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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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entfernt, jetzt mit ihr über den Preis zu reden, den sie nannte.
    »Was ich dir gesagt habe. Tu nicht so, als wüßtest du nichts. Du bist gekommen, um über den Kutter zu sprechen. Ich habe dir gesagt, was ich zu sagen habe. Gebt mir bis Montag Bescheid. Sonst wird es weniger.«
    »Aber … wie …« Luca versuchte einen klaren Satz zu finden. Doch Nicoletta schaute an ihm vorbei und schob ihn grob zur Seite.
    »Was wünschen Sie?«
    Der Angestellte hatte den Mann, der im Laden nach Nicoletta fragte, nach hinten geschickt.
    »Ich komme wegen Ugo Marasi?«
    »Und was wollen Sie von ihm?«
    »Ich möchte mit seiner Tochter sprechen!«
    »Weshalb?« fragte Nicoletta aggressiv.
    »Es ist persönlich, Signore!«
    »Reden Sie!« Zuerst hielt Luca sie von der Arbeit ab, und dann kam dieser Fremde, der sie für einen Mann hielt. Wie viele, viele Male war ihr das schon passiert, nur weil sie so sehr ihrem Vater glich und ihre Stimme männlich klang.
    »Wo finde ich Nicoletta Marasi?«
    »Das bin ich. Also, was wollen Sie?«
    »Commisario Laurenti, Polizia di Stato. Entschuldigen Sie, ich dachte …« Er verbiß sich den Rest. »Wo kann ich ungestört mit Ihnen sprechen?« Er schaute auf Luca.
    »Hier«, antwortete Nicoletta. »Luca, geh jetzt! Du weißt, was ich dir gesagt habe.«
    Luca setzte seine dunkelblaue Kappe wieder auf und schaute sie unschlüssig an. »Ja, also … Wir sehen uns.« Luca drückte sich an ihnen vorbei und Laurenti wartete, bis er ihn durch die Hintertür im Laden verschwinden sah.
    »Also?« fragte Nicoletta.
    »Wann haben Sie ihren Vater zuletzt gesehen?«
    »Am Dienstag morgen.«
    »Haben Sie danach von ihm gehört?«
    »Nein.«
    »Ich möchte, daß Sie mit mir kommen. Man muß ihn identifizieren. Ihre Mutter hat ihn zwar schon auf dem Foto erkannt. Aber es führt nichts an einer persönlichen Identifikation vorbei. Wir konnten das ihrer Mutter in ihrem Zustand gestern abend nicht zumuten.«
    »Wann?«
    »Jetzt, wenn es Ihnen möglich ist.«
    »Warten Sie draußen auf mich.« Nicoletta drehte sich um, zog einen mächtigen Schlüsselbund aus der Hosentasche und schritt energisch hinüber zu ihrem Büro auf der anderen Seite des Hofs.
    Laurenti ließ den Blick über das Gebäude schweifen, in dem die anderen Etagen offensichtlich leer standen, und ging zurück in den Laden. Er betrachtete die Fische, überlegte kurz, einen großen Rombo zu kaufen, den sie am Abend im Backofen zubereiten könnten, in Weißwein, mit Kartoffeln und ein paar kleinen Tomaten. So wie früher, wenn er auf seinen Wegen durch die Stadt ein verlockendes Angebot sah, Laura übers Mobiltelefon anrief und fragte, ob er etwas fürs Abendessen mitbringen solle. Aber das war Schnee von gestern. Sie waren nur zu zweit, und die Küche war noch immer nicht aufgeräumt und sah von Tag zu Tag schlimmer aus. Gestern abend war er zu müde und zerschlagen nach der unergiebigen Befragung Bruna Sagliettis nach Hause gekommen, um noch irgend etwas anderes tun zu können, als mit seinem Sohn ins Restaurant zu gehen.
    Bruna Saglietti hatte sie in die Bar im Erdgeschoß des Hauses in der Via Stuparich bestellt, weil sie niemand in ihre Wohnung lassen wollte. Bruna war zusammengebrochen und mit einem Weinkrampf auf die Straße gestürzt, als sie Ugo auf dem Foto erkannte. Es war die Bestätigung für ihre Vermutungen, für dieses dumpfe Ahnen, das sie seit Dienstag abend verfolgte. Laurenti konnte mit Mühe verhindern, daß sie in ein Auto lief. Dann riefen sie über Funk den Notarzt aus dem nahegelegenen Ospedale Maggiore und überließen Bruna seiner Obhut.
     
    Nicoletta riß ihn aus seinen Gedanken und seinen Blick weg von dem prächtigen Rombo, dem er die ganze Zeit in die toten Augen und aufs offene Maul starrte.
    »Ich bin bald zurück«, sagte sie giftig zum Fischverkäufer. »Ich hoffe, ihr könnt das auch einmal eine Stunde ohne mich und ohne den Laden zu ruinieren!« Der arme Mann schaute sie eingeschüchtert an und antwortete verhalten: »Si, Signora!«
    Nicoletta riß die Tür auf und ging voraus.
    »Wo ist es?« fragte sie auf der Straße.
    »Im Ospedale Maggiore, bei der Gerichtsmedizin.« Laurenti hatte seinen Wagen auf den reservierten Parkplatz der Guardia di Finanza gestellt und zeigte auf ihn. »Ich bringe Sie nachher zurück.«
    »Das ist nicht nötig«, antwortete Nicoletta. »Ich gehe danach bei meiner Mutter vorbei. Sie ist krank.«
    »Ich weiß, ich habe gestern abend den Notarzt für sie gerufen. Sie war in einem sehr

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