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Die Toten Vom Karst

Die Toten Vom Karst

Titel: Die Toten Vom Karst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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zurückkäme?«
    »Weshalb denn nicht?« Diese Frage kannte er doch schon.
    »Man weiß nie. Vielleicht hast du dir ja schon jemand anderes angelacht. Ich meine, ich könnte dich verstehen.«
    Wenigstens seine Lieblingstochter hielt zu ihm.
    »Ich wüßte nicht wen. Aber was hat sie denn gesagt?« Er war ganz aufgeregt.
    »Nichts. Hör, Papa, ich muß auflegen, es hat geklingelt. Bis bald.«
    »Patrizia, hat Laura denn etwas gesagt?«
    Doch er hörte nur noch das Besetztzeichen.
    Was hatte diese eigenartige Fragerei seiner Tochter zu bedeuten? Er schüttelte den Kopf, stand auf, trat ans Fenster und schaute lange auf die Straße. Erst Marietta riß ihn wieder aus seinen Gedanken.
    »Willst du nicht endlich die beiden Fischer vernehmen, bevor sie davonlaufen?«
    Er schrak auf. »Ja, ja. Ist ja gut. Ruf sie rein.«
     
    Um siebzehn Uhr war Živa Ravno noch nicht da. Dafür kam Antonio Sgubin und berichtete von seiner Lektüre der Unterlagen der Familie Gubian.
    »Vier Stunden saß ich über dem Kram. Wie kann man nur so viele Glückwunschkarten zu Weihnachten und Geburtstagen aufbewahren? Der Alte aus Pola hat nie geschrieben. Und andere Verwandte gab es nicht. Über den Geschäftsunterlagen sitzt Tozzi, er hat auch die Kaufverträge für das Haus und die Versicherungsunterlagen. Ich habe ihn wegen der Lebensversicherung gefragt. Die Eltern hatten sich gegenseitig als Bezugsberechtigte eingesetzt. Jetzt wird das Geld wohl der Alte erben. Ganz schön viel! Wenn er nicht so alt wäre, käme er durchaus als Verdächtiger in Frage. Aber was will er denn mit dem Geld. Sonst war nichts Nennenswertes dabei.«
    »Vielleicht hat er ja eine junge Geliebte und geht heimlich ins Casino.«
    »Der doch nicht!«
    »Wer weiß, Sgubin. Jeder Mensch ist ein Abgrund.«
    »Hast du eigentlich jemanden gefunden, der sich mit diesem ganzen Istrien-Komplex auskennt?« fragte er Marietta.
    »Noch nicht. Ich habe beim ›Piccolo‹ angefragt, doch den Journalisten, den sie mir nannten, wollte ich nicht fragen. Der ist von der Alleanza Nazionale, und den Faschisten traue ich da nicht. Es gibt einen Historiker in der Stadt, aber er ist schon über achtzig.«
    »Jemand jüngeren werden wir kaum finden! Ruf ihn an und frag, ob wir ihn sprechen können. Ich komme gerne bei ihm vorbei.«
    »Das habe ich schon getan. Er hat eine Grippe und muß sich schonen. Nächste Woche. Aber ich habe dir ein paar Bücher zum Thema besorgt. Es dürften nicht die allerschlechtesten sein, wie mir die Buchhändlerin sagte. Ganz schön teuer übrigens. Ich glaube nicht, daß das als Spesen durchgeht.«
    Laurenti nahm ihr die fünf Bücher ab und schaute sie an, er blätterte in den Inhaltsverzeichnissen, las die Autorenbiographien und gab ihr schließlich zwei zurück.
    »Kannst du die zurückbringen? Die anderen drei bezahle ich. Wollte den Kram sowieso mal lesen.«
    »Im Moment hast du ja nachts nichts anderes zu tun.«
    Proteo Laurenti wollte gerade auffahren, als es hinter Marietta klopfte. Es war Živa Ravno. Sie trug den wallenden Mantel offen und darunter ein rostrotes Kleid aus reinem Kaschmir. Ein Lächeln umspielte ihre Gesichtszüge, als Proteo Laurenti aufsprang um sie zu begrüßen.
    »Oh, Živa, welch eine Freude!«
    Er half ihr aus dem feinen Mantel. Ihr dicker Zopf streifte ihn an der Wange. Sgubin saß mit halboffenem Mund wie angewurzelt auf dem Stuhl und starrte sie mit großen Augen an. Marietta stand in der Tür und schnitt eine Grimasse, die niemand sah.
    »Kaffee? Marietta, Kaffee bitte!« rief Laurenti, doch hob er gleich die Hand. »Oder dürfen wir Ihnen was anderes anbieten, Živa?«
    Marietta faßte sich an die Stirn und ging hinaus. »Oder dürfen wir Ihnen was anderes anbieten!« äffte sie ihn leise nach. »Ziiiiiiiva?« flötete sie. Als hätten sie etwas anderes anzubieten als Kaffee aus der Maschine, die Proteo und sie vor zwei Jahren zusammen gekauft hatten. Und sie, Marietta, ginge gewiß nicht in die Bar, um andere Getränke für diese Dame zu besorgen.
    »Wir sind soweit fertig?« fragte Laurenti mit Blick auf Sgubin, der immer noch verklärt die Staatsanwältin anstarrte. »Bitte, Živa, nehmen Sie doch Platz.« Er zog einen Stuhl vom Tisch.
    »Schon«, antwortete Sgubin zögernd. »Warum fragen wir nicht Galvano, ob er jemanden aus Istrien kennt?«
    Živa Ravno horchte auf.
    »Der hat uns gestern abend schon das halbe Ohr abgeschwatzt«, sagte Laurenti. »Nicht wahr, Živa?«
    »Was brauchen Sie? Vielleicht kann ich ja helfen«,

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