Die Toten Vom Karst
davon, daß ich Laura immer treu …«
»Sag’s bitte nicht!« Ettore Orlando hatte warnend die Hand gehoben. »Sag’s nicht, Proteo, dann überprüft es auch keiner! Aber du hast recht, ich habe mich immer gewundert, daß sich diese Versteckspieler jenseits der Grenze noch nie über den Weg gelaufen sind, zufälligerweise natürlich. Also, was ist dran?«
»Nichts, Ettore, rein gar nichts! Zum Teufel, ich ersticke in Arbeit und wüßte nicht, wann ich auch noch eine Affäre nebenbei haben sollte. Habt ihr den Kutter schon beschlagnahmt?«
»Schau raus! Da unten liegt er. Die Schnüffler sind bei der Arbeit.«
Laurenti ging zum Fenster. Das Schiff lag vertäut am Kai vor der Capitaneria. Ein Beamter führte gerade einen Schäferhund von Bord und ließ ihn in den Wagen springen. Der Polizist schüttelte den Kopf, während er mit einem Kollegen sprach.
»Was habt ihr Nicoletta gesagt?«
»Bis jetzt nichts. Die Anordnung zur Beschlagnahme liegt noch hier. Sie wird ihr nachher zugestellt.«
»Was steht drin?«
»Ermittlung wegen des Verschwindens von Giuliano Scroppetti, weshalb?« Orlando warf das Papier auf den Tisch.
»Dann ist es gut. Sie darf auf keinen Fall erfahren, daß wir nach Drogen suchen.«
»Und wie geht es weiter?«
»Tozzi macht sich mit seiner Truppe über Nicolettas Konten her. Außerdem haben die beiden Kollegen von Marasi sie unter Druck gesetzt. Dort wird auch einiges vorangehen. Und wenn an der Drogengeschichte was dran ist, dann fliegt es spätestens mit dem nächsten Transport auf. Gib den Kahn nach der Durchsuchung wieder frei, Ettore. Und wenn du Nicoletta so schnell wie möglich die angefragte Lizenz erteilen würdest, wäre das nicht schlecht. Wenn alles andere nicht weiterhilft, dann müssen wir notfalls abwarten, bis die nächste Lieferung kommt.«
»Wenn eine kommt!« Orlando fuhr sich mit seiner schweren Pranke durchs schwarze Haar und ließ die Hand im Nacken ruhen. »Was macht dich so sicher?«
»Nichts Konkretes. Aber ich frage mich, weshalb Marasi als einziger von hier aus in internationale Gewässer gefahren ist, um zu fischen, während es den anderen mit den Erträgen, die der Golf von Triest hergibt, auch nicht schlecht geht. Ganz abgesehen von seinem Alter.«
»Gute Frage. Ich veranlasse, daß die Aufzeichnungen der letzten zwei Jahre durchgesehen werden. Seine Ein- und Ausfahrtsdaten. Vielleicht ergibt sich daraus etwas, was wir bisher nicht gesehen haben.«
»Braucht ihr lange dazu?«
»Nein.« Orlando griff zum Telefon. »Das ist alles gespeichert. Der Abruf dauert nicht lange.« Er gab die Anweisung an seinen Sekretär weiter.
»Kannst du die Liste bitte gleich an Tozzi weiterleiten lassen. Vielleicht hilft es, wenn man sie mit den Kontenbewegungen Nicolettas vergleicht.«
»Und wenn nicht?«
»Dann heißt es eben abwarten. Aber ich rieche, daß es vorangeht.«
»Apropos riechen, mein Lieber«, Orlando schaute auf die Tüte, die an Laurentis Stuhl hing. »Hast du Fisch gekauft.«
»Verdammt, ja! Jetzt fragst du mich auch noch. Aber es sind nicht die Fische hier, die stinken! Die sind frisch. Ich gebs ja zu: heute früh habe ich zwar die Kleider gewechselt, aber nicht die Schuhe. Daher der Geruch. Zufrieden?«
»Der verlassene Ehemann! Ich bezweifle, ob dein neues Parfüm bei dieser Kroatin so gut ankommt.«
»Was hat das damit zu tun?«
»Viel. Wenn du so gute Verbindungen zu den Kroaten hast, wie es scheint, dann versuch doch mit Gubian zu sprechen. Fahr nach Pola! Sag ihm, daß er unter Mordverdacht steht, mach ihm das mit allen Konsequenzen klar. Vielleicht redet er dann endlich.«
»Da hab ich auch schon dran gedacht. Ich lasse sie schon überall suchen. Marietta wird mich anrufen, sobald sie Živa Ravno gefunden hat. So, jetzt muß ich gehen.« Er schaute auf die Armbanduhr. »Um zwölf Uhr ist die Sitzung, und wenn ich davor nicht die Schuhe wechsle, hört das mit diesen überflüssigen Bemerkungen nie auf.«
»Vergiß deinen Wagen nicht, Proteo, sonst berechnen wir dir Parkgebühren. Was für Fisch hast du eigentlich gekauft?«
»Guati! Ich mach sie heute abend.«
»Guati? Wieviele hast du?«
»Tut mir leid, aber ich kann dich nicht einladen«, sagte Laurenti, als er den lüsternen Blick Orlandos sah. »Das hier reicht dir nicht einmal als Vorspeise! Und ich muß endlich Ordnung in den Saustall zu Hause bringen. Ein andermal gerne.«
»Erwartest du etwa jemanden?«
»Vergiß es!«
In der Tat war heute ein besonderer Tag: Proteo
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