Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
Die Firma meines Bruders installiert Klimaanlagen. Ignacio hat mich manchmal zu Empfängen eingeladen, wenn er die Leute beeindrucken wollte. Das muss es gewesen sein.«
»Sie kannten Consuelo Jiménez also schon, bevor Sie hergezogen sind?«
»Vom Sehen«, sagte Ortega.
»Ist es Ihnen je gelungen, Señora Krugman für Ihre Hunde zu interessieren?«
»Mein Gott, Javier, Sie sind eine andere Sorte Polizist als die, mit denen ich bisher zu tun hatte.«
»Auch wir sind bloß Menschen.«
»Diejenigen, mit denen ich gesprochen hatte, sind viel methodischer vorgegangen«, sagte Ortega. »Das ist eine Beobachtung, keine Kritik.«
»Mord ist die extremste Abweichung der menschlichen Natur und bringt erfindungsreiche Listen hervor«, erwiderte Falcón. »In dieser illusionären Welt kommt man mit methodischem Denken nicht viel weiter.«
»Die Schauspielerei ist die raffinierteste Täuschung aller Zeiten«, sagte Ortega. »Manchmal ist sie so genial, dass wir am Ende selbst nicht mehr wissen, wer wir verdammt noch mal sind.«
»Da sollten Sie ein paar der Mörder kennen lernen, die ich verhaftet habe«, sagte Falcón. »Einige haben die Kunst des Leugnens bis zu dem Punkt verfeinert, an dem sie ihre Lügen für die absolute Wahrheit halten.«
Ortega blinzelte –, das war etwas, worüber er nie nachgedacht hatte.
»Sie haben mich nach Señora Krugman und den Hunden gefragt«, sagte er leicht verzweifelt.
»Sie sieht nicht aus wie ein Hundetyp.«
»Da haben Sie Recht… In gewisser Weise. Vielleicht wenn ich einen Leoparden mit Diamanthalsband hätte…«
Sie traten durch die Schiebetür in den Garten, und Ortega brachte Falcón zum Tor. Dem Gestank entronnen, standen sie in der stillen Straße. Ein großer schwarzer Wagen fuhr langsam an ihnen vorbei und beschleunigte auf seinem Weg Richtung Avenida de Kansas City. Ortega sah ihm nach.
»Sie haben mich doch eben nach ungewöhnlichen Besuchern gefragt«, sagte er. »Dieser Wagen erinnert mich daran. Das war ein 7er BMW, und genau so einer hat am 6. Januar vor dem Haus der Vegas geparkt.«
»La Noche de Reyes, das Fest der Heiligen Drei Könige.«
»Deswegen erinnere mich an das Datum«, sagte Ortega. »Und wegen der Nationalität der Besitzer. Diese Typen waren ungewöhnlich. Einer war riesig – fett, kräftig, mit dunklem Haar und brutalem Gesicht. Der andere war zwar auch korpulent und muskulös, sah jedoch ein wenig menschlicher aus als sein Freund und hatte blonde Haare. Sie haben miteinander gesprochen, ohne dass ich verstanden habe, was gesagt wurde, aber weil ich letztes Jahr in St. Petersburg war, weiß ich, dass es Russen waren.«
Consuelo Jiménez’ drei Kinder und Mario spielten am späten Nachmittag im Swimmingpool. Ihr Rufen, Kreischen und unermüdliches gegenseitiges Bombardement drang gedämpft durch die Doppelglasfenster. Nur ein gelegentlicher Wasserspritzer erinnerte an die Ausgelassenheit des kindlichen Spiels. Javier nippte an einem Bier. Consuelo hatte ihr Glas tinto de verano , ein Mix aus Rotwein, Eis und Zitronenlimonade, halb geleert. Sie rauchte, spielte an ihren Fingernägeln herum und wippte, wie immer wenn sie abgelenkt war, mit ihrem Fuß.
»Wie ich sehe, haben Sie Mario erlaubt mitzumachen«, sagte Falcón.
»Ich dachte, es wäre das Beste, wenn er sich für eine Weile im Spiel verlieren kann«, sagte sie. »Das Schwimmverbot war Rafaels Obsession, und es scheint sinnlos…«
»Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so viel Energie hatte«, sagte Falcón.
»Es gibt nichts Schöneres als ein Kind mit vom Chlor geröteten Augen, verklebten Wimpern, zitternd vor Hunger und Müdigkeit, in ein Handtuch zu wickeln. Ich bin dann fast überwältigt vor Glück.«
»Sie haben hoffentlich nichts dagegen, dass ich meinen Drink jetzt einfordere?«, fragte Falcón. »Wenn ich später mit Marios Tante zurückkomme… ich meine, ich werde sie zum Haus ihrer Eltern zurückbringen müssen, und es wäre einfach nicht das Gleiche.«
»Das Gleiche?«
»Wie Sie jetzt zu sehen, einfach so.«
»Ich habe allen anderen in Ihrer Ermittlung etwas voraus«, sagte Consuelo. »Ich weiß, wie Sie arbeiten, Inspector Jefe.«
» Sie haben mich auf einen Drink eingeladen.«
»Wir sind jetzt alle Teil Ihrer Welt«, sagte sie. »Ihrer gnadenlosen Beobachtung hilflos ausgeliefert. Wie haben Sie sich mit den anderen verstanden?«
»Ich habe gerade gut eine Stunde bei Pablo Ortega verbracht.«
»Der eine Vorstellung gegeben hat wie immer«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher