Die Totenfalle
und dies auf einem möglichst kurzen Weg.
Das Ziel hieß Glenda.
Yvonne ging nicht erst um das Bett herum, es hätte Zeit gekostet, sie stieg einfach hinauf. Das Blut rann noch immer aus den Schnittstellen, es nahm den Weg nach unten und fiel in Tropfen dem Bett entgegen, auf dem es ein tupfenartiges Muster hinterließ.
Immer wenn sie einen Fuß aufsetzte, sank er tiefer ein, aber die Matratze federte sofort wieder zurück, und Yvonne setzte ihren Weg stampfend fort.
Glenda überlegte, was sie tun sollte. Heiß wie Fieberströme zuckten die Gedanken durch ihren Kopf. Sie konnte sich dieser Person stellen und kämpfen, dann aber lief sie in Gefahr, selbst verletzt oder gar getötet zu werden.
Deshalb hatte sie sich einen anderen Weg ausgesucht. Sie wich zurück, denn die Schlafzimmertür lag nicht weit entfernt. Leider ihr schräg gegenüber, so mußte sie laufen oder springen, um sie zu erreichen. Das merkte auch Yvonne!
Ihr Gesicht verzog sich noch stärker, und plötzlich kreischte sie los.
»Bleib stehen, verdammt!«
Glenda dachte gar nicht daran, über den Teppich huschte sie weg. Rechts nahm sie die Bewegung ihrer Feindin wahr, die die Hand mit der Scherbe zum Schlag geschwungen hatte. Glenda war zu weit entfernt, um getroffen zu werden. Allerdings lösten sich einige Blutstropfen, die auf sie zuwirbelten und gegen ihren Körper klatschten. Dann hatte Glenda den Flur erreicht. Sie tauchte in dieses enge Gebilde hinein, prallte, weil es eben so schmal war, gegen die Wand, drehte sich sofort und sah bereits Yvonnes Schatten in dem offenen Rechteck. Sie kam ihr nach.
Sie wollte töten, und sie mußte mit einer Hand über ihr Gesicht gefahren sein, denn es war an der linken Wange blutverschmiert. Ihr Kreischen erreichte Glendas Ohren, als sie durch den Flur auf die Garderobe zuhetzte, weil dort ihr Mantel hing, den sie bei der Flucht nicht vergessen wollte. Sie riß ihn ab. Der Aufhänger wurde zerfetzt, aber sie hatte ihn.
Doch Yvonne Terry war nah.
Ein Schrei – und Sprung!
Glenda sah beides rechtzeitig, weil sie herumgewirbelt war. Sie sah auch die verdammte Scherbe, die auf sie zielte und sie irgendwo in der Körpermitte erwischt hätte.
Deshalb tat Glenda das einzig Richtige in die Lage. Sie schleuderte Yvonne den Mantel entgegen, der die nach unten fallende Hand voll erwischte und natürlich auch die Scherbe.
Die Scherbe schnitt den Stoff auf und verhedderte sich gleichzeitig. Yvonne Terry schrie vor Wut auf, weil sie mit dem Kleidungsstück zu kämpfen hatte. Sie ging dabei zurück. Es würde noch einige Sekunden dauern, bis sie sich davon befreit hatte.
Glenda stürmte aus der Wohnung. Sie sprang in den Flur, überlegte, ob sie noch den Lift nehmen sollte, entschied sich anders und rannte die Treppe hinab.
Sie hatte nicht gesehen, in welcher Etage sich der Aufzug befand. Wenn er oben in der vierten stand, hatte es Yvonne leichter, dann würde sie unten stehen und Glenda erwarten, doch dieses Risiko mußte die Fliehende eingehen.
Sie hatte erlebt, wie gefährlich die Geistheilerin auch noch als Tote war. Dank ihrer Kräfte war es ihr gelungen, sich über zahlreiche Hindernisse hinwegzusetzen. Sie hatte die Grenzen zwischen dem Diesseits und dem Jenseits fließend gemacht, sie konnte von den Toten zurückkehren. Wahrscheinlich war sie nur deshalb so freudig in den Tod gegangen. Es war alles geplant gewesen.
Glenda Perkins jagte die Etagen hinunter. Sie hoffte, daß sie nicht stolperte, deshalb war sie trotz allem vorsichtig und hielt sich am Geländer fest.
Die beigegrün gestrichene Wand huschte an ihr vorbei. Hin und wieder sah sie ein Fenster, doch wichtig war allein ihre Flucht, und daß sie schneller war als Yvonne.
Mit einem letzten Sprung nahm sie drei Stufen und landete mit beiden Beinen sicher im Flur. Noch ein kurzer Rutscher, dann hatte sie sich gefangen.
Keine Yvonne in der Nähe.
Sie hörte die Frau aus der Höhe. Ein gezischter böser Fluch hallte durch das Treppenhaus in die Tiefe. Yvonne sprach vom Tod und davon, daß sie Glenda vernichten würde.
Die riskierte es und stellte sich trotz der Drohungen dicht an den Treppenschacht, um nach oben zu schauen.
Sie zwinkerte, als etwas Kleines, Schwarzes von oben herab durch den Schacht auf sie zufiel. Blitzschnell drehte sie das Gesicht zur Seite und hatte Glück, nicht getroffen zu werden. Der Blutstropfen verfehlte sie und klatschte mit einem häßlich klingenden Geräusch auf den Stein des Flurbodens.
Es reichte Glenda
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