Die Toten von Santa Clara: Roman (German Edition)
erledigt. Du kannst auf mich hören oder meinen Rat ignorieren. Lass das Haus schätzen, biete ihr einen Privatverkauf ohne Maklergebühr an, und lass ihr eine Woche Zeit für die Antwort, bevor du es öffentlich anbietest.«
Er nickte. Genau das brauchte er in seinem Leben – Vereinfachung. Er zog sie an sich und küsste sie über den Duft von Kaffee und Toast hinweg.
Es war halb zehn, als er Ramírez auf seinem Handy anrief.
»Hast du für heute Vormittag einen Termin mit Carlos Vázquez gemacht?«, fragte Falcón.
»Was ist mit dem Durchsuchungsbefehl von Juez Calderón?«
»Ich konnte ihn nicht erreichen«, sagte Falcón. »Und ich bin gestern Abend sogar extra in seinem Büro gewesen.«
»Dann müssen wir versuchen, es so aus Vázquez rauszuquatschen«, sagte Ramírez, »Ich ruf dich an, wenn ich den Termin gemacht habe. Ich habe Sergejs Porträt gerade eingescannt und sowohl landesweit als auch international verschickt.«
Danach rief Falcón Alicia Aguado an, um sie zu fragen, ob er sie abholen und zu einem Treffen mit Pablo Ortega nach Santa Clara fahren könnte. Als er auf dem Weg in die Stadt war, meldete Ramírez, dass Vázquez bis mittags im Büro sei. Falcón notierte sich die Adresse und sagte Ramírez, dass er ihn in einer Viertelstunde dort treffen würde.
Als Nächste rief Cristina Ferrera an.
»Nadja ist verschwunden«, sagte sie. »Gestern Abend ist sie von zwei Typen abgeholt worden und nicht zurückgekommen.«
»Ist das schon mal vorgekommen?«
»Um fünf oder sechs Uhr morgens ist sie sonst immer wieder in ihrer Wohnung«, sagte Ferrera. »Was soll ich machen?«
»Wenn Sie nicht jemanden finden, der Ihnen eine detaillierte Beschreibung der beiden Männer liefert – was ich bezweifle – können Sie gar nichts machen«, sagte Falcón.
Carlos Vázquez hatte seine Kanzlei im Edificio Viapol in einem seelenlosen Teil der Stadt am Rand von San Bernando. Ramírez erwartete Falcón am Eingang. Als sie im Fahrstuhl nach oben fuhren, starrte ihn Ramírez von der Seite an.
»Was guckst du so, José Luis?«
»Ich gucke dich an«, sagte er grinsend. »Ich habe es schon an deiner Stimme gemerkt. Jetzt sehe ich dich in denselben Klamotten wie gestern Abend. Und das ist der Beweis.«
»Für was genau?«, fragte Falcón und nahm sich fest vor, alles abzustreiten.
»Ich bin da Fachmann«, sagte Ramírez und zeigte beinahe empört über die Dreistigkeit seines Chefs mit seinen dicken Fingern auf seine Brust. »Ich habe schon am Telefon gehört, dass die lange Durststrecke endlich zu Ende gegangen ist.«
»Welche Durststrecke?«
»Nennst du mich einen Lügner?«, fragte Ramírez lachend. »Wer ist es?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest.«
Ramírez’ breites, dunkles Gesicht schob sich in Falcóns Blickfeld, sodass jener jede akkurat gezogene Strähne des pomadisierten Haars erkennen konnte.
»Es war doch nicht la americana , oder? Felipe und Jorge haben mir von ihr erzählt. Sie meinten, sie würde einen Mann regelrecht aussaugen.«
»Ich denke, wir sollten uns auf unser Gespräch mit Carlos Vázquez konzentrieren, José Luis.«
» No, no, no , sie ist es nicht. La americana ist Juez Calderóns neueste Flamme.«
»Von wem hast du denn das gehört?«, fragte Falcón. »Der Typ hat doch gerade seine Verlobung bekannt gegeben.«
Ramírez lachte wenig fröhlich, der Lift kam zum Stehen. Sie betraten Vázquez’ Kanzlei, wo sie sich unvermittelt einem großen Gemälde mit einer abstrakten Stadtlandschaft gegenübersahen – blasse Lichter und vage Umrisse von Gebäuden, die aus dem Nebel auftauchten. Falcón hielt es für ein Werk, das Ramón Salgado verkauft haben könnte.
»Ich führe das Gespräch«, sagte Falcón. »Ich möchte nicht, dass du Streit anzettelst, weil ich Dinge weiß, die du nicht weißt, José Luis. Es ist wichtig.«
»Und ich weiß Dinge, an die du noch nicht mal gedacht hast«, erwiderte Ramírez.
Falcón setzte an zu fragen, was Ramírez meinte, aber einer von Vázquez’ Junioranwälten stand bereits vor ihnen und führte sie in Vázquez’ Büro. Vázquez bat sie, Platz zu nehmen, während er ein Dokument zu Ende las. Hinter ihm hing ein großer Stadtplan von Sevilla an der Wand, auf dem die Lage diverser Bauprojekte mit verschiedenfarbigen Quadraten markiert war. Vázquez legte das Dokument in den Ausgangskorb und lehnte sich zurück. Falcón stellte Ramírez vor, der Vázquez auf Anhieb sichtbar unsympathisch war.
»Ich bekomme also die volle Wucht der
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