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Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)

Titel: Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Wilson
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er auf jeden Fall.«
    »Allerdings«, meinte Ortega und lehnte sich laut lachend in seinen Sessel zurück.
    »Wir sollten zur Sache kommen«, sagte Falcón.
    »Ja, ich wusste schon, dass irgendwas im Busch war, als ich das Rattengesicht da draußen selbstzufrieden und behaglich in seinem teuren Sommeranzug herumspazieren gesehen habe«, sagte Ortega. »Leute, die sich für die Arbeit derart herausputzen, sind mir immer verdächtig. Sie wollen mit ihrer äußeren Erscheinung glänzen, während sie ihre innere Leere mit allen möglichen dunklen Lebensformen füllen.«
    Peinlich berührt von Ortegas melodramatischer Tirade, kratzte sich Falcón am Hals.
    »Von wem ist die Rede?«
    »Von diesem… diesem Arsch, diesem cabrón … Juez Calderón«, sagte Ortega. »Das reimt sich sogar.«
    »Ah ja. Der Prozess Ihres Sohnes. Ich habe nicht…«
    »Er war der cabrón , der dafür gesorgt hat, dass Sebastián so lange sitzen muss«, sagte Ortega. »Er war der cabrón , der die Höchststrafe gefordert hat. Der Mann besteht nur aus Paragraphen und sonst nichts. Nur Schwert und keine Waage, und nach meiner bescheidenen Ansicht braucht man beides, damit Justitia auch Gerechtigkeit schafft.«
    »Ich habe die Sache mit Ihrem Sohn erst heute Morgen gehört.«
    »Es war in allen Medien«, sagte Ortega ungläubig. »Pablo Ortegas Sohn verhaftet. Pablo Ortegas Sohn angeklagt. Pablo Ortegas Sohn bla, bla, bla. Immer Pablo Ortegas Sohn… nie Sebastián Ortega.«
    »Ich war zu der Zeit sehr beschäftigt«, sagte Falcón. »Ich habe mich nicht um die aktuellen Nachrichten gekümmert.«
    »Die Medienmonster haben ihr Fressen bekommen«, knurrte Ortega und grinste seinen Zigarrenstumpen höhnisch an.
    »Sehen Sie Ihren Sohn manchmal?«
    »Er empfängt niemanden. Er hat sich vom Rest der Welt abgekapselt.«
    »Und seine Mutter?«
    »Seine Mutter hat ihn verlassen… sie hat uns beide verlassen, als er erst acht Jahre alt war«, sagte Ortega. »Sie ist mit einem großschwänzigen Idioten nach Amerika durchgebrannt…, und dann ist sie gestorben.«
    »Wann war das?«
    »Vor vier Jahren. Brustkrebs. Es hat Sebastián sehr getroffen.«
    »Das heißt, er hatte Kontakt zu ihr?«
    »Seit er sechzehn ist, hat er jeden Sommer bei ihr verbracht«, sagte Ortega und stieß mit seiner Zigarre in die Luft. »Nichts von all dem wurde berücksichtigt, als dieser cabrón …«
    Dann ging ihm die Luft aus, und er rutschte mit angewidertem Gesicht auf seinem Stuhl hin und her.
    »Es war ein sehr schweres Verbrechen«, sagte Falcón.
    »Das weiß ich«, sagte Ortega laut. »Das Gericht hat sich nur geweigert, irgendwelche mildernden Umstände in Betracht zu ziehen. Sebastiáns Geisteszustand zum Beispiel. Er war offensichtlich geistesgestört. Wie erklärt man sich sonst das Verhalten eines Menschen, der einen Jungen entführt, missbraucht, ihn dann laufen lässt und sich stellt? Als er aufgefordert wurde, vor Gericht etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen, hat er gar nichts gesagt, er hat sich geweigert, der Aussage des Jungen in irgendeinem Punkt zu widersprechen…, er hat alles hingenommen. Das ergibt für mich keinen Sinn. Ich bin kein Fachmann, aber sogar ich sehe, dass er eine Therapie und nicht Gefängnis, Gewalt und Einzelhaft braucht.«
    »Haben Sie eine Revision beantragt?«
    »Das braucht alles seine Zeit«, sagte Ortega, »und Geld natürlich, was nicht leicht war. Ich musste umziehen…«
    »Warum?«
    »Mein Leben war unmöglich geworden. In den Cafés und Läden hat man mich nicht mehr bedient. Die Leute haben die Straßenseite gewechselt, wenn sie mich gesehen haben. Ich wurde wegen der Sünden meines Sohnes aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Es war unerträglich. Ich musste da raus. Und jetzt bin ich hier… allein nur mit der Scheiße und dem Gestank als Gesellschaft.«
    »Kennen Sie Señor Vega?«, fragte Falcón, die Gelegenheit ergreifend.
    »Ich kenne ihn. Er hat sich etwa eine Woche nach meinem Einzug vorgestellt. Das fand ich ziemlich bewundernswert. Er wusste, warum ich hier gelandet bin. Auf der Straße lungerten Fotografen herum. Er ist direkt an ihnen vorbeimarschiert, hat mich willkommen geheißen und mir die Dienste seines Gärtners angeboten. Ich habe ihn gelegentlich auf einen Drink eingeladen, und als die Probleme mit der Jauchegrube auftraten, hat er sich das angeschaut und einmal auch einen Sachverständigen vorbeigeschickt, der mir einen kostenlosen Kostenvoranschlag erstellt hat.«
    »Worüber haben Sie denn bei Ihren

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