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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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geht?«
    In diesem Moment betrat Sgubin das Büro, um Proteo Laurenti abzuholen. Bruna Saglietti stand noch auf dem Programm. Sie mußten heute abend noch mit ihr reden. Sgubin grinste über den Streit der beiden.
    »Was willst du?« herrschte ihn Laurenti an.
    »Die Saglietti wartet. Ich habe sie angerufen. Aber wenn du willst, gehe ich alleine. Es ist schon nach neunzehn Uhr.«
    »Nein, nein. Ich komme mit.« Laurenti schaute seinen Sohn sehr ernst an. »Marco, ich weiß nicht, wie lange das dauert. Bitte geh jetzt nach Hause und ruf gleich deine Mutter an. Sie ist sehr beunruhigt über deine Festnahme. Sag ihr, was los ist. Ich komme dann gleich nach, und wir besprechen das ganze in aller Ruhe. O.k.?«
    »Ist gut! Da ist übrigens noch etwas.«
    »Ach? Es wäre auch zu komisch, wenn nicht. Also, was?«
    Marco rutschte von der Schreibtischkante. »Du erinnerst dich doch sicher an Luciana.«
    Laurenti runzelte die Stirn.
    »Luciana, die mit mir im ›Bellavia‹ war.«
    »Die hübsche? Was ist mit ihr?«
    »Ich wollte dich fragen, ob du nichts für sie tun kannst. Sie hat eine Anzeige am Hals wegen der Tür.«
    »Also weißt du doch, wer es war!«
    »Nein, nein. Aber irgendeiner der Polizisten behauptet das. Könntest du vielleicht …«
    Laurenti schlug mit der Hand auf den Tisch. »Ich möchte noch den Tag erleben, an dem mal irgend jemand etwas für mich tut! Verflucht!« Proteo steckte sich eine Zigarette an. »1st sie eigentlich deine Freundin?«
    »Gibst du mir bitte auch eine, Papà?«
    Sgubin beobachtete erstaunt, wie Laurenti Marco das Päckchen hinhielt.
    »Seit wann rauchst du?« fragte Sgubin.
    »Ich rauche nicht«, schnaubte Laurenti. »Also, gehen wir jetzt endlich? Und du, schau, daß du nach Hause kommst!«

Schmutziger Donnerstag
    Am 23. November war der Tag aschgrau. Die Temperatur war über Nacht auf zwanzig Grad gestiegen und die extreme Luftfeuchtigkeit trieb einem den Schweiß auf die Haut. Der übliche Triestiner Wetterumschwung, der in den letzten Jahren immer stärker wurde. Gaddhaffi schickte mit dem leichten Scirocco Grüße aus Wüstensand über das Meer, die sich als gelb tränende Spuren auf den Karosserien der Autos niederließen. Nach der Bora nera zum Wochenanfang war dies eine üble Überraschung, die sich in allgemeiner Schlappheit und schlechter Laune ausdrückte. Viel zu warm für die Jahreszeit, fluchten viele, die am Sonntag empört noch genau das Gegenteil behauptet hatten. Das Klima fuhr wieder einmal Karussell.
    Luca Vidulini war früh aufgestanden. Er hatte sich vorgenommen, zu Nicoletta zu gehen, nachdem er am Abend zuvor mit Mario gestritten hatte und auch den ganzen Mittwoch Marasi nicht aufzufinden war. Marasi war Dienstag abend nicht wie verabredet zum Abendessen erschienen, bei dem sie mit ihm über den Kutter hatten sprechen wollen. Aber Mario hatte dies nicht weiter gekümmert. Zuerst war er über eine halbe Stunde zu spät gekommen, obwohl Marasi doch für zwanzig Uhr bestellt war. Lucas Frau hatte gezetert, denn der Lammbraten im Ofen konnte nicht mehr besser werden. Dann war Mario nach einer Dreiviertelstunde aufgestanden und hatte gesagt, es habe keinen Sinn, noch länger zu bleiben, Marasi käme nicht mehr, er habe Lunte gerochen – Marasi sei schließlich kein Idiot. Mario sagte, er habe keinen Hunger und sei müde.
    Sie hatten mehrmals vergebens bei ihm angerufen. Marasi konnte nicht einfach verkaufen, wenn sie nicht zustimmten. Und doch war klar, daß sie mitziehen mußten, denn ohne Marasi konnten auch sie nichts machen. Irgendein Kompromiß war zu finden, der sie leben ließ, auch wenn Marasi ausstieg. Ihm gehörte der größte Anteil, fünfundvierzig Prozent des Kutters, während sie sich zu dritt den Rest teilten. Keiner von ihnen hatte soviel Geld, um Marasi auszuzahlen. Sie brauchten Zeit, sich die Mittel zu beschaffen oder mit ihm zumindest zu verhandeln, wie sie seinen Anteil abstottern konnten. Jetzt waren sie nur noch zu zweit und mußten auch Giulianos Anteil aufbringen. Eliana hatte ein Recht darauf. Aber Marasis Ansprüche mußten sie herunterschrauben. Immerhin war es seine Schuld, daß Giuliano über Bord gegangen war. Und für Mittwoch waren sie zu einer neuerlichen Befragung in die Capitaneria bestellt. Damit konnten sie Druck machen. Ugo Marasi mußte nachgeben, darüber waren sie sich einig. Sie würden ihn mit allen Mitteln so weit bringen. Er konnte sich nicht erlauben, daß die Behörden erfuhren, welche Fracht sie in den unzähligen

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