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Die Toten von Santa Lucia

Die Toten von Santa Lucia

Titel: Die Toten von Santa Lucia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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Gennaro. Ich meine, von allen Seiten angefeindet zu werden ist nicht witzig. Ich meine, das mit Vitale ist wirklich saudumm gelaufen, aber ich habe nichts damit zu tun. Großes Ehrenwort.«
    »Ehrenwort reicht auch.«
    »Wie läuft übrigens das Nichtrauchen, Gennà?«
    »Bestens«, grinste Gentilini. »Eigentlich sollte ich jeden Tag zu Fuß gehen und auf den Aufzug verzichten.« »Man kann es auch übertreiben«, sagte Cava. Gentilini stimmte ihm zu. Bei diesen Temperaturen sowieso. Sie waren im vierten Stock angekommen.
    »Habt ihr inzwischen dieses Mädchen gefunden, diese Deutsche?«, erkundigte sich Cava, während sie nebeneinander den Flur hinuntergingen.
    Gentilini schnalzte mit der Zunge. »Und wie steht’s umgekehrt mit den Morden in Scampia?«
    »Schwarz. Keine gute Farbe.«
    »Schwarz ist doch keine Farbe«, sagte Gentilini, dann biss er sich auf die Zunge. Er konnte es Cava gegenüber auch mal weniger überheblich versuchen. Ihr Gespräch endete, weil Stefano Di Maio aus dem Zimmer trat.
    »Da bist du ja wieder. Fusco hat gerade angerufen. Er sagt, er ist auf der Tangenziale im Stau stecken geblieben …«
    Cava verschwand zwei Türen weiter.
    »Meinetwegen kann er da verrecken«, knurrte Gentilini und folgte seinem Kollegen ins Zimmer. Er wählte Fuscos Handynummer. Sofort meldete sich wieder die Automatenstimme der Telecom Italia mit der Mitteilung, der gewünschte Teilnehmer sei zurzeit leider nicht zu erreichen …
    »Wann hat er angerufen?«
    »Vor drei Minuten.«
    »Dann ist er inzwischen verreckt. Und was macht Abruzzese?«
    »Spielt den stummen Fisch, der an der Angel zappelt. Aber es gibt erste Anzeichen von Erschöpfung. Offenbar wittert sein Anwalt die Chance für einen Deal.« Di Maio reckte sich. »Also, ich geh jetzt was essen. Kommst du mit?«
    Gentilini winkte ab. »Mir ist beim Warten der Appetit vergangen.«
    Er setzte sich an seinen Schreibtisch und begann, in Gedanken die Puzzleteile dieses Falls hin und her zu schieben. Luzia Zorn kommt nach Neapel. Sie lernt Zazzera kennen. Sie lernt Fusco kennen. Fusco vermietet ihr die Wohnung. Zazzera hält sich oft dort auf. War die Frage, ob Fusco und Zazzera sich gekannt hatten. Weiter. Luzie hat dieses ominöse Manuskript bei sich. Das Manuskript enthält Enthüllungen über verbrecherische Machenschaften diverser Camorristen und anderer wichtiger Leute in Neapel. Die Sachen sind zwanzig Jahre alt. Luzie weiß nicht, was in den Unterlagen steht. Sie gibt die Sachen Zazzera zu lesen. Kurz darauf wird Zazzera erschossen. Annahme: Zazzera hat versucht, aus den Unterlagen Profit zu schlagen, sprich: jemanden zu erpressen. War die Frage, wen? Weiter. Abruzzese wird verhaftet. Die Kugel, mit der Zazzera erschossen wird, stammt aus der Waffe, die Abruzzese bei der Verhaftung bei sich trägt. Wer hat Abruzzese den Mordauftrag gegeben? Luzie verschwindet. Und Fusco geht jeder Begegnung aus dem Weg.
    Den nehme ich noch in die Mangel, dachte er zähneknirschend. Im Stau auf der Tangenziale … Bei der Mutter im Krankenhaus … Was für billige Ausreden. Er hatte weiß Gott andere Sachen zu tun, als zu überprüfen, ob ausgerechnet eine Signora Fusco im Poliklinikum lag – nach Esposito einer der häufigsten Namen in Neapel. Der Commissario dachte an seinen verrückten Ausflug in die Welt der vergleichsweise seltenen Gentilinis und fühlte sich wenigstens ein bisschen besänftigt.
    Weiter. Die Puzzleteile. Noch mal von vorn.
    Fusco ist finanziell weich gebettet. Außer dem Sechszimmerappartement in der Via Manzoni und der Wohnung in Santa Lucia besitzt er drei weitere Wohnungen in der Stadt und zwei Appartements auf Capri. Er hat es nicht nötig, die Wohnung in der Via Palepoli zu vermieten. Aber er tut es. An Luzia Zorn, Antonio Di Napolis Tochter. Aus welchem Grund? Und wie und wo sind Luzie und Fusco sich überhaupt begegnet? Diese Frage würde nur einer der beiden beantworten können, und beide waren sie wie vom Erdboden verschluckt.
    Gentilini schlug mit der Faust auf die vor ihm liegende Akte, beschloss dann, sie noch einmal zu durchforsten. Manchmal versteckten Puzzleteile sich zwischen den Seiten, in den Dokumenthüllen oder zwischen den Zeilen. Manchmal war man auch einfach nur betriebsblind. Er ging erneut die Protokolle der Vernehmungen durch. Einige davon hatte Commissario Angelo Striano durchgeführt, sein mittlerweile pensionierter Kollege, ein sehr erfolgreicher, gefürchteter Ermittler, der damals mit dem Fall Di Napoli befasst war und

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