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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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haben sie den Rechten das Feld überlassen. Bis heute.«
     
    Bei Vertenéglio bog Nicoletta links ab. Auch dieses Dörfchen hatte sich einen Platz auf einem Hügel ausgesucht, und auch hier ragte der typische Kirchturm hoch über die Dächer hinaus. Nicoletta parkte auf dem Dorfplatz und ging in ein Lebensmittelgeschäft. Laurenti fuhr eine Ecke weiter, bevor er anhielt. Živa Ravno stieg aus und folgte ihr. Nach fünf Minuten kam sie zurück.
    »Die Dame kauft ein. Pancetta und Salsicce. Sah gut aus, das Zeug. Sie weiß offensichtlich, wo man hingehen muß. Die istrischen Würste und den Schinken habe ich früher auch immer gerne gegessen, bevor man überlegte, was im Fleisch ist.«
    Proteo Laurenti ließ den Wagen wieder an und wartete, bis Nicoletta an ihnen vorbei gefahren war.
    Am Ortseingang von Cittanova holperten sie über die Bremsschwellen, die quer über die Straßen gepflastert waren. Der Abstand zu Nicoletta hatte sich stark verringert.
    »Was meinen Sie? Lassen wir den Wagen hier? Da drin entdeckt sie uns vielleicht.«
    »Nein. Halten Sie an. Wir wechseln. Mich kennt sie nicht, und Sie machen sich klein. Wir stellen ihn bei meiner Großmutter in den Hof. Wenn sie zufälligerweise auf der anderen Seite wieder rausfährt, stehen wir sonst dumm da.«
    Živa Ravnos Befürchtung trat nicht ein. Nicoletta war auf einen Parkplatz gefahren und ging zu Fuß weiter, bis zu einem Lokal auf der linken Seite.
    »Sie können wieder hoch kommen, Proteo. Sie ist in das Lokal der italienischen Gemeinde gegangen.« Dann hielt sie an und stellte den Motor ab. »Wir sind da.«
    Sie standen vor einem kleinen, adretten Häuschen mit Garten. Mehr als vier enge Zimmer konnten sich nicht hinter dem Gemäuer verstecken.
    »Ich möchte hören, was sie mit Gubian zu reden hat. Wenn er überhaupt da ist.«
    »Da können Sie nicht rein! Man würde Sie gleich erkennen, als Fernsehstar der italienischen Nachrichten. Aber mich kennt niemand. Wenn Sie wollen, gehe ich.«
     
    Das Lokal der italienischen Gemeinde war ein großer, mit einfachem Mobiliar eingerichteter Raum mit niedriger Decke und karger Beleuchtung. Meist ältere Männer mit roten Gesichtern und groben, schrundigen Händen saßen an blanken Holztischen, tranken offenen Wein und unterhielten sich lautstark. Niemand beachtete Nicoletta, als sie eintrat und sich umschaute. An einem Tisch am hinteren Ende des Lokals sah sie Gubian.
    »Salve.« Sie grüßte knapp und setzte sich.
    »Salve«, antwortete er und schaute an ihr vorbei.
    Ein Kellner stellte grob eine Karaffe Terrano und zwei einfache, dickwandige Gläser auf den Tisch. Dann verschwand er wieder.
    »Was wollen Sie?« fragte Gubian.
    »Fahren Sie weiter! Sie können nicht einfach abbrechen.«
    »Und warum nicht?«
    »Ich habe noch immer das Material von damals, Gubian! Außerdem hängen Sie mit drin. Wenn ich hochgehe, gehen auch Sie hoch.«
    »Das ist mir egal. Glauben Sie wirklich, man sperrt einen alten Mann wie mich noch ein?«
    »Es gibt auch andere Methoden. Vergessen Sie nicht, daß auch ich nur ein kleines Rädchen bin. Die Leute, für die wir arbeiten, Sie und ich, verzeihen es nicht, wenn man einfach aufhört. Mein Auftrag ist, Ihnen dies auszurichten.«
    »Und was wollen sie tun?«
    »Sie werden jemand anderes finden, wenn man Sie erledigt hat. Überlegen Sie es gut!«
    »Das ist mir auch egal. Ich habe nichts mehr, an dem ich hänge. Sollen sie mich doch erschießen. Das hat man schon damals versucht, als ich bei den Partisanen war. Nur, damals war ich noch jung. Die Kugel ist verschwendet. Richten Sie das aus – wem auch immer!«
    »Ich sage es Ihnen nochmals: die verstehen keinen Spaß. Zeugen mögen die nicht.«
    »Und wer fährt den Kutter? Marasi ist tot.«
    »Ich bekomme nächste Woche die Lizenz. Die Crew habe ich schon.«
    »Das ging ja schnell. Aber es ändert nichts.«
    »Ach ja?« Nicoletta wurde wütend. »Sie sind verdammt stolz, Gubian. Wollen Sie mehr Geld?«
    »Geld?« Er lachte laut auf. »Was soll ich damit?«
    »Warum sind Sie dann überhaupt gekommen?« zischte Nicoletta. »Was soll der Mist?«
    »Mist?« Er beugte sich weit über den Tisch, keine zwanzig Zentimeter waren ihre Köpfe voneinander entfernt, und Nicoletta roch seinen säuerlichen Atem. Seine Augen fixierten sie scharf. »Mist nennen Sie das? Hören Sie mir genau zu! Ich will das Leben meines Sohnes wieder. Ich will Vergeltung!«
    Nicoletta starrte ihn an und wartete, ob er weiterreden würde. Wie zwei Kampfstiere kurz

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