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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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Das Kind oder irgendwas anderes. Sie mochte unsere Abendessen nicht. Sie war sehr traditionell eingestellt. Man geht nur zu einer Einladung zum Essen, wenn es bei einer richtigen Familie stattfindet. Sie fühlte sich unwohl. Sie kannte kein Gesprächsthema außer Mario, und ich habe keine Kinder, also…«
    »Sie war neurotisch«, sagte Marty.
    »Wie haben sich Señor Vega und seine Frau verstanden?«
    »Er war ihr gegenüber sehr loyal «, sagte Maddy.
    »Heißt das, dass es keine Liebe mehr war?«
    »Liebe?«, fragte sie.
    Marty starrte sie nickend an, und seine Nase durchschnitt die kühle Luft, als wollte er sie auffordern, den Gedanken zu vollenden, den sie begonnen hatte.
    »Glauben Sie nicht, dass Loyalität ein Teil von Liebe ist, Inspector Jefe?«
    »Doch«, sagte Falcón. »Aber ich hatte den Eindruck, dass Sie Loyalität von dem Ganzen abgetrennt hätten, als wäre das alles, was geblieben war.«
    »Glauben Sie nicht, dass das das Wesen einer Ehe… oder einer Liebe ist, Inspector Jefe?«, fragte sie. »Dass die Zeit sie zerstört, die Leidenschaft und das Begehren abträgt, den Thrill des Sex…«
    »Herrgott noch mal«, sagte Marty auf Englisch.
    »…die Intensität des Interesses für das, was der andere sagt oder denkt, die ausgelassene Heiterkeit über die kleinsten Witze, die tiefe, rückhaltlose Bewunderung der körperlichen Schönheit, Intelligenz, moralischen Gewissheit…«
    »Ja«, sagte Falcón, und sein Inneres zog sich zusammen wie manchmal während der Therapiesitzungen mit seiner Psychologin. »Das ist wahr…«
    Er lehnte sich zurück, um sich selbst mehr Raum zu geben, schrieb irgendeinen Unsinn in sein Notizbuch und wollte nur noch raus.
    »Sie wollen also sagen, dass die Ehe der Vegas Ihrer Ansicht nach gefestigt war, Señora Krugman?«
    »Ich habe nur bemerkt, dass er ihr gegenüber loyal war. Sie war eine kranke und bisweilen unglückliche Frau, aber sie war die Mutter seines Kindes, und das hatte für ihn beträchtliches Gewicht.«
    Der Boden unter Falcóns Füßen schien wieder fester zu werden, nachdem sein offizielles Anliegen sich wieder in den Vordergrund geschoben hatte.
    »Señor Vega hatte die Dinge gern unter Kontrolle«, sagte er.
    »Er hatte entschiedene Vorstellungen davon, wie alles erledigt werden sollte, und einen sehr disziplinierten Verstand«, sagte Marty. »Ich habe nie tieferen Einblick in seine Firma genommen, als es für die Durchführung meiner Arbeit notwendig war. Er hat nicht versucht, mich in irgendetwas außerhalb meiner Projekte hineinzuziehen. Er bat mich sogar, sein Büro zu verlassen, wenn er am Telefon über andere Aufträge sprechen wollte. Er hat großen Wert auf hierarchische Ordnung und die Informationsübermittlung an seine Person gelegt, und darauf, wer in der Befehlskette was zu tun hatte. Ich habe keine direkten Erfahrungen damit, aber auf mich wirkte sein Stil militärisch, was auf einer Baustelle nichts Schlechtes ist. Menschen können dort leicht ums Leben kommen.«
    »Im Leben auch«, sagte Maddy.
    »Was?«, fragte Marty.
    »Im Leben hatte er auch gern alles unter Kontrolle. Den Gärtner, seine Familie, sein Fleisch«, sagte sie und deutete einen Handkantenschlag auf ihr Knie an.
    »Seltsam, dass er zum Essen hierher kam«, sagte Falcón. »Ich hätte vermutet, er wäre in ein Restaurant gegangen, wenn er sich schon fremden Händen anvertraut.«
    »Er verstand, dass es eine amerikanische Sitte ist«, sagte Marty.
    »Es hat ihm gefallen«, sagte Maddy und zuckte die Schultern, was ihre Brüste wieder erbeben ließ. Ihre Beine rutschten zur Seite, und sie rieb sie aneinander, als wolle sie sich kratzen.
    Jede Wette, dachte Falcón.
    »Ein kontrollfixierter Mensch würde sich vielleicht umbringen, wenn seine sorgfältig errichtete Welt wegen eines finanziellen Debakels oder eines entehrenden Skandals auseinander zu brechen drohte. Sie könnte auch wegen einer emotionalen Verwicklung einstürzen, die verkehrt gelaufen ist. Wenn Ersteres oder Zweites der Fall war, werden wir das früh genug erfahren. Wissen Sie irgendetwas über die dritte Möglichkeit?«, hakte Falcón nach.
    »Glaubst du, er war der Typ, der Affären hatte?«, fragte Marty seine Frau.
    »Affären?«, wiederholte Maddy wie für sich.
    »Er hätte einen Abschiedsbrief hinterlassen«, sagte Marty. »Hat er?«
    »Keinen konventionellen«, sagte Falcón und trug ihnen den Text vor.
    »Das klingt fast zu poetisch für jemanden wie Rafael«, sagte Maddy.
    »Und was ist mit dem

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