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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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telefonieren.
     
    »Manchmal«, sagte Proteo, »denke ich daran, daß wir damals ruhig hätten etwas weiter gehen können, Rossana.« Vor Jahren hatten die beiden einmal miteinander geflirtet, aber es war nichts draus geworden. Die Freundschaft blieb gottlob erhalten.
    Rossana lachte hell auf. »Du warst verheiratet, Laurenti! Ich war verheiratet! Laura erwartete ihr zweites Kind! Desaster!«
    »Und jetzt?«
    Rossana beugte sich herüber und küßte ihn auf die Wange. »Keine gute Idee, Proteo. Überhaupt nicht«, sagte Rossana.
     
    Franco hatte, nachdem die anderen Gäste gegangen waren, vorgeschlagen, den Laden dicht zu machen und in einer Bar einen letzten Drink zu nehmen. Sie landeten um Mitternacht in einer Bar, in den eng verschlungenen Winkeln des ältesten Stadtteils von Triest, unterhalb des Kastells von San Giusto. Und dort begann Laurentis Desaster. Am Faro konnte er noch nein zur Grappa sagen, hier mußte er nach einem zwanzig Jahre alten Whisky idiotischerweise noch eine Caipiriña nach der anderen trinken. Er machte sich an Rossana heran und schwafelte davon, sie sollten doch nachholen, was sie damals nicht getan hatten. Hatte Galvano nicht gesagt, er solle sich eine Geliebte suchen? Doch Rossana amüsierte sich nur über seine Komplimente und wich ihm geschickt aus. Gegen zwei Uhr ließ sie ihn einfach stehen. Auch Franco wollte plötzlich gehen. Verflucht, wie hatte der Kerl es nur angestellt, Rossana abzuschleppen? Proteo hatte sie doch keine Sekunde aus den Augen gelassen. Das Rätseln über dieser Frage dauerte bis vier Uhr früh, dann fuhr Commissario Proteo Laurenti sturzbetrunken nach Hause.
     
    Er zog die Spülung und ging ins Bad. Eine lange, heiße Dusche spülte auch große Teile des schlechten Gefühls weg. Dann wollte er Kaffee machen. Die Küche sah katastrophal aus. Müll von drei Tagen und unabgewaschenes Geschirr.
    Marco hatte gestern abend nach dem Training offensichtlich schon wieder Pizza bestellt und sie mit Freunden zusammen verputzt. Der große Tisch in der Küche stand voller Reste, Kartons und leerer Gläser. Wenigstens nur drei Bierflaschen, dachte Laurenti beruhigt, wenigstens haben sie sich nicht betrunken. Er sammelte die Pizza-Kartons zusammen und legte sie auf die vom Abend zuvor neben den vollen Mülleimer an der Spüle. Er trug die Gläser vom Tisch und stellte sie ins Spülbecken zu den anderen. Auch die leeren Bierflaschen stellte er neben den vollen Mülleimer, kippte schließlich den Kaffeesatz aus der Espressomaschine ins Spülbecken und füllte sie. Er nahm sich fest vor, heute abend sauberzumachen.
    *
    Das Verhör begann, nachdem der Kutter von den Beamten der Capitaneria inspiziert worden war. Sie waren gleich an Bord gegangen, nachdem die »San Francesco« vertäut war.
    »Für das Wetter habt ihr einen relativ guten Fang«, sagte einer von ihnen, als er die Kisten sah. Die oberen waren geöffnet, die Fische glänzten silbern in der Morgensonne. »Aber der Preis war zu hoch.«
    »Können wir verladen?« fragte Marasi ungerührt. »Die Transporter warten.«
    Da der Tenente nicht antwortete, gab Marasi ein Handzeichen. Luca und Mario hoben die Kisten über die Bordwand.
    Nur Marasi sprach mit den Inspekteuren. Er führte sie zum Ausleger, an dem das Schleppnetz hing, und gab seine Erklärungen ab. Mario und Luca arbeiteten schweigend und mit finsterer Miene, Nicoletta stand auf der Mole und gab Anweisungen. Sie erkannte die Ware aus Kroatien an einem roten Punkt auf dem Styropor. Nach zwanzig Minuten fuhren die beiden Kühlwagen von der Mole an der Pescheria vorbei auf die Riva Nazario Sauro und verschwanden im erwachenden Berufsverkehr. Nicoletta wartete vor dem Kutter.
    Die Dienstwagen der Guardia Costiera hatten für Aufmerksamkeit gesorgt. Ein Rentnerehepaar, im Alter Marasis und mit stark nach Naftalin riechenden Wintermänteln, stand mit seinem kleinen Hund etwas abseits und schaute neugierig herüber. Drei Fischer waren zu Nicoletta getreten und fragten, was passiert sei. Sie hatte nur »Giuliano« gesagt, das genügte. Sie sahen Luca und Mario beieinander stehen und auf Marasis Erklärungen achten. Der Tenente der Küstenwache hörte mit steinernem Gesicht zu. Seine Beamten hatten die Instrumente abgelesen, sich in Steuerhaus und Stauraum umgesehen, das Deck inspiziert, Netze und Taue oberflächlich begutachtet. Es gab nicht viel zu sehen. Nichts Ungewöhnliches auf wenig Raum. Als auch Marasi nichts mehr zu seinen knappen Erklärungen hinzufügte,

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