respektierte er diesen Täuschungsversuch nicht, sondern strich den Namen sofort durch. –»›Grigori Eile-mit-Weile!‹ Was bist du für einer gewesen? Warst du Fuhrmann, hattest du dir ein Dreigespann und einen verdeckten Reisewagen angeschafft, verzichtetest du fürs ganze Leben auf ein eigenes Heim, auf ein behagliches Nestchen und brachtest Kaufleute auf die Jahrmärkte? Hast du unterwegs den Tod gefunden, oder haben dich deine eigenen Freunde wegen eines dicken, rotbackigen Soldatenweibes umgebracht, oder gefielen einem Räuber im Walde deine ledernen Fausthandschuhe und deine drei kleinen, aber kräftigen Pferdchen, oder bist du selbst, als du so auf deiner Pritsche lagst, auf allerlei wunderliche Gedanken gekommen, ohne weiteres in die Schenke gelaufen und von da betrunken geradeswegs in eine Wuhne und so von der Welt spurlos verschwunden? Ja, ja, das liebe russische Volk! Es stirbt nicht gern eines natürlichen Todes! – Und wie ist’s mit euch, meine Täubchen?« fuhr er fort, indem er seine Augen über das Papier hingleiten ließ, auf welchem Pluschkins flüchtige Seelen verzeichnet standen. »Ihr seid ja zwar noch am Leben, aber was habt ihr davon? Ihr seid so gut wie tot. Wo mögen euch jetzt eure schnellen Beine umhertragen? Ging es euch gar zu schlecht bei Pluschkin, oder treibt ihr euch aus eigener Neigung in den Wäldern umher und plündert Reisende aus? Sitzt ihr im Gefängnis, oder seid ihr bei anderen Herren kleben geblieben und pflügt da das Feld? – ›Jeremei Karjakin, Nikita Wolokita, sein Sohn Anton Wolokita.‹ Bei denen sieht man schon an den Spitznamen, daß sie gute Läufer sind. – ›Popow, Gutsdiener.‹ Du wirst wohl lesen und schreiben können; ich denke mir, du hast kein Messer zur Hand genommen, sondern stiehlst auf eine anständige Manier. Aber da wirst du einmal, weil du keinen Paß hast, festgenommen und vor den Bezirkshauptmann geführt. In dreister Haltung stehst du beim Verhör da. ›Welchem Herrn gehörst du?‹ fragt der Bezirkshauptmann und traktiert dich bei dieser guten Gelegenheit mit einem kräftigen Schimpfwort. – ›Dem und dem Gutsbesitzer‹, antwortest du keck. – ›Warum bist du hier?‹ fragt der Bezirkshauptmann. – ›Ich bin auf jährliche Abgabe vom Gute entlassen‹, antwortest du, ohne zu zaudern. – ›Wo ist dein Paß?‹ – ›Bei meinem Quartierwirte, dem Kleinbürger Pimenow.‹ – ›Man rufe Pimenow! Bist du Pimenow?‹ – ›Jawohl.‹ – ›Hat er dir seinen Paß gegeben?‹ – ›Nein, er hat mir keinen Paß gegeben.‹ ›Warum lügst du denn?‹ sagt der Bezirkshauptmann unter Hinzufügung eines kräftigen Schimpfwortes. – ›Ganz richtig‹, antwortest du dreist, ›ich habe ihn ihm nicht gegeben, weil ich erst sehr spät nach Hause kam; ich habe ihn dem Glöckner Antip Prochorow zum Aufheben gegeben.‹ – ›Man rufe den Glöckner! Hat er dir seinen Paß gegeben?‹ – ›Nein, ich habe von ihm keinen Paß bekommen.‹ – ›Warum lügst du denn schon wieder?‹ sagt der Bezirkshauptmann und gibt seinen Worten durch ein kräftiges Schimpfwort Nachdruck. ›Wo ist denn nun dein Paß?‹ – ›Ich habe einen gehabt‹, sagst du gewandt, ›ich muß ihn wohl irgendwie unterwegs verloren haben.‹ – ›Und den Soldatenmantel‹, sagt der Bezirkshauptmann und spendiert dir wieder als Zugabe ein kräftiges Schimpfwort, ›wozu hast du den weggenommen? Und ebenso dem Geistlichen einen Kasten mit Kupfermünzen?‹ – ›Das habe ich nicht getan‹, erwiderst du, ohne eine Miene zu verziehen, ›bei Diebstahl bin ich noch nie betroffen worden.‹ – ›Aber wie ist es denn zugegangen, daß der Mantel bei dir gefunden ist?‹ – ›Das weiß ich nicht; gewiß hat ihn ein anderer hingebracht.‹ – ›Ach, du Kanaille, du Kanaille!‹ sagt der Bezirkshauptmann, wiegt den Kopf hin und her und stemmt die Arme in die Seiten. ›Bindet ihm Klötze an die Beine und bringt ihn ins Gefängnis!‹ –

Weitere Kostenlose Bücher