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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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bekommen. Vom Auto aus rief er Rossana Di Matteo im Büro des »Piccolo« an und lud sie zum Abendessen ein. Sie zögerte. Sie hatte noch zu tun, doch wurde sie neugierig, als er sagte: »Ich habe viel mit dir zu besprechen. Also, sag schon ja!«
    »Etwas später, Proteo. Gegen neun. Vorher schaffe ich es nicht.«
    Franco begrüßte ihn fröhlich. »Lange nicht gesehen! Wie geht’s?«
    »Elend. Danke der Nachfrage!« Proteo hängte seine Jacke an die Garderobe, ging in die Küche und begrüßte die gutgelaunte Nadia, die Köchin, und die füllige, serbische Küchenhilfe mit dem kreisrunden Gesicht über ihrer grünen Kittelschürze.
    »Sonst niemand da?«
    Franco öffnete die Schiebetür in den kleinen Flur, in dem der Kühlschrank für die Weißweine stand. Proteo trank lieber Rotwein, aber ein erstes Glas Weißer würde nicht schaden. »Wähl du!« sagte Franco.
    Proteo entschied sich für eine Flasche 98er Chardonnay der Brüder Klinec, den ehrgeizigen jungen Winzern aus Medana im slowenischen Teil des Collio. Sie schmeckten und süffelten und waren sich einig, daß dies ein großer Wein war. Jetzt konnten sie reden und trinken.
    »Ich habe die zwei Wochen, die ich den Laden Anfang November geschlossen hatte, genutzt, um ein paar Dinge zu verändern«, sagte Franco. Der zweite Koch, das wußte Laurenti natürlich, war vor einigen Monaten mit einer kleinen Dosis Kokain in der Hosentasche erwischt worden und stand unter Hausarrest, weil sich einige »Freunde« gegenseitig angeschwärzt hatten. Eine ziemlich dumme Geschichte, die stark verzerrt durch den »Piccolo« ging. Eine Gruppe Freunde hatte in einer Diskothek ein hübsches Mädchen angemacht und sie zu einer Party nach Hause eingeladen. »Sex- und Drogenorgie« hatte die Zeitung das genannt. Die junge Frau kam gerne mit. Pech, daß sie von der Polizei war. Der Koch saß dreizehn Tage im Coroneo, zu sechst in einer Viererzelle, als einziger Italiener zusammen mit Serben, Kroaten und einem Albaner. Danach Hausarrest und die Kündigung in der Trattoria, weil schon zu viele Leute darüber sprachen. In Triest machten solche Dinge schnell die Runde und die Gefahr, daß etwas aufs Lokal zurückfallen konnte, war erheblich. Laurenti hatte leider nichts für den Koch tun können, der ein guter Kerl war und ihn meistens bevorzugt bekocht hatte.
    »Du wirst sehen«, sagte Franco, »morgen fängt ein sehr talentierter Junge an, und du wirst in Zukunft noch besser essen. Außerdem hat am Ende sowieso Nadia die ganze Arbeit gemacht. Aber da ist noch eine Geschichte.« Auch Maria, die langjährige Bedienung, war raus, weil, wie Franco es diplomatisch bezeichnete, »der tiefe Graben an Disharmonie unüberwindbar wurde«.
    »Es gibt Veränderungen, die werden einem leider von anderen aufgezwungen«, sagte Franco. »Aber am Ende, nach aller Desillusionierung, muß man dankbar sein. Ich habe viel gelernt. Nicht alle können mit zuviel Vertrauen gut umgehen. Viele sind damit überfordert. Eine verdammte Enttäuschung. Schmerzlich aber heilsam.« Er mußte seine kleine Lebensphilosophie abrupt unterbrechen. Trotz des Wetters waren doch noch Gäste gekommen, die Franco begrüßte, an einen Tisch führte und deren Bestellung er aufnahm. Laurenti goß sich von dem schweren Weißwein nach und angelte sich eine MS aus Francos halbvoller Packung. Das Rauchen fiel ihm schon viel leichter als gestern.
     
    Als Rossana Di Matteo um Viertel vor neun hereinkam, war er schon lange nicht mehr nüchtern, aber fröhlicher, als er es sich am Morgen noch hatte vorstellen können. Nur den Hunger hatte er sich fast komplett weggetrunken, so daß er von der wunderbaren Fischsuppe, in der es an nichts fehlte, nur wenig mehr als die Hälfte schaffte. Mit den panierten Sardinen ging es besser.
    Rossana, die einem halben Hummer das Fleisch aus der Schere zog, spöttelte über seinen Hauptgang. »Kinderessen, Proteo. Der frustrierte Mann tut sich was Gutes. Schade, daß es keine Fischstäbchen mit Mayonnaise gibt.«
    Sie bestellten die zweite Flasche Rotwein. Die »Quela« der Klinec-Brüder war ein Hit, und der beste Rotwein, den Franco zu bieten hatte.
    Proteo hatte ihr sein Leid geklagt. Sie, als verantwortliche Redakteurin für den Lokalteil des »Piccolo«, hatte natürlich gehofft, er würde ihr die neuesten Erkenntnisse vom Mord in Contovello berichten, doch ging es Proteo um wichtigere Angelegenheiten. Sie hörte ihm schweigend zu, bedauerte ihn und versprach, bald mit Laura zu

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