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Die Toten von Bansin

Die Toten von Bansin

Titel: Die Toten von Bansin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pupke
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getragen. Im niedrigen Wasser stehen kleine Lach- und Silbermöwen, hin und wieder werden sie von herumtollenden Hunden aufgescheucht. Von einem Pfahl der Buhne aus sieht eine große Sturmmöwe dem Treiben zu. Als Arno Potenberg an diesem Montagmorgen die Bude aufschließen will, wundert er sich. Der Schlüssel lässt sich nicht drehen. Er fasst die Tür an und öffnet sie. Da hat Plötz wohl gestern vergessen, abzusperren.
    Wer weiß, wie lange die noch gesoffen haben. Er sieht zum Bierkasten, der kaum noch volle Flaschen enthält, und daneben entdeckt er zwei leere Rumflaschen. Es wird wirklich Zeit, dass sie wieder fischen können. Im Moment vertrinkt Plötz mehr, als er verdient.
    Wie an jedem Morgen im Herbst und Winter gießt Arno Mineralwasser aus einer Flasche in den Wasserkocher. ›Wenigstens hatten sie so viel Verstand, mir etwas übrig zu lassen‹, denkt er, als er sich umsieht. ›Haben ja reichlich verbraucht für ihren Grog. Gestern Vormittag waren doch noch mindestens fünf Flaschen voll.‹
    Er hängt einen Teebeutel in ein Glas und fängt an, ein wenig aufzuräumen. Dann gießt er das Wasser auf und lässt den Tee ziehen. Nach zehn Minuten entfernt er den Beutel, nimmt das Glas in beide Hände und setzt sich in den Sessel. Er denkt an Sophie, während er in kleinen Schlucken trinkt. Als das Glas leer ist, steht er auf. Automatisch will er sich den Pullover über den Kopf ziehen, so wie immer, wenn er den Tee getrunken hat. Er zieht sich dann zügig aus, solange er noch von seinem Getränk erwärmt ist, und läuft ins Wasser.
    Aber jetzt fällt ihm ein, dass Plötz ja heute nicht kommt. Der heizt sonst den Ofen an, während Arno in der Ostsee badet. Heute muss er das selbst machen. Er überlegt kurz und beschließt dann, erst den Ofen anzuheizen, dann wird es nachher schon warm, wenn er sich wieder anzieht.
    Er geht in die benachbarte Hütte, in der Plötz sein Brennmaterial aufbewahrt. Ein Korb mit Kohlen steht schon bereit, darauf liegen ein paar Stücke Holz und einige Kienspäne. Arno trägt ihn in die Bude und stellt ihn neben den Ofen. Dann holt er einen Blecheimer aus der Ecke und füllt ihn mit der kalten Asche. Als er sich aufrichtet, wird ihm plötzlich schwindlig. Er erreicht gerade noch den Sessel, dann sinkt er bewusstlos zusammen.
    Â»Du hättest zum Arzt gehen müssen.« Sophie ist völlig aufgelöst, den Tränen nahe. »Stell dir vor, das wäre dir im Wasser passiert!«
    Arno betrachtet die zierliche Frau mit den feinen Gesichtszügen zärtlich. Noch nie hat jemand so innig Anteil genommen an seinem Schicksal, nicht einmal seine eigene Mutter. Er hat auch nie geglaubt, dass er es wert wäre, so geliebt zu werden. Seine wenigen sexuellen Erfahrungen hat er immer nur in oberflächlichen Beziehungen gemacht. Zum ersten Mal in seinem 37-jährigen Leben hat er gewagt, sich wirklich zu verlieben. Er ist glücklich.
    Â»Arno, bitte! Was ist los?«
    Seufzend kehrt er auf den Boden der Realität zurück. »Ja, das frage ich mich auch. Es muss etwas im Tee gewesen sein, beziehungsweise im Teewasser, das mich betäuben sollte. Deshalb war auch nur diese eine Flasche noch da. Und die Bude war nicht abgeschlossen. Ich habe den Tee getrunken und vielleicht fünf Minuten später bin ich einfach umgekippt. Als ich wieder wach wurde, war es draußen schon dunkel. Dann bin ich hergekommen. Wie spät ist es eigentlich?«
    Â»Kurz nach fünf.« Sophie starrt ihn ungläubig an. »Du meinst, das hat jemand mit Absicht gemacht?«
    Er zuckt mit den Schultern. »Ich weiß doch auch nicht. Aber überleg mal, es passt doch alles zusammen.«
    Anne kommt hereingestürmt und will etwas sagen, stutzt aber, als sie die beiden sieht.
    Â»Was ist los? Ist schon wieder etwas passiert?«
    Â»Ja, fast.«
    Sophie erzählt, was vorgefallen ist. »Nun stell dir mal vor, Arno wäre ins Wasser gegangen, so wie immer, wenn er den Tee getrunken hat.«
    Â»Du solltest wirklich zum Arzt gehen«, rät Anne. »Wenn du irgendwelche Betäubungsmittel genommen hast, lässt sich das sicherlich im Blut nachweisen. Also, ich an deiner Stelle würde es wissen wollen.«
    Â»Wahrscheinlich hast du Recht. Mir ist auch immer noch ganz schlecht. Aber jetzt ist doch kein Arzt mehr da. Ich geh morgen hin.«
    Â»Mann, Arno!« Sophie versteht ihn

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