Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Totenfrau des Herzogs

Titel: Die Totenfrau des Herzogs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
Vom Netzwerk:
abgestandenem Bierdunst entwich dem Haus, raubte Ima fast den Atem. Hinter dem Bierdunst stank ein ungewaschener Mann, hoch und breit wie die Tür. Örn Nábitrs Koch.
    »Das wird Örn selbst entscheiden«, sagte Hákon schnell, offenbar war dieser Koch niemand, vor dessen Ohren man ungestraft Auseinandersetzungen ums Essen austrug. »Diese … Dame benötigt ein paar Dinge aus deinem Kochhaus. Ter … Terbinsen …«
    »Was?« Der Koch spie auf den Boden. »Was willst du? Um diese Zeit? Schickt dich der Christenteufel? Niemand weckt mich ungestraft …«
    »Dein Herr …«

    »Mein Herr kann mich mal kreuzweise um diese Zeit!«
    Eine Waffe blitzte in der Dunkelheit auf. Offenbar war noch jemand aufgestanden, und auch von links näherten sich Schritte aus dem Dunkel. Der Hund winselte, dann polterte die Bank. Hákon hob die Laterne, eine schmutzige Fratze grinste ihnen auf der Bank entgegen. Es wurde eng, Rauflust machte sich bereit. Rauflust kannte keine Tageszeit.
    »Dein Herr wünscht, dass ich Eure Kranken heile. Jetzt.« Mit ausgestreckten Armen und gespreizten Fingern hielt Ima den Herrn der Suppenkessel von sich ab, weil der Miene machte, wie gewohnt mit den Händen zu prüfen, was man ihm brachte. Die Schritte kamen näher. Ihr Herz schlug bis zum Hals. Das kannte sie doch alles von damals, als sie als Küchenjunge verkleidet mit nach Rom gerissen worden war … und sie wusste auch, wo es enden konnte und dass niemand mit ihr Mitleid haben würde, ganz gleich, von welcher Geburt sie war. Hákon war von hinten näher gerückt. Die beiden umzingelten sie, sie rang nach Luft, welche die nackte Angst ihr zu nehmen begann. Der Koch grinste schnaufend. »Ich wusste gar nicht, dass es jetzt auch normannische Huren im Lager gibt …«
    »Dein Herr hat eine Abmachung mit mir getroffen«, unterbrach sie ihn mit dünner werdender Stimme, weil Hákons Hände an ihrem Rücken fummelten, während Geilheit aus seinem keuchenden Atem troff und sie sich zwischen den beiden Männern verloren sah. »Wenn es dir lieber ist, hole ich ihn, damit er dir erklärt …«
    »Nicht nötig«, dröhnte da die Stimme des Lagerkommandanten. Sie fuhren auseinander. Aus dem Dunkel trat er zu ihnen, vollständig angekleidet und mit vom Bade nassem Haar, und jetzt wurde es unerträglich eng vor der Tür des Küchenhauses. Trotzdem fühlte Ima für seine unerwartete Nähe Dankbarkeit in sich aufsteigen, weil sie Schutz
bedeutete. Zumindest so lange, bis der erste Krieger genesen war. Wie zur Untermalung seiner Vertrautheit legte er den Arm um ihre Hüften, und Ima ertrug die Zudringlichkeit, denn in seinen Worten lag der Schlüssel zu ihrem Frieden.
    »Alles soll so geschehen, wie die Dame es sagt.«
    Die Schwertspitze traf bekräftigend auf den Boden. Schweigen. Selbst Hákons Atem war verstummt. Nur der Wind wagte es, sich zu wundern. Dann grunzte der Koch ergeben. Im Lager von Örn Nábitr gab es keinen Widerspruch.
     
    Kein Pater noster später hatte man auf dem Platz vor dem Kochhaus ein kleines Feuer entzündet. Ima saß auf einem Schemel, ordnete Kräuterbüschel um Näpfe herum und rührte mit der Linken in einem kleinen Kessel. Die vertraute Situation brachte Ruhe über sie, und die Furcht vor der Dunkelheit mit ihren gierigen Fingern legte sich etwas. Sie gestattete sich nicht, an etwas anderes als ihre Pasten und Salben zu denken.
    »Iris«, summte sie, »Iris für den klaren Geist, brenne mir zu helfen …« Das Feuer zischte leise, als ein paar Wurzelschnitze der Iris in die Flammen fielen.
    »Sagt mir, dass ich mich nicht sorgen muss - sagt es mir«, raunte es da so leise hinter ihr, dass sie zusammenfuhr. Örn trat ans Feuer. Nachdem die Männer sich in ihre Schlafwinkel zurückgezogen hatten, um eine letzte Mütze Schlaf zu nehmen, bevor das Morgengrauen neue Befehle oder gar einen Überfall für sie bereithalten würde, war es still auf dem Platz geworden; sie hatte auch ihn auf seinem von der Makedonierin vorgewärmten Lager vermutet. Doch er verfolgte sie, er ließ nicht locker. Offenbar hatte der Stechapfel Spuren hinterlassen. Besorgt stellte sie fest, dass ihr das etwas ausmachte.

    »Ima.« Ihre Hand mit den Iriskrümeln sank in den Schoß, sie zwang sich zu Ruhe.
    »Sagt mir, dass Ihr keine Macht über Flüche habt, Ima.« Seine Unruhe ließ die kleinen Flammen erbeben, die sich mühsam am Leben erhielten, weil das Brennmaterial von schlechter Beschaffenheit war. »Sagt mir, dass Ihr Euch nur einen Spaß erlaubt

Weitere Kostenlose Bücher